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Trumpschmerz, lass nach!Amerikaner suchen deutsches Wort für Präsidenten-Ärger

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Donald Trump (in der Mitte) am Freitag mit evangelikalen Christen in Miami: „Ich glaube wirklich, dass wir Gott auf unserer Seite haben.“ 

In der Stille von Weihnachten und Neujahr hat der Präsident der Vereinigten Staaten wiederholt die „verrückte Nancy“ Pelosi und ihre Familie angegriffen. Wiederholt schimpfte Trump über den Betrug einer Scheinanklage. Und er brachte den angeblichen Namen des Whistleblowers der CIA in Umlauf, dessen Beschwerde das Amtsenthebungsverfahren ausgelöst hatte.

Er, der sich „der beste Präsident aller Zeiten“ nennt, begnadigte einen Massenmörder in der US-Armee und wetterte wiederholt gegen den kanadischen Premierminister Justin Trudeau. Fast nebenbei löst er einen der schwersten internationalen Konflikte der vergangenen Jahre aus, als er den Befehl erteilte, den zweitmächtigsten Mann des Iran liquidieren zu lassen. Er habe eine Stange Dynamit ins Pulverfass geworfen, warf ihm sein Konkurrent ums Präsidentenamt, Joe Biden, vor. War man immer schon einiges von diesem Donald Trump gewohnt, so kulminierte der Horror seiner Politik über den Jahreswechsel. So fragen sich nicht wenige Amerikaner, wie man das, was man seit einigen Jahren auf politischer Ebene erlebt, noch in Worte, besser in ein Wort fassen kann.

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Auf der Suche nach dem Begriff kam eine Journalistin des „New Yorker“ ausgerechnet auf die deutsche Sprache, die sie als den richtigen Fundort für ein wunderbares Wort erachtete, Trumps Irrsinn sprachlich auf den Punkt zu bringen. Es muss doch ein langes deutsches Wort geben für all die seelenkranken Sorgen, oder?, fragte sich die Kolumnistin des vielleicht besten Wochenmagazins der Welt. „Ein gequälter Mund voller Konsonanten, der die unaufhörliche Angst und Absurdität Washingtons im Zeitalter des Trumps einfängt?“ Das habe sie, erklärte die Journalistin des „New Yorker“, ihre Freundin gefragt, die deutsche Journalistin Constanze Stelzenmüller, eine scharfsinnige Beobachterin des Trumpismus und vor allem seiner giftigen Wirkung auf das ohnedies unruhige transatlantische Verhältnis.

Die deutsche Journalistin erklärte ihrer amerikanischen Kollegin, dass es selbst im Trump-skeptischen Berlin kein einziges allgemein akzeptiertes Wort gebe, das dieses Phänomen hinreichend beschreibt, aber sie bot zumindest ihre Hilfe an.

Man muss hier wissen, dass die deutsche Sprache mit ihren vielen Konsonanten schon zu manchem Spott getaugt hat. Besonders der französische Philosoph Voltaire nutzte den Konsonanten-Tsunami deutscher Wörter, um seine Geschichten besonders zu würzen. So griff er in seiner Schrift „Candide“, in der es um die Behauptung eines deutschen Philosophen namens Leibniz ging, wir würden in der besten aller möglichen Welten leben, zu eben solchen Wortschöpfungen. Sein Held Candide nämlich ließ er in einer Stadt aufwachsen, die den Namen „Thundertentronck“ trug, was so viel wie Donnerwettershausen bedeuten sollte.

Vor dem Hintergrund ist die Suche der amerikanischen Kolumnisten nun zu sehen. Ihre Kollegin hat ihr das dementsprechende Wortungetüm geliefert, das nun in den Köpfen der New Yorker seinen Dienst zur Beschreibung von Trumps täglichen politischen Unsinn verrichten soll: Das Wort, das ihr einfiel, ist „Trumpregierungsschlamasselschmerz“. „Ich gestehe, dass ich noch nicht herausgefunden habe, wie man diese sperrige sprachliche Erfindung ausspricht, die unsere nationale Trumpseelenkrankheit so geschickt einfängt“, sagte die Schreiberin des New Yorker. Deshalb gebe es eigens für die Amerikaner eine kürzere Version des Ausdrucks: Trumpschmerz.

Kein Urlaub vom Schlamassel mit Donald Trump

Am Beginn des neuen Jahres hat uns alle, nicht nur die Amerikaner, dieser Trumpregierungsschlamasselschmerz wieder eingeholt. Es gibt keinen Urlaub davon.

Das Wort steht für die ständigen von Trump ausgelösten Kontroversen, den Schmerz, der damit verbunden ist. Es ist ein Wort, das die Trump’sche Störung Amerikas und der Welt, die wir ja alle erleben, zusammenfasst: Die Tweets und all der andere Kram: die endlosen Angriffe auf Feinde, reale und imaginäre, die Flut von Lügen, die Erosion der Werte der Regierung und der ehemals unvorstellbare Angriff auf die Institutionen des Landes. Und die Unsicherheit und Sorge, die mit all dem einhergeht.

So oder so, auf Deutsch oder auf Englisch, Trumpschmerz ist ein Kandidat für das Wort des Jahres 2020 – verbunden mit dem Wunsch: Trumpschmerz, lass nach! 

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