Kommentar zu SilvesterEin dauerhaftes Böller-Verkaufsverbot liegt nahe

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Böller in Düsseldorf

Ausgebrannte Böller liegen auf der Straße

Werden die Deutschen in diesem Jahr ein lärmfreies Silvester erleben? Das wird – trotz Böllerverkaufsverbots in Zeiten von Corona – vermutlich nicht ganz der Fall sein. Gerade in Großstädten mutmaßt manch ein Kommunalpolitiker, man werde am 31. Dezember erstaunt sein, wie viele Feuerwerkskörper noch in Kellern und Schränken lagern. Das Böllerverkaufsverbot zum Jahresende 2020 ist aus der puren Not der Pandemie entstanden. Die Corona-Infektionszahlen sind nach oben geschnellt – und die Politik hat klugerweise auf die Warnung von Medizinern gehört, Krankenhäuser nicht auch noch mit den üblichen Verletzungen und Verbrennungen aus der Silvesternacht zu belasten, die sich einige Menschen durch die Böllerei in jedem Jahr zuziehen.

Laut einer Umfrage unterstützen fast drei Viertel der Deutschen diese Entscheidung der Politik für das Ende des Corona-Jahres 2020. Viele Menschen böllern ohnehin seit Jahren bewusst nicht mehr. Liegt es da nicht nahe, aus der Not-Entscheidung des Jahres 2020 eine dauerhafte zu machen und den Verkauf von Böllern auch in Zukunft zu verbieten?

Ja, das tut es. Und es gibt eine Reihe überzeugender Gründe für ein dauerhaftes Böllerverbot – auch wenn die Politik sich bisher scheut, sich so richtig mit denen anzulegen, denen das Böllern heilig ist.

Ökonomischer und ökologischer Unsinn

Es ist ökonomischer und ökologischer Unsinn, dass wir – Stand Silvester 2019 – noch immer 122 Millionen Euro einfach so in die Luft jagen. Mit dem Ergebnis, dass zum Beispiel Tiere unter dem Lärm fürchterlich leiden. Und dass wir den Menschen in den großen Städten, die ohnehin riesige Probleme mit Feinstaub haben, Rekordbelastungen zumuten. Obendrein produziert das Böllern in der Silvesternacht einen riesigen Berg Müll, den die Stadtreinigungen dann auch noch von den Straßen einsammeln dürfen.

An Silvester böllern zu dürfen, gehöre zur Freiheit – mag jetzt mancher dagegenhalten. Nur: Die eigene Freiheit hat Grenzen, wenn sie die Freiheit von anderen einschränkt. Gerade in Großstädten gibt es viele Orte, wo man sich an Silvester um 0 Uhr kaum noch auf die Straße trauen kann. Und das, weil rücksichtslose Böller-Fans Kanonenschläge werfen und Raketen abfeuern, ohne im Mindesten Anstalten zu machen, auf ihre Mitmenschen zu achten.

Manche Gegner eines Böllerverbots machen sich auch darüber lustig, es seien hier mal wieder nur „Gutmenschen“ am Werk: also Menschen, die auch noch aufrufen, unter dem Motto „Brot statt Böller“ Geld für die Armen zu spenden. „Gutmensch“ hat noch nie als Beleidigung getaugt, weil das Wort nur bedeutet: Hier bemüht sich jemand, wie ein guter Mensch zu handeln. Was spricht dagegen, zu dieser Gelegenheit einmal an die vielen Menschen auf dem Globus zu denken, die es schwerer haben, als wir selbst?

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Es ist übrigens auch Unfug, wenn Menschen beklagen, es solle mit einem Böllerverbot mal wieder, typisch deutsch, allen der Spaß verboten werden. Vielleicht möchte ja, als eine Art Kompromiss, die eine oder andere Stadt im Gegenzug für ein Böllerverbot ein Feuerwerk veranstalten, das wirklich eine ästhetische Freude ist – und weniger Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringt. Davon hätten alle etwas. Abgesehen davon gibt es Millionen Arten an Silvester Spaß zu haben, ohne zu böllern. Versuchen Sie es, wenn auch erst nach der Pandemie, doch einfach mal wieder mit Tanzen! Das Böllern zum Jahresende ist eine Tradition. Aber Tradition allein ist noch kein Argument. Wenn wir jetzt ein dauerhaftes Böllerverbot einführen, käme es jungen Menschen schon in 20 Jahren wie eine seltsame Erzählung aus der Vorzeit vor, was die Gesellschaft zu unserer Zeit mal für ein vergnügliches Silvester gehalten hat.

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