Späte Brexit-EinigungSchäden für Großbritannien werden massiv sein

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Die chao­ti­schen Zustände in Dover wurden als Vor­zei­chen eines No-Deal-Br­e­xit gesehen. Ent­stan­den waren die Me­gastaus, weil Frank­reich aufgrund der Co­ro­na­vi­rus-Mu­ta­tion die Grenzen zu Groß­bri­tan­nien ge­schlos­sen hatte.

Die frohe Botschaft verkündeten die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der britische Premierminister Boris Johnson – wie passend – Heiligabend. Brüssel und London hatten sich endlich auf ein Abkommen geeinigt. Bei beiden herrschte spürbare Erleichterung angesichts des glücklichen Ausgangs dieses Krimis. „Merry Brexmas!“, frohlockte der Boulevard. Tatsächlich kam die weitere Verzögerung wenig überraschend in dieser unendlich scheinenden Brexit-Saga, in der das politische Instrument der Deadlines regelrecht ad absurdum geführt wurde.

Während sich Unternehmer wie Landwirte wenige Tage vor Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember an die neuen Gegebenheiten anpassen müssen, kam der verspätete Zeitpunkt vor allem Premierminister Boris Johnson gelegen. Nicht nur, dass er dem von Corona-Beschränkungen, Brexit-Dramen, leer geräumten Supermärkten und englischem Winterwetter deprimierten Volk eine positive Nachricht überbringen konnte.

Die Brexit-Hardliner in den konservativen Reihen haben jetzt kaum noch Zeit, das Kleingedruckte des Vertrags durchzugehen und diesen in der Luft zu zerreißen. Der radikale europaskeptische Tory-Flügel wäre lediglich zufrieden, wenn alle Bande mit der EU gekappt und im Königreich künftig die Regeln der Welthandelsorganisation greifen würden. Dazu kommt es nun glücklicherweise nicht.

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Handelt es sich also um einen Triumph für Johnson, wie Medien und Anhänger tönen? Das Getöse vom großen Sieg erinnert an lächerliche Muskelspiele. Tatsächlich ist es weder Triumph noch Tragödie. Natürlich betonen beide Seiten ihre Erfolge, um das Abkommen vor dem jeweiligen Heimatpublikum verkaufen zu können. Und natürlich darf man bewundern, dass entgegen allen Prognosen in nur wenigen Monaten ein Paket geschnürt wurde.

Schmerzhafte Kompromisse

Die Wahrheit aber ist, dass eine Einigung lediglich zustande kam, weil die Partner Kompromisse, in einigen Bereichen sehr schmerzhafte und einschneidende, eingegangen sind. Weder der Verweis auf die berühmte Souveränität, die das Königreich angeblich zurückgewonnen hat, noch jener auf vermeintliche Erfolge bei der Fischerei werden unter anderem die verlorenen Arbeitsplätze und den bürokratischen Aufwand, der künftig beim Importieren wie beim Exportieren anfällt, wettmachen können. Irgendwann mag der EU-Austritt Vorteile bringen, wer weiß.

Und man sollte den Briten nur das Beste zum Abschied wünschen. Kurz- und mittelfristig aber dürfte die brutale Realität des Brexits die ideologisch geprägten Märchengeschichten von einer goldenen Zukunft ersetzen. Denn natürlich werden die Beeinträchtigungen, Umwälzungen und Schäden für das Königreich massiv ausfallen.

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