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KommentarEin angemessenes Urteil im Missbrauchskomplex Bergisch-Gladbach

Lesezeit 2 Minuten
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Dem 39-jährigen Angeklagten wird vorgeworfen, seine Kinder sexuell missbraucht und Bilder der Verbrechen über Chatgruppen verschickt zu haben. 

  • Im Missbrauchsfall von Bergisch Gladbach ist ein 39-Jähriger zu 13 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden.
  • Das Urteil ist angemessen, kommentiert Markus Decker.
  • Aber man muss zugleich auch einräumen: Für Taten dieser Dimension kann es kein angemessenes Urteil geben.

Keine Frage: Das jüngste Urteil im Missbrauchsfall Bergisch Gladbach ist angemessen. Der 39-jährige Angeklagte muss 13 Jahre ins Gefängnis und kommt anschließend in Sicherungsverwahrung. Er hat sich des schweren sexuellen Kindesmissbrauchs in mehr als 50 Fällen schuldig gemacht – sowie der bandenmäßigen Verbreitung kinderpornografischer Schriften.

Deshalb muss man zugleich einräumen: Für Taten dieser Dimension kann es gar kein angemessenes Urteil geben – nicht allein wegen ihrer Monstrosität, sondern vor allem, weil die Opfer lebenslänglich leiden werden. Die Feststellung des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU), wonach sexuelle Gewalt an Kindern mit Mord gleichzusetzen sei, ist insofern nachvollziehbar.

Allerdings zeigen die Fälle von Lügde, Bergisch Gladbach und Münster auch, dass berechtigte Empörung und die Verschärfung des Sexualstrafrechts das eine sind – der Justizalltag aber etwas ganz anderes.

Alles zum Thema Herbert Reul

Zahl der Verdächtigen geht in die Zehntausende

Einerseits ist es unfassbar, wie und in welcher Dimension sexuelle Gewalt heute praktiziert wird. Kinder werden längst systematisch zum Missbrauch angeboten. Aufnahmen zirkulieren online. Die Zahl der Verdächtigen geht in die Zehntausende.

Andererseits müssen all diese Fälle juristisch aufgearbeitet werden. Das wiederum dürfte nach der geplanten Strafverschärfung schwieriger werden, weil jedes bisherige Vergehen – also schon der Besitz eines kinderpornografischen Bildes – künftig automatisch als Verbrechen gelten soll.

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So könnten Verfahren nicht mehr eingestellt, sondern müssten bis zum Ende verhandelt werden. Das könnte Kräfte binden, die für Fälle wie den jetzt abgeurteilten dringend gebraucht würden. Auch der Ermittlungsdruck hängt ja wesentlich an der Personalstärke.

Überzeugende moralische Urteile führen nicht automatisch zu einer überzeugenden Rechtsprechung. Dessen muss man sich immer bewusst sein.

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