Kommentar zur US-WahlTrump benimmt sich wie ein Mafiaboss und scheitert

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Donald Trump Football Game

Donald Trump dachte, „seine“ Richter schulden ihm etwas.

Das Recht ist der Hüter der Freiheit. Dieser Spruch ist so weise, dass er es verdient, in Stein gemeißelt zu werden.

Die Amerikaner haben das getan, an der Ostseite ihres Obersten Gerichts in Washington, im Zuge eines Neubaus, der in die dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts fiel. In Deutschland war Hitler gerade an die Macht gekommen. In Washington indessen las man, hoch über Säulen aus Marmor, die Worte „Justice the Guardian of Liberty“.

Hier, am Supreme Court, ist jetzt in einem denkwürdigen Vorgang der Versuch Donald Trumps gescheitert, seine Abwahl in letzter Minute in einen Sieg umzudrehen. Das Oberste Gericht wies am Wochenende einen Eilantrag von Republikanern aus Texas ab, es möge die Wahlergebnisse aus Georgia, Michigan, Pennsylvania und Wisconsin rasch für ungültig erklären. Nur weil der Supreme Court nein sagte, konnte das Wahlleute-Gremium Joe Biden nach Recht und Gesetz zum Präsidenten wählen. Und nur weil dieser Vorgang planmäßig ablief, steht der Amtsübergabe am 20. Januar nichts mehr im Weg. Biden betont einmal mehr das Versöhnliche: „Es ist Zeit, eine neue Seite aufzuschlagen – wie wir es schon oft in unserer Geschichte getan haben.“

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Die Attacke aus Texas darf sollte nicht einfach vergessen werden. Hier ging es nicht um ein bloßes Kreuzen der Klingen. Die republikanischen Kläger haben mit ihrem Vorstoß den Rechtsstaat nicht bemüht, sie haben ihn bedroht. Ihr Ansinnen lief darauf hinaus, ohne den kleinsten Beweis für irgendeine Unregelmäßigkeit die Stimmen von 20 Millionen Wählern für ungültig zu erklären – nur sie einer Fortsetzung der Trump-Präsidentschaft im Wege standen.

Was bildeten sich der abgewählte Präsident und seine Freunde eigentlich ein? Dachten sie wirklich, die von Trump ernannten Richter Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh und die zuletzt mit viel Pomp ins Amt eingeführte Amy Coney Barrett würden sich dafür hergeben, Rechtsstaat und Demokratie in den USA zu beerdigen? Keiner von ihnen tat das. Alle Richter hielten sich ans Gesetz. Was wäre geschehen, wenn der Supreme Court überraschend doch zu Gunsten Trumps entschieden hätte? Der Gedanke lässt einen erschaudern. Eigentlich müsste es in Washington viele Hüter von Freiheit und Rechtsstaat geben, nicht nur im Supreme Court, auch im Weißen Haus und im Kongress. Doch die Verhältnisse sind nicht so.

Donald Trumps mafiahafter Blick auf seine Richter

Trump wirft einen mafiahaften Blick auf „seine“ Richter. Er denkt, sie seien ihm einen Gefallen schuldig. 126 republikanische Kongressmitglieder unterstützten in einem sogenannten Amicus-Brief ans Oberste Gericht den Antrag aus Texas. Damit war der Staat bereits an zwei Stellen in eine bedenkliche Schieflage geraten. Amerikas Rechtsstaat hing in den letzten Tagen und Stunden allen Ernstes an der Integrität der höchsten Richter und daran, dass sie tief inhaliert haben, was über den Säulen ihres Gerichts geschrieben steht.

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