Schulmassaker in TexasDie tragische Konsequenz des amerikanischen Zynismus

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Blumen liegen vor der Robb Grundschule in Uvalde, Texas.

  • Ein Kommentar.

Das Massaker an der Grundschule von Uvalde schockiert, aber überrascht nicht. Nicht einmal, dass die Opfer Grundschulkinder sind, hat in den USA Neuigkeitswert. Es gibt ein trauriges Vorbild dafür in Sandy Hook vor ziemlich genau zehn Jahren. Seitdem hat sich die Zahl der Schießattacken mit mehr als vier Toten oder Verletzten nicht verringert. Allein in diesem Jahr registrierte das unabhängige "Gun Violence Archive" im Schnitt zehn Vorfälle in sieben Tagen.

Der Schock und das Entsetzen über die Bluttat von Uvalde findet seine Grenzen in der Abstumpfung einer an Waffengewalt gewöhnten Gesellschaft, in der es mehr Schießeisen gibt als Menschen: rund 400 Millionen. Hinzu kommt die wachsende Zahl der nicht registrierten "Ghost Guns", die sich auf dem Schwarzmarkt in Umlauf befinden.

Über 900 Waffen-Vorfälle seit Sandy Hooks

Dass gerade Schulen immer wieder zum Ziel solcher Schießattacken werden, ist ebenfalls traurige Routine. Seit Sandy Hooks gab es mehr als 900 Vorfälle in Schulen mit Schusswaffen. Amerikanische Kinder machen "Active-Shooter"-Drills, wie sie anderswo für den Ausbruch eines Feuers üben.

Während sich Hassverbrechen, wie der Anschlag eines Rechtsterroristen auf den Supermarkt von Buffalo, kaum durch striktere Waffengesetze verhindern lassen, sieht es in diesem Fall anders aus. Mit ein wenig gutem Willen und gesundem Menschenverstand ließen sich Vorkehrungen treffen, für die eigentlich große Mehrheiten gibt.

Wenig spricht gegen eine lückenlose Personen-Überprüfung beim Verkauf von Waffen - vom Fachhandel bis zu den lokalen Verkaufsshows, bei denen jeder von jedem einfach so ein Schießeisen erwerben kann. Unproblematisch sollte es eigentlich auch sein, Vorbestrafte, psychisch Kranke und Personen, die wegen häuslicher Gewalt aufgefallen sind, am Erwerb einer Waffe zu hindern. Schließlich gibt es wenig Argumente, warum kriegstaugliche Waffen und Magazine mit hoher Kapazität eigentlich im Handel erhältlich sein sollten.

All das berührt nicht die Garantie in der amerikanischen Verfassung eine Waffe tragen zu dürfen. Nirgendwo steht geschrieben, dass dieses Grundrecht absolut ist und nicht ausgestaltet werden dürfe. Vor allem nicht, wenn dazu Mehrheiten im Kongress vorhanden wären.

Der politische Wille fehlt

Doch genau hier liegt das Problem. Schon vor Trump fehlte der politische Wille bei den Republikanern, auch nur die kleinsten Zugeständnisse zu machen. Stattdessen bringen sie das Thema in Stellung für ihre Schlachten in den amerikanischen Kulturkriegen. Das Ergebnis ist so extrem, wie bei den drohenden Abtreibungsverboten in den von ihnen geführten Bundesstaaten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Leidtragenden sind in diesem Fall Kinder und deren Angehörige, die es als Hohn empfinden müssen, wenn dieselben Politiker "Gedanken und Gebete" anbieten, die sich weigern, den Besuch einer Grundschule sicherzumachen. Das Massaker von Uvalde ist eine tragische Konsequenz dieses Zynismus, der den USA eine Alleinstellung in der westlichen Welt verschafft. Der Umgang mit der Waffengewalt ist einzigartig traurig.

KStA abonnieren