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Kommentar zu Spahns Corona-DiagnoseRegierung produziert ein kommunikatives Desaster

Lesezeit 2 Minuten
  • Bundesgesundheitsminister Spahn hat sich mit dem Coronavirus infiziert, und die Frage steht im Raum, ob er weitere Kollegen angesteckt hat.
  • Warum sich aber Kanzlerin und Kabinett nicht vorsichtshalber einem Test unterzogen haben und bis zur Vorlage des Ergebnisses in Quarantäne gegangen sind, ist völlig unverständlich. Und zudem ein kommunikatives Desaster.
  • Unser Kommentar.

Berlin – Es war zu erwarten: Kaum war die Nachricht in der Welt, Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sei positiv auf das Coronavirus getestet worden, meldeten sich die Corona-Leugner zu Wort: Die Ansteckung zeige, dass Spahn sich nicht an die eigenen Vorschriften gehalten habe. Oder aber, dass das Tragen von Masken eben überhaupt nichts bringe.

Abgesehen davon, dass es extrem niveaulos ist, das Schicksal eines Einzelnen für Propaganda zu missbrauchen, ist der Rückschluss einfach Unsinn. Eine Maske schützt eben nicht den Träger, sondern sein Gegenüber. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass man auf Menschen trifft, die gerade keine Maske auf haben oder einfach zu dicht an einen herankommen.

Abgesehen davon darf auch ein Minister ein Privatleben haben, in dem er Angehörige oder Freunde trifft. Selbst wer sich stets an Schutzregeln und Vorschriften hält, ist vor einer Infektion nicht gefeit. Aber die Masken senken diese Gefahr deutlich. Ansonsten hätte sich gerade Spahn, der in den vergangenen Monaten mehr als jeder andere Bundesminister öffentliche Termine absolviert hat, wohl schon früher angesteckt.

Politik muss mit positivem Beispiel vorangehen

Völlig unverständlich ist aber, dass die Kanzlerin und alle Minister, die mit Spahn am Mittwochvormittag in der Kabinettssitzung gesessen haben, sich nicht vorsichtshalber einem Test unterzogen haben und bis zur Vorlage des Ergebnisses in Quarantäne gegangen sind.

Selbst wenn die Beteiligten der festen Überzeugung sind, dass alle Schutzmaßnahmen funktioniert haben und sich niemand angesteckt hat, ist das Verhalten der Regierung ein kommunikatives Desaster.

Wer immer wieder die Bevölkerung zur Vorsicht und Disziplin aufruft, muss mit positivem Beispiel vorangehen. Das gilt umso mehr, weil in der Bevölkerung zunehmend Ermüdungserscheinungen wahrzunehmen sind. Gerade in einer Phase, in der die Infektionszahlen explodieren, hat die Bundesregierung schlicht versagt.

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