Kommentar zu steigenden InzidenzenWie wir in den zweiten Corona-Winter stolpern

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Kinder und Jugendliche waren in der Pandemie sehr starken Belastungen ausgesetzt.

Freibier! Das ist üblicherweise eine Garantie, viele Menschen an einen Ort zu locken. Denkste. Als eine Berliner Kneipe kürzlich im Rahmen einer „niedrigschwelligen Impfkampagne“ Corona-Schutzimpfungen gegen Freibiergutscheine anbot, saßen Arzt, Schwester und Betreiber den ganzen Tag alleine auf den Barhockern. Keiner kam.

Weder Freibier noch Kampagnen oder wenig subtiler Druck durch kostenpflichtige Tests und 2-G-Regelungen bringen Impfskeptische in Massen dazu, doch noch den Oberarm frei zu machen. Währenddessen steigen die Inzidenzen wieder rasch über 100, in Thüringen bereits über 200, die Intensivpatienten nehmen zu, wenn auch langsam, und das Land schlingert auf seinen zweiten Corona-Winter zu.

Noch vor wenigen Monaten hätte diese Diagnose für hektische Betriebsamkeit gesorgt. Doch die menschliche Psyche ist nicht auf mehrjährige Ausnahmezustände ausgelegt.

Was wir alles nicht mehr über die Corona-Entwicklung wissen

Wir treten jetzt ein in die Egalphase der Pandemie. Nicht alles daran ist problematisch. Es ist Fakt, dass das Virus nicht weggehen wird, dass wir damit leben müssen. Dass es in diesem Winter keinen Freedom Day geben wird, keine Aufhebung aller Maßnahmen, sollte es auch sein. Aber ansonsten: überall haarsträubende Nonchalance. Wir wissen nicht, wie viele Menschen genau geimpft sind? Egal. Wir wissen kaum etwas Belastbares über die Infektionsentwicklung, seit die Tests kostenpflichtig geworden sind? Egal. Wir werden bald keine rechtlich bundesweite Grundlage für die restlichen Corona-Maßnahmen mehr haben? Wir haben gerade irgendwie auch keine Regierung, was soll man da erwarten?

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Ein Anstieg der Infektionen bei Schülerinnen und Schülern nach den Herbstferien? Schon eingepreist. Dabei ist das der eigentliche Skandal: Millionen Familien haben für die Herbstferien die Fernreisen gebucht, die sie sich im Sommer noch nicht getraut haben, an den Flughäfen herrscht Rückkehrerchaos ohne Kontrolle der Einreisebestimmungen, Luftfilter gibt es vielerorts immer noch nicht, fürs Dauerlüften wird es zu kalt – das ist nichts anderes als der Beschluss zur Durchseuchung der Kinder durch politische Untätigkeit.

Währenddessen erklärt sich mit Joshua Kimmich ein ungeimpfter Angestellter des FC Bayern München für nicht unsolidarisch, weil er ja regelmäßig getestet würde. Das bezahlt übrigens sein Arbeitgeber. Auch ungeimpfte Mitglieder des Bundestags können sich zur Teilnahme an der konstituierenden Sitzung am Dienstag kostenlos von der Parlamentsärztin testen lassen. Sowohl Kimmich als auch die Abgeordneten könnten die Tests problemlos auch selbst bezahlen. Viele andere können das nicht. Ist das ein zumindest gedankenloser Umgang mit Privilegien? Vermutlich gäbe es einen Aufschrei, wäre nicht gerade alles egal.

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