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Hype an der BörseWie riskant sind Wasserstoffaktien für Anleger?

Lesezeit 4 Minuten
Wasserstoff Symbolbild

Ein mit der Aufschrift «Wasserstoff» gekennzeichnete Rohrleitung ist in der Brennstoffzelle eines Wasserstoff-Kraftwerks.

Berlin – Das Thema Wasserstoff und die Energiegewinnung ist gerade im vergangenen Jahr noch stärker in den Fokus von Politik und Wirtschaft geraten. An der Börse ist darum – vor allem unter deutschen Anlegern – geradezu ein Hype entstanden. Wasserstoffaktien gehörten im vergangenen Jahr zu den großen Gewinnern. Wie nachhaltig ist das Thema aber für den Kleinanleger wirklich?

Fakt ist: Bereits auf der Pariser Klimakonferenz im Jahr 2015 einigten sich 195 Länder darauf, die globale Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Dieses Ziel ist aber nur zu erreichen, wenn drastische Maßnahmen ergriffen werden.

Der saubere Energieträger

Die Kohlendioxidemissionen (CO₂) müssen bis 2050 um beachtliche 60 Prozent gesenkt werden. Das heißt, die Energieeffizienz muss ansteigen und gleichzeitig müssen immer mehr erneuerbare und vor allem kohlenstoffarme Energiequellen eingesetzt werden. Damit ist man vielen Experten zufolge beim sauberen Energieträger Wasserstoff angekommen.

Damit Wasserstoff jedoch in Energie umgewandelt werden kann, werden Brennstoffzellen benötigt. Derzeit sind hierfür noch die Kosten beträchtlich und auch die Infrastruktur ist nicht stark ausgebaut. Letztlich steckt diese Technologie gerade in Deutschland noch in den Kinderschuhen.

Die Politik setzt auf Wasserstoff

Seitens der Politik ist das Thema in den großen Industrieländern augenscheinlich weit oben auf der Agenda. So will Japan bis zum Jahr 2050 kohlenstofffrei werden, wie Ministerpräsident Yoshihide Suga jüngst mitteilte. Die grüne Wachstumsstrategie der japanischen Regierung sieht vor, dass Elektrizitätsversorger die erneuerbare Energiegewinnung und Wasserstoffnutzung ausbauen und die Autoindustrie bis Mitte der 2030er-Jahre kohlenstofffrei wird.

Auch in Deutschland wird die Wasserstofftechnologie gefördert. Wissenschaftsministerin Karliczek stellte erst am Mittwoch neue Wasserstoff-Projekte mit einem Volumen von 700 Millionen Euro vor.

Großkonzerne setzen sich ebenso mit Wasserstoff auseinander. Beispielsweise der europäische Luftfahrtkonzern Airbus, der bis 2035 auf emissionsfreies Fliegen umsteigen möchte. Weg vom Kerosin, hin zum Wasserstoff, so das Motto des Boeing-Konkurrenten.

Deutsche Konzerne mischen mit

Aus Deutschland wiederum kündigte der neue Energietechnikkonzern Siemens Energy an, sein Geschäft mit Wasserstoff massiv auszubauen. Wasserstoff könne für Siemens Energy ein Milliardengeschäft werden, sagte Vorstandschef Christian Bruch jüngst in einem Interview. In Chile plant der Konzern ein Pilotprojekt für sogenannten grünen Wasserstoff, der mit Windstrom hergestellt wird und dann exportiert werden kann.

Der Gasekonzern Linde will wiederum in Leuna in Sachsen-Anhalt im großen Stil grünen Wasserstoff produzieren. Bis 2022 soll dort der größte PEM-Wasserstoff-Elektrolyseur der Welt in Betrieb genommen werden. Die Anlage könne zum Beispiel dann 600 Brennstoffzellen-Busse im Jahr versorgen, die 40 Millionen Kilometer fahren, so das Unternehmen, das schon heute mehr als 2 Milliarden Dollar Umsatz im Bereich Wasserstoff macht.

Gehypte Aktien mit hohen Bewertungen

Entsprechend der Nachrichtenlage zum Thema Wasserstoff haben in den vergangenen Monaten die Aktienkurse von Unternehmen massiv zugelegt, die genau im Bereich Wasserstoff/Brennstoffzellen zu Hause sind.

Titel wie der schwedische Brennstoffzellen-Hersteller Powercell Sweden, der norwegische Wasserstoff-Tankstellen-Hersteller Nel ASA, das US-Unternehmen Plug Power oder der kanadische Brennstoffzellen-Hersteller Ballard Power sind in 2020 geradezu durch die Decke gegangen. Kursgewinne von mehr als 200 Prozent waren keine Seltenheit – die Aktienbewertungen, das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis, sind aber ebenfalls sehr hoch.

Dass das Thema hip ist, ist nicht zu leugnen. Gerade, weil auch eine Geldanlage in grünen Zukunftstechnologien wie beispielsweise in die Tesla-Aktie gezeigt hat, wohin die Reise mit den Aktienkursen gehen kann.

Genau das könnte für manche Anleger schon als eine Art Garantie gelten, ganz gleich, inwiefern absehbar ist, welches Unternehmen am Ende beim Trendthema Wasserstoff wirklich verdienen wird.

Vorsicht ist nicht verkehrt

Sicher ist wohl, dass Brennstoffzellen und Wasserstoff zum Energiemix der Zukunft gehören werden. Doch die aktuelle Euphorie an der Börse sollten langfristig orientierte Anleger mit Vorsicht betrachten, denn die bisherige gehypte Entwicklung von Aktienkursen gibt bekanntlich keine Garantie für die zukünftige.

Sollte der Einsatz von Wasserstoff in den kommenden Jahren deutlich zulegen, dürften die Aktien der Unternehmen aus dem Bereich natürlich davon profitieren. Ob aber dieser Trend dauerhaft besteht, bleibt abzuwarten.

Anleger könnten beim Wasserstoffthema durchaus auf einen Ratschlag des erfahrenen US-Börsen-Gurus und Milliardärs Warren Buffett zurückgreifen, der einmal sagte: „Die meisten Leute interessieren sich für eine Aktie, wenn es auch jeder andere tut. Die richtige Zeit, sich für etwas zu interessieren, ist, wenn niemand anders sich dafür interessiert. Du kannst nicht das kaufen, was gerade beliebt ist, und gut abschneiden.“

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