Streit in der NRW-KoalitionWie aussagekräftig sind Inzidenzwerte?

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Hauptbahnhof Coronatest

In Köln wird immer mehr getestet - steigen auch deshalb die Inzidenzen? 

Düsseldorf – Die Höhe des Inzidenzwerts bestimmt den Alltag der meisten Menschen in NRW. Ist das angemessen? Oder wird die Relevanz der Grenzwerte überschätzt? In der NRW-Koalition prallen die Meinungen dazu aufeinander. „Die Steigerung der 7-Tage-Inzidenz ist für uns zum Teil eine logische Folge der Ausweitung der Tests“, sagte FDP-Fraktionschef Christof Rasche dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Die Inzidenz als alleinige Größe sei „keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für massive Grundrechtseingriffe“, betonte Rasche. Wichtige andere Kennzahlen wie der Auslastung der Krankenhäuser mit Covid-Patienten, die Impfquote und Nachverfolgbarkeitskapazitäten der Gesundheitsämter sollten bei der Beurteilung der Lage ebenfalls einbezogen werden. Ziel müsse es sein, von der reinen Inzidenz – die eine „politisch gegriffene Zahl“ sei – wegzukommen.

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Peter Preuß, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU räumt ein, dass ein Mehr an Tests auch ein Mehr an festgestellten Infektionen bedeute und so zu einer steigenden Inzidenz führe. Die Zahlen seien aber weiterhin ein wichtiger Vorbote: „Erst stieg die Inzidenz stark und nachhaltig, dann liefen die Intensivstationen voll.“ Man könne darüber streiten, ob Maßnahmen bei einer Inzidenz von 150, 165 oder 180 greifen müssten. Wichtig sei, einen allgemein verbindlichen und verständlichen Wert festzulegen: „Wenn ich morgens das Radio anschalte und höre, wie hoch die Inzidenz ist, weiß ich, was folgt.“

SPD will weitere Parameter nutzen

Auch für die SPD bleibt der Inzidenzwert eine zentrale Kennzahl. Daneben müssten auch andere Parameter genutzt werden: „Dazu gehört die regionale Gesundheitsversorgung und die damit in Verbindung stehende Auslastung der Kliniken mit dem lebenswichtigen medizinischen Personal auf den Intensivstationen“, sagte ihr gesundheitspolitischer Sprecher Josef Neumann.

Mehrdad Mostofizadeh, Gesundheitsexperte der Grünen im Landtag, glaubt nicht an einen Zusammenhang zwischen mehr Tests und steigenden Inzidenzwerten. „Die Quote der positiven Tests ist derzeit sehr hoch, was klar darauf hinweist, dass derzeit nicht nur viel getestet wird, sondern es auch viele Infektionen gibt.“ Bei der Beurteilung der Lage müsse die Belastung der Intensivstationen berücksichtigt und „vernünftig prognostiziert“ werden können.

Hohe Inzidenzen bei Schulkindern

Eine Auswertung des Robert-Koch-Instituts hatte ergeben, dass die Zahl der infizierten Schulkinder in der Region deutlich höher liegt als beim Durchschnitt der Bevölkerung. Martin Vincentz, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD, betonte, der Inzidenzwert könne wegen seiner Beeinflussbarkeit durch Testregime und Anzahl der Tests nicht alleiniger Maßstab für harte Maßnahmen sein: „Daran direkt Ausgangssperren und Co. zu knüpfen, schadet nur der Akzeptanz der Maßnahmen.“

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