Parteien gespaltenKonsens zur Pandemie-Bekämpfung ist kurz vor Wahl in Gefahr

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Bundesadler Bundestag

Der Bundesadler hängt im deutschen Bundestag. (Symbolbild)

Berlin – Lange bestand bei den demokratischen Parteien ein gewisser Grundkonsens darüber, wie die Corona-Pandemie bekämpft werden soll. Doch vor der nahenden Bundestagswahl gibt es immer mehr Differenzen zwischen Regierung und Opposition: Bei der am Mittwoch auf einer Sondersitzung des Bundestags geplanten Abstimmung über die Verlängerung der Pandemie-Notlage wollen alle Oppositionsparteien dagegen stimmen, auch FDP und Grüne.

Sollte sich die Zahl der Abweichler in den Reihen der Regierungsfraktionen deutlich erhöhen, könnte sogar die Mehrheit der großen Koalition gefährdet sein.

Notlage würde am 11. September auslaufen

Ohne die erneute Feststellung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ würde diese Notlage am 11. September auslaufen. An sie geknüpft sind zahlreiche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, die die Bundesländer erlassen können. Daher hatten die Länder bei einer Konferenz mit der Kanzlerin Anfang August den Bundestag darum gebeten, die Erklärung der Notlage zu verlängern.

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Die Grünen wollen gleichwohl gegen den Antrag von Union und SPD stimmen. Die unveränderte Feststellung der Notlage „kommt nicht in Betracht“, heißt es im Antrag der Bundestagsfraktion für die Sitzung. Nötig sei vielmehr eine rechtssichere Regelung, die die Impfquote berücksichtige und die Voraussetzung schaffe für eine befristete Fortführung bestimmter, auf die aktuelle Covid-19-Situation zugeschnittener Maßnahmen“. Die Grünen hatten bei der Abstimmung über eine Verlängerung am 11. Juni noch dafür votiert hatten.

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Konkret schlagen die Grünen eine Übergangsregelung im Infektionsschutzgesetz vor: Die Bundesländer sollen bis zu sechs Monate nach dem Auslaufen nationalen Notlage noch Einschränkungen erlassen dürfen, etwa Abstandsgebote, Hygieneregeln und eine Maskenpflicht. Die Schließung beispielsweise von Schulen ist in der Übergangsregelung explizit nicht enthalten.

Zwingend rechtliche Voraussetzung für Notlage

Auch die FDP hat einen entsprechenden Antrag vorgelegt. „Die Bundesregierung hat uns auf unsere Nachfrage nicht einmal ansatzweise überzeugend darlegen können, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems absehbar droht“, sagte Parteivize Wolfgang Kubicki dem RND. Dies sei aber die zwingende rechtliche Voraussetzung für die Verlängerung dieser Notlage.

„Dass breitflächige Grundrechtseinschränkungen und Verordnungsermächtigungen mit einer Ausnahmesituation begründet werden, die gar nicht mehr vorhanden ist, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verfassungsrechtlich nicht haltbar“, betont er. Der Verfassungsstaat habe die Pflicht, „so schnell wie nur möglich in einen grundrechtlichen Normalzustand für alle“ zurückzukehren.

Bekommt der Antrag der großen Koalition eine Mehrheit, wäre es die vierte Verlängerung seit der erstmaligen Feststellung der Pandemie-Notlage am 25. März 2020. Sie läuft automatisch nach drei Monaten aus, sofern der Bundestag sie nicht erneut verlängert.

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