Reemtsma, Südamerika, IbizaDie Verbrechens-Chronologie des Thomas Drach

Lesezeit 5 Minuten
Thomas Drach DPA 010222

Thomas Drach bei einem Prozess 2011 in Hamburg (Archivfoto).

Bei einem nach mehreren Geldtransporter-Überfällen verhafteten 60-Jährigen handelt es sich vermutlich um den verurteilten Reemtsma-Entführer Thomas Drach. Die Entführung des Hamburger Millionärs Jan Philipp Reemtsma im Jahr 1996 ist einer der spektakulärsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. 1998 wurde Drach, der Drahtzieher der Entführung, in Argentinien gefasst und Ende 2000 in Hamburg zu vierzehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Eine Chronologie der Ereignisse und Straftaten des gebürtigen Kölners.

Thomas Drach: Die Reemtsma-Entführung

25. März 1996: Der Hamburger Multimillionär Jan Philipp Reemtsma wird in Hamburg vor seiner Villa überfallen und entführt. Die Täter fordern 20 Millionen Mark Lösegeld.

28. März 1996: Die Familie des Entführten erklärt sich über eine Kleinanzeige in einer Hamburger Tageszeitung für zahlungsbereit.

Alles zum Thema Thomas Drach

3. April 1996: Die erste Lösegeldübergabe in Hamburg scheitert. Der Übergabeort an einer Autobahnauffahrt existiert nicht.

14. April 1996: Die zweite Lösegeldübergabe in Luxemburg scheitert, obwohl sich der Überbringer, Gerhard Johann Schwenn, genau an die Anweisungen der Entführer hält.

24. April 1996: Im dritten Anlauf einer Übergabe dirigieren die Entführer die beiden Überbringer des Lösegelds zunächst quer durch den Norden der Republik. Der Hamburger Pastor Christian Arndt und der Kieler Soziologe Lars Clausen erfahren gegen 5 Uhr morgens, dass die Entführer das Geld an sich genommen haben.

26. April 1996: Jan Philipp Reemtsma wird gegen Zahlung von 30 Millionen Mark in der Nähe von Hamburg freigelassen. 33 Tage hatte er, angekettet an die Wand, in einem Kellerverlies verbracht.

24. Mai 1996: Die Polizei findet in Garlstedt bei Bremen den Kellerraum, in dem der Entführte eingesperrt war.

29. Mai 1996: Peter Richter, der ebenfalls an der Entführung beteiligt war, wird im spanischen Málaga fest genommen.

14. Februar 1997: Wolfgang Koszics wird vom Hamburger Landgericht zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Wegen Beihilfe bekommt Peter Richter fünf Jahre Haft.

Thomas Drach: Verhaftung in Buenos Aires

28. März 1998: Thomas Drach, der mutmaßliche Drahtzieher des Verbrechens, wird in Buenos Aires in Argentinien verhaftet.

29. Juli 2000: Drach wird nach Deutschland ausgeliefert.

13. Dezember 2000: Der Prozess gegen Drach wird vor dem Hamburger Landgericht eröffnet. Drach gesteht, an der Entführung des Multimillionärs beteiligt gewesen zu sein. Das Opfer verfolgt den Prozessauftakt im Gerichtssaal.

7. Februar 2001: Das Gericht lehnt den Antrag der Verteidigung zu Drachs Haftbedingungen ab. Der Entführer strebt eine dreifache, wenigstens jedoch eine doppelte Anrechnung der zwei Jahre und vier Monate in Argentinien an. Dem 40-jährigen Drach droht die Höchststrafe für erpresserischen Menschenraub: 15 Jahre Gefängnis. Reemtsma hält diese für unzureichend. Er fordert „Sicherheitsverwahrung“.

8. März 2001: Drach wird vom Hamburger Landgericht wegen erpresserischen Menschenraubs zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Der größte Teil des Lösegeldes aus der Reemtsma-Entführung – 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken – bleibt verschwunden.

25. November 2002: Drachs jüngerer Bruder Lutz wird in Madrid verhaftet, als er nach Südamerika fliegen will. Er wird anschließend zu fünf Jahren Haft wegen Beihilfe zur Geldwäsche verurteilt. 2006 korrigierten die Richter das Urteil in der Revision auf sechseinhalb Jahre.

Thomas Drach: Haftstrafte widersetzt sich nach Angriffen gegen Vollstreckungsbeamte

14. April 2004: Thomas Drachs Haftstrafe verlängert sich. Weil er sich mit Gewalt einer gerichtlich angeordneten DNA-Probe widersetzte, verurteilt ihn das Hamburger Amtsgericht wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu drei zusätzlichen Monaten Gefängnis.

23. Februar 2006: Wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter Nötigung steht Drach erneut vor Gericht. Seine Strafe wird um weitere drei Monate und zwei Wochen verlängert.

8. November 2011: Das Hamburger Landgericht verurteilt Drach wegen der versuchten Anstiftung zur räuberischen Erpressung zu einem Jahr und drei Monaten Haft. Das Gericht ist überzeugt, dass er im Februar 2009 aus der Haft heraus versucht hatte, einen Bekannten zur Erpressung seines jüngeren Bruders anzustiften.

19. Juni 2012: Die von Drach gegen die letzte Verurteilung eingelegte Revision wird vom Bundesgerichtshof als offensichtlich unbegründet verworfen.

21. Oktober 2013: Thomas Drach wird aus dem Gefängnis entlassen. Anschließend lebt er eine Zeit lang auf Ibiza bei einem Freund aus Hafttagen.

Thomas Drach: Überfälle auf Geldtransporter

23. Februar 2021: Drach wird von der niederländischen Polizei verhaftet. Er ist dringend verdächtig, an Überfällen auf Geldtransporter in Köln im März 2018, am Flughafen Köln/Bonn im März 2019 und in Frankfurt am Main im November 2019 beteiligt gewesen zu sein.

11. Mai 2021: Drach wird nach Deutschland ausgeliefert. Der mittlerweile 60-Jährige wird mit einem Helikopter von Amsterdam nach Köln überführt. Seitdem sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Ossendorf - einem Gefängnis mit Wachtürmen, stacheldrahtbewehrten Mauern und zahllosen Kameras.

23. September 2021: Drach wird wegen dreier Überfälle auf Geldtransporter angeklagt. Die Staatsanwaltschaft Köln wirft ihm unter anderem versuchten Mord und besonders schweren Raub vor. Mitangeklagt ist ein 52 Jahre alter Niederländer, der ihm geholfen haben soll.

22. November 2021: Es kommt ein vierter Fall hinzu, bei dem Drach einen Geldboten überfallen haben soll. Nun sind er und sein niederländischer mutmaßlicher Komplize wegen vier Überfällen angeklagt.

7. Januar 2022: Der Prozessbeginn gegen Thomas Drach und seinen mutmaßlichen Komplizen wird für den 1. Februar angesetzt.

27. Januar 2022: Kurz vor dem Start des Prozesses gegen Thomas Drach sieht dessen Verteidiger „keinerlei stichhaltige Beweise“ für die Schuld seines Mandanten. „Herr Drach strebt einen Freispruch an, weil die Vorwürfe völlig haltlos sind“, sagte Drachs Anwalt Andreas Kerkhoff. (RND)

KStA abonnieren