Konkurrenz für Hello Fresh und Co.?Aldi verkauft jetzt frische Kochboxen

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Aldi Frischeboxen

Über eine Testphase von vier Monaten und mit wechselnden Gerichten sollen die Kochboxen bei Aldi Süd erhältlich sein.

Chronischer Zeitmangel gehört in unserer Gesellschaft schon fast zum guten Ton. Er ist nur schwer mit dem immer stärker werdenden Wunsch nach gesunder Ernährung und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln vereinbar. Im aktuellen Ernährungsreport der Bundesregierung legen 91 Prozent der Befragten Wert auf eine gesunde Ernährung. Obwohl drei Viertel der Deutschen gerne kochen, schaffen es nur 40 Prozent, dies auch täglich zu tun.

Genau an so eine Kundschaft richtet sich das neue Angebot der Kochboxen von Aldi Süd. Ab dem 24. Februar sollen zunächst für einen Testzeitraum von vier Monaten wechselnde Gerichte fertig zusammengestellt angeboten werden. „Mit den Kochboxen wollen wir unseren Kunden die Möglichkeit geben, sich einfach ausgewogen zu ernähren und frisch zu kochen. Vielleicht schaffen wir es, mit den Boxen auch weniger ambitionierte Hobbyköche zu überzeugen“, sagt Christoph Wenig, Corporate Buying Director bei Aldi Süd.

Was Kunden in den Kochboxen von Aldi Süd erwartet

Im ersten Monat, ab dem 24. Februar, gibt es drei unterschiedliche Kochboxen, in denen die Zutaten für „Grünes Thai Curry“, „Italienische Lasagne“ und „Italienische Tomaten-Paprika-Suppe“ enthalten sind. Anschließend werden die Gerichte monatlich wechseln und zum Beispiel marokkanischen Couscous oder Paella enthalten. Die enthaltenen Mengen sind für zwei Personen ausgelegt. „Die Kunden können schnell und einfach kochen, wir vermeiden Müll dank genau der richtigen Mengen und wir bieten den Kunden Inspiration durch neue Rezepte“, freut sich Christoph Wenig.

In der Aktionswoche vom 24. bis 28. Februar kostet eine Box 3,33 Euro, danach 4,49 Euro. Gekühlte Produkte – wie Fleisch, Fisch oder Milchprodukte – sind in den Kochboxen jedoch nicht enthalten und müssen ergänzend gekauft werden. Die Boxen sind in allen Filialen von Aldi Süd erhältlich und im Obst- und Gemüseregal zu finden. Bei den ersten drei Gerichten liegt die Zubereitungs- und Kochzeit bei 35 bis 60 Minuten. Entsprechende Informationen können der Verpackung entnommen werden. Diese enthält zusätzlich einen QR-Code, der zum Video der Zubereitung des jeweiligen Gerichts führt.

Kochboxen: Erfolg bei Hello Fresh und Co. – gescheitert bei Lidl

Die Idee der Kochboxen beim Discounter ist nicht ganz neu. Aldi-Konkurrent Lidl erprobte sich bereits 2017 daran. Vor ziemlich genau einem Jahr wurde das Angebot jedoch wegen mangelnder Nachfrage eingestellt. Im Gegensatz zu Aldi Süd setzte Lidl damals auf eine Kooperation mit der inzwischen insolventen Firma Kochzauber.

Kunden konnten die Kochbox online bestellen und nach Hause liefern lassen. Im Gegensatz zur Box von Aldi Süd beinhaltete die von Lidl Zutaten für insgesamt drei Gerichte und für jeweils zwei Personen. Mit Kosten von 37,99 Euro, also knapp 10 Euro pro Gericht, war das Angebot allerdings deutlich teurer als bei Aldi Süd, was damals auch den größten Kritikpunkt ausmachte. Ob Aldi mit einem günstigeren Preis und Verfügbarkeit direkt im Markt punkten kann, wird sich in der viermonatigen Testphase zeigen.

Lieferdienste aus dem Internet haben das Prinzip der Kochboxen schon erfolgreich für sich entdeckt. Der Anbieter Hello Fresh, einer der Platzhirsche in dem Segment, konnte im vergangenen Jahr einen geschätzten Umsatz von knapp 1,8 Milliarden Euro erwirtschaften. Für das Jahr 2020 erwarten Analysten sogar 2,15 Milliarden, 2021 dann 2,5 Milliarden und in den kommenden Jahren weiter steigende Umsätze.

Aldi: Mehr Markenprodukte, mehr Bio, mehr Ambiente

Aldi Süd hat Ende letzten Jahres Kunden mit einem neuen Konzept überrascht. Waren zuvor vollgestopfte Regale im kargen Neonlicht der Alltag, gibt es jetzt mehr Platz, mehr Design und eine eigene Backwelt, die frische Backwaren anbietet. Man setzt auf ein sorgfältig inszeniertes Wohlfühlambiente. Außerdem finden sich immer mehr Markenartikel von Persil bis Red Bull im Angebot, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. In der Mitte des neuen Konzeptes steht Frische, was durch gleich am Eingang der Filiale aufgestellte Obst- und Gemüseregale ebenso deutlich wird wie bei neuen Aktionsangeboten, etwa den montäglichen „Frische-Knallern“.

„In den letzten Jahren ist deutlich geworden, das Konzept zieht nicht mehr”, sagt der Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts EHI, Michael Gerling. Das Problem: Die Kunden sind anspruchsvoller geworden. Dem Verbraucher geht es längst nicht mehr nur um den Preis. Er verlangt inzwischen „neben akzeptablen Preisen auch eine angenehme Einkaufsatmosphäre und ein attraktives Angebot an ökologisch nachhaltigen Produkten”, wie der GfK-Handelsexperte Robert Kecskes erklärt. Für immer mehr Kunden sei die Qualität wichtiger als der Preis. Themen wie Nachhaltigkeit, Plastikvermeidung und Bio spielen eine immer größere Rolle. Außerdem wollen die Konsumenten alle Einkäufe möglichst bequem auf einmal erledigen.

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Aldi ist der Stimmungswandel nicht entgangen und das Unternehmen hat darauf reagiert. „Wir interpretieren den Discount neu, setzen auf ein ansprechenderes Ambiente und eine größere Auswahl. Aber wir machen das behutsam und bleiben unseren Prinzipien treu”, betont Aldi-Süd-Sprecher Peter Wübben.

Kritiker äußerten sich, der Discounter würde sich künftig nicht mehr von der Konkurrenz unterscheiden können. Bei Aldi Süd sieht man allerdings keine Alternative zu dem eingeschlagenen Weg. „Hard-Discount, wie er vor 30 Jahren üblich war, funktioniert heute nicht mehr. Wir mussten uns weiterentwickeln, sonst hätten wir dem Wettbewerb das Feld überlassen”, meint Wübben. (dpa/rnd)

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