Wie steht Scholz zu Putin?Es wird Zeit, dass der Kanzler aus der Deckung kommt

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Olaf Scholz (SPD)

Berlin – Die einstigen Alphatiere der SPD melden sich im Ukraine-Konflikt mit Russland laut und wortgewaltig aus dem politischen Ruhestand. Der Altkanzler, Wladimir Putins Freund Gerhard Schröder, verdreht auf erschreckende Weise Ursache und Wirkung und wirft Kiew „Säbelrasseln“ vor. Und im Kontrast dazu fordert Ex-Außenminister Sigmar Gabriel Diskussionen ohne Denkverbote über Waffenlieferungen an die Ukraine.

Jetzt könnte die SPD die Herren reden lassen und sich nicht weiter um sie scheren. Schröder ist für einen klaren Blick auf Putin ohnehin verloren, seitdem er ihn für einen lupenreinen Demokraten hält. Und Gabriel geht es spürbar oft mehr um sich selbst als um seine SPD. Das kann die Partei, die es mit Olaf Scholz nach 16 Jahren Angela Merkel wieder ins Kanzleramt geschafft hat, nicht gebrauchen. Dass Schröder und Gabriel so viel Aufmerksamkeit bekommen, liegt daran, dass die derzeit Verantwortlichen in der SPD zu leise, zu unentschieden oder beides sind. Sie geben der Positionierung von anderen Raum, weil sie selbst zu wenig liefern.

Aussagen stoßen innerhalb der Partei sauer auf

Nach längerem Zögern und interpretierfähigen Formulierungen hat Scholz den Satz gesagt, dass Putin im Falle eines Angriffs auf die Ukraine die volle Härte zu spüren bekäme, alle Optionen lägen auf dem Tisch. Was das im Detail bedeutet, weiß man allerdings nicht. Nur so viel: Unter voller Härte versteht Scholz keine deutsche Militäraktion. Es geht um Sanktionen inklusive der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. Was innerhalb der Partei sauer aufstößt.

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Scholz gelingt es ausgerechnet als Bundeskanzler nicht, sich Gehör zu verschaffen. Weder in seiner Partei noch im Inland noch im Ausland. In der SPD geht es so munter durcheinander, dass der Vorsitzende Lars Klingbeil die mit Russland befassten Politikerinnen und Politiker zusammentrommeln und mit ihnen nach einem einheitlichen Kurs suchen muss. Interessanterweise ohne Scholz, der nicht eingeplant war. Es stimmt, dass Scholz noch nicht einmal 100 Tage im Amt ist und Vergleiche mit Merkels Politik über vier Legislaturperioden ungerecht sind. Scholz war aber ihr Vizekanzler und ist selbst ein erfahrener Politiker. Die Ampel hat ihren Koalitionsvertrag so überschrieben: „Mehr Fortschritt wagen“. In Bezug auf Putin sollte Scholz mehr Kontinuität wagen.

Deutschland war für Moskau ein respektierter Partner, weil es mit Berlin eine Mischung aus Diplomatie, Wirtschaftsbeziehungen und scharfen Ansagen gab. Davon haben auch die EU und die USA profitiert. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt war ein Scharnier zwischen Russland und dem Westen. Wenn er das Vertrauen in Deutschland und den internationalen Einfluss im Umgang mit Moskau erhalten will, muss Scholz jetzt aus der Deckung kommen und für mehr Klarheit sorgen. In der SPD, im Inland und im Ausland.

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