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Preiserhöhung und KündigungDiese Rechte haben Strom- und Gaskunden

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Stromzähler

Die Energiepreise explodieren aktuell. (Symbolbild)

Die Preise für Energie explodieren gerade. Laut dem Vergleichsportal Check 24 haben seit August bereits 75 Gasgrundversorger die Preise erhöht oder Preiserhöhungen angekündigt. Demnach steigen die Kosten im Schnitt um 12,7 Prozent. Für eine Familie mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr (kWh) bedeutet das Mehrkosten von rund 192 Euro pro Jahr.

Aber auch Strom ist an der Börse in Deutschland seit Jahresbeginn um rund 140 Prozent teurer geworden. Grund genug auch für viele Stromversorger die Preise anzuheben: Laut dem Vergleichsportal Verivox sind die Stromkosten für Endverbraucher im Oktober im Vergleich zum Vorjahr um 9,3 Prozent gestiegen.

Manche Anbieter belassen es aber nicht bei Preiserhöhungen sondern kündigen unliebsame Verträge gleich ganz - so zum Beispiel der Gaslieferanten Deutsche Energiepool aus Niedersachsen oder der Kölner Gas- und Stromanbieter immergrün. Müssen Kunden das mitmachen? Ein Überblick.

Ist eine Kündigung vom Strom- oder Gasversorger überhaupt zulässig?

Das kommt darauf an, was im Vertrag steht. Nehmen wir zum Beispiel den Gasanbieter Deutsche Energiepool aus Niedersachsen. Dieser hatte seinen Kunden Mitte September eine Kündigung zum 1. Oktober zugeschickt. Wegen der steigenden Handelspreise sehe das Unternehmen sich zu diesem Schritt „aufgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit“ gezwungen.

Rein rechtlich war das in Ordnung, weil die Verträge für beide Seiten monatlich kündbar waren. Tiana Preuschoff, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen kritisiert das Vorgehen des Anbieters dennoch: „Grundsätzlich begrüßen wir mehr Flexibilität im Energiesektor. Wenn aber der Nutzen für Verbraucherinnen und Verbraucher zu ihrem Nachteil umgekehrt wird, ist das äußerst problematisch.“

Anders ist die Rechtslage offenbar beim Kölner Gasanbieter „immergrün“, eine Marke der Rheinische Elektrizitäts- und Gasversorgungsgesellschaft mbH. Das Unternehmen hatte vor einigen Tagen ebenfalls vielen Kunden mitgeteilt, dass die Stromversorgung kurzfristig eingestellt werde. Dafür hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen das Unternehmen abgemahnt. Denn eine ordentliche Kündigung wäre bei immergrün nur zum Laufzeitende möglich. Diese sei aber in vielen Fällen nicht erreicht.

Für eine außerordentliche Kündigung fehlten dagegen Gründe. Ein Belieferungsstopp habe laut den Verbraucherschützern deshalb keine juristische Grundlage. Kunden von immergrün könnten nun Anspruch auf Schadensersatz haben.

Was passiert nach so einer kurzfristigen Kündigung?

Strom- und Gaskunden müssen sich keine Sorgen machen, dass plötzlich die Heizung nicht mehr funktioniert oder sie im Dunkeln sitzen. Denn sie rutschen automatisch in die Grundversorgung. Allerdings ist diese oft teuer. Verbraucherschützer raten deshalb, möglichst schnell wieder zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln.

Wer seine Gas- oder Stromrechnung über einen Dauerauftrag begleicht, sollte außerdem darauf achten, dass er diesen mit der Kündigung einstellt - sonst könnte es sein, das Verbraucher noch lange ihren zu viel entrichteten Monatsabschlägen hinterherlaufen müssen.

Dürfen Strom- und Gasanbieter denn nach Belieben die Preise erhöhen?

Wenn es sich nicht um einen Tarif mit Preisgarantie handelt - ja. Die Energieversorger müssen ihre Kunden aber spätestens vier Wochen vorher über die Preiserhöhung informieren. Ab dann haben Kunden ein Sonderkündigungsrecht. Machen sie davon Gebrauch, endet der Vertrag sobald der neue Preis gilt.

Verbraucherschützer warnen allerdings, dass Energieversorger die Mitteilung über die Preiserhöhung zum Teil in langen Briefen oder unübersichtlichen E-Mails verstecken. Der Verbraucherzentrale Bundesverband rät deshalb: „Es ist wichtig, dass Sie jeden Brief und jede E-Mail Ihres Strom- oder Gasanbieters genau durchlesen, auch wenn das Schreiben zunächst unwichtig wirkt! Es kann immer passieren, dass die Schreiben eine Preiserhöhung enthalten.“ Kostenanhebungen von 30 Prozent seien dabei keine Seltenheit.

Wie funktioniert der Wechsel vom Strom- oder Gasanbieter?

Seit der Liberalisierung des Strom- und Gasmarkts Ende der Neunzigerjahre haben die Verbraucher eine immer größere Auswahl an Anbietern. Gastarife werden in Deutschland mittlerweile von rund 900 Unternehmen angeboten, beim Strom sind es sogar mehr als 1000. Allerdings sind viele Versorger regional, sie beliefern also nur einen kleinen Teil der Bevölkerung. Doch der Vergleich lohnt sich: Kunden könnten je nach Verbrauch und Haushaltsgröße mehrere hundert Euro sparen.

Weil die Tariflandschaft unübersichtlich ist, sind die Verbraucher auf Vergleichsportale wie Check24 oder Verivox angewiesen. Allerdings sollten Nutzer genau hinschauen: Viele Anbieter werben mit Bonuszahlungen, die den Tarif im ersten Jahr besonders günstig machen. Fällt der Bonus im zweiten Jahr weg, steigen die Kosten mitunter rapide. Wer bereit ist, jedes Jahr zu wechseln, kann sich bewusst für einen Bonustarif entscheiden. Wer langfristig bei einem Anbieter bleiben möchte, schaut sich besser die Tarifkonditionen ohne Boni an.

Auch ein Blick auf die Vertragslaufzeit ist wichtig. Zwar gibt das neue Gesetz für faire Verbraucherverträge den Tarifanbietern engere Grenzen vor. Sie haben aber weiterhin die Möglichkeit Verträge mit einem oder zwei Jahren Laufzeit anzubieten. Innerhalb dieser Zeit können Kunden nicht kündigen - es sei denn eine Preiserhöhung steht an.

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Derzeit kann es außerdem sinnvoll sein, einen Vertrag mit Preisgarantie abzuschließen. Der Anbieter garantiert dem Kunden dann für eine bestimmte Laufzeit einen festen Preis.

Haben sich Kunden für einen neuen Tarif entschieden, können sie ihn entweder über die Vergleichsportale, die dafür meist eine Provision erhalten, oder beim Anbieter direkt buchen. In der Regel übernimmt der neue Anbieter auch die Kündigung beim alten Versorger, was den Wechsel für den Verbraucher einfach macht.

Wer nicht sicher ist, zu welchem Termin eine Kündigung möglich ist, kann in der letzten Strom- oder Gasrechnung nachschauen. Denn dort muss der Energieversorger sowohl den nächstmöglichen Kündigungstermin als auch die Kündigungsfrist angeben.

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