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Streit über Corona-Regeln für TönniesSPD sieht Bevorzugung – Laumann weist das zurück

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Tönnieswerk

Das Logo der Firma Tönnies auf dem Dach des Werkes in Rheda-Wiedenbrück

  • Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann dementiert, dass für den Fleischfabrikanten Tönnies Sonderregeln beim Arbeitsschutz gelten.
  • Die SPD-Opposition hatte das der Landesregierung vorgeworfen und sich dabei auf ein Schreiben der Stadt Rheda-Wiedenbrück berufen.
  • Laumann und der Fleischfabrikant sehen in dem Vorwurf eine unzulässige Verkürzung der Opposition.

Düsseldorf – NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann weist Vorwürfe der Opposition zurück, das Land habe dem Fleischproduzenten Tönnies genehmigt, Mindestabstände in der Produktion nicht einhalten zu müssen. „Es galten und gelten in der Fleischindustrie – und damit auch für Tönnies – uneingeschränkt die allgemeinen Anforderungen aus dem Arbeitsschutzstandard des Bundesarbeitsministeriums“, sagte der CDU-Politiker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Darin sei klar festgehalten, dass, wenn ein Mindestabstand nicht eingehalten werden könne, alternative Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen ergriffen werden müssten. „Das Land Nordrhein-Westfalen hat hier zu keinem Zeitpunkt abweichende Vorgaben gemacht – und erst recht nicht mit Blick auf die Definition kritischer Infrastrukturen“, betonte Laumann.

Hartmann: Landesregierung duldet Sonderregeln

Der Arbeitsminister reagierte damit auf einen Vorhalt von Sebastian Hartmann, Chef der NRW-SPD. Der Bundestagsabgeordnete aus Bornheim hatte behauptet, die Landesregierung habe Sonderregelungen für Tönnies „geduldet und unterstützt“.

Alles zum Thema Karl-Josef Laumann

Hintergrund ist ein Schreiben der Stadt Rheda-Wiedenbrück vom 23. April 2020. Darin heißt es: „Der Kreis Gütersloh und das Land NRW haben in Abstimmung festgestellt, dass Tönnies einen Versorgungsauftrag als Unternehmen mit kritischer Infrastruktur hat, was dazu führt, dass nicht an allen Stellen der Mindestabstand eingehalten werden kann, um die notwendige Produktion fortzusetzen.“

Laumann stellt nun klar, dass dieses Schreiben kein Beweis für eine Ausnahmeregelung des Landes sei, es würden unzulässig zwei Sachverhalte vermischt: „Die Ernährungswirtschaft und damit auch die Fleischindustrie zählt zu den kritischen Infrastrukturen“, erklärt der Minister. Das habe zur Folge, dass die dort beschäftigten Menschen grundsätzlich einen Anspruch auf eine Notbetreuung in Schulen, in Kitas und in der Kindertagespflege hätten. „Das hat aber nichts mit Mindestabständen und Hygieneschutzmaßnahmen zu tun.“

Minister sieht unzulässige Verkürzung

Die davon abweichende Darstellung der Stadt Rheda-Wiedenbrück beruhe offenbar auf einem Schreiben von Tönnies an die Verwaltung, heißt es im Arbeitsministerium. Die Schlussfolgerung, dass wegen der Systemrelevanz Mindestabstände nicht eingehalten werden müssten, sei eine unzulässige Verkürzung.

Tönnies habe inzwischen selbst klargestellt, dass lediglich die Aussage zur kritischen Infrastruktur, nicht aber der daran anschließende Satz zum Mindestabstand mit dem Land abgestimmt gewesen sei. Das sei eine eigene Schlussfolgerung der Firma Tönnies gewesen.

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Mitte Juni waren rund 1400 Arbeiter beim Fleischhersteller Tönnies positiv auf Covid-19 getestet worden. Der Schlachtbetrieb wurde geschlossen, das Land verhängte einen Lockdown für die Kreise Gütersloh und Warendorf, von dem zunächst mehr als 630.000 Menschen unmittelbar betroffen waren.

Tönnies hatte in der vergangenen Woche beim Land um die Erstattung von Lohnkosten ersucht. Diese musste das Unternehmen an die Mitarbeiter bezahlen, die sich wegen des Corona-Ausbruchs in Quarantäne befanden. Laumann will den Anspruch prüfen, zeigte sich aber empört: „Die Infektionen bei der Firma Tönnies haben das Land NRW bereits genug Geld gekostet. Ich bin nicht der Auffassung, dass nur ein einziger Cent Steuergeld an die Firma Tönnies fließen sollte.“

Die Partei „Die Linke“ rief zu einer Kundgebung in Rheda-Wiedenbrück auf. Landesgeschäftsführer Sascha Wagner erklärte: „Bis nicht alle Missstände bei Tönnies restlos aufgeklärt sind, darf das Werk den Betrieb nicht wieder aufnehmen.“

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