Verbot auch in NRWOsmanen Germania als Miliz der türkischen Regierung

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Osmanen Germania 110718

Die „Osmanen“ sind verboten worden.

Düsseldorf – Um sechs Uhr morgens waren die Osmanen Germania zumindest offiziell Geschichte. Polizisten tauchten persönlich bei den Anführern der sieben verbliebenen Osmanen-Chapter in NRW auf und übergaben eine Verbotsverfügung. Zeitgleich in Bergneustadt, Bergisch Gladbach, Bochum, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen und Minden-Lübbecke. Damit setzten sie das bundesweite Verbot der „Osmanen Germania“ um, das Bundesinnenminister Horst Seehofer am Dienstagvormittag bekanntgegeben hatte. Zuvor liefen in anderen Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern und Hessen Durchsuchungsmaßnahmen bei Mitgliedern der Vereinigung.

Im Anschluss gab es großes Lob vom Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen. Herbert Reul begrüßte das „konsequente Vorgehen“ gegen kriminelle Rockerbanden: Das Verbot liege „voll auf unserer Null-Toleranz-Linie“. Seehofer sagte: „Wer den Rechtsstaat ablehnt, kann von uns keine Nachsicht erwarten.“

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Wirklich überraschend sollte der Besuch der Beamten für die Osmanen am Dienstag nicht gekommen sein. Aus Ermittlerkreisen heißt es gegenüber dieser Zeitung: „Die Razzia im März war ein deutliches Statement. Danach wussten sie schon, wo die Sache hinführt.“ Bei einer Razzia stürmten damals allein in NRW 800 Polizisten 41 Privatwohnungen und Vereinsräume. In mehr als 20 Städten schlugen die Beamten zu, darunter Duisburg, Ahlen, Essen, Recklinghausen, Wuppertal, Hürth, Bergisch Gladbach und Bergneustadt. Auch in Köln wurden Objekte durchsucht.

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Krimineller Zweck

Die Beamten stellten Kutten, Datenträger, Schriftstücke, Waffen und Drogen sicher. Welches illegale Material dabei genau gefunden wurde, geben die Ermittler nicht preis. Sicher ist aber: Die Durchsuchungen zeigten eindeutig, dass der Zweck des Vereins ausschließlich in der Ausübung krimineller Machenschaften lag – was sich natürlich nicht mit dem Vereinsrecht deckt. Hierauf fußt auch die Rechtsgrundlage des Verbotes.

Der Verein gab zwar vor, Jugendliche „von der Straße holen“ zu wollen. Tatsächlich aber sei es nach Auskunft des Innenministeriums zu schweren Gewalttaten gegenüber konkurrierenden Rockergruppen gekommen – Körperverletzungs- und versuchte Tötungsdelikte eingeschlossen, so etwa bei Auseinandersetzungen mit der bereits aufgelösten kurdischen rockerähnlichen Gruppe „Bahoz“. Reul sagte: „Die Osmanen haben versucht, ihre Gebietsansprüche gegenüber anderen Rockerbanden auf kriminelle Art durchzusetzen.“

Osmanen als bewaffnete Miliz der türkischen Regierung

Auch wenn das Innenministerium damals offiziell nur von „vereinsrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen“ sprach, so hatten die Razzien auch eine politische Dimension. Sicherheitsbehörden zufolge agierten die Osmanen als eine Art bewaffnete Miliz der türkischen Regierung. So hatte die Rockergruppe nach Einschätzung des NRW-Innenministeriums Verbindungen zur türkischen Regierungspartei AKP und zum Umfeld des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Sie vertraten türkisch-nationalistische und rechtsextremistische Positionen, heißt es. Ihre Aktivitäten würden von offizieller türkischer Seite als „Terrorbekämpfung“ befürwortet.

Laut NRW-Verfassungsschutz und einem LKA-Lagebericht zur Rockerkriminalität in NRW wurden Mitglieder der Osmanen von der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) in der Vergangenheit immer wieder als Ordner eingesetzt. Die in Köln sitzende UETD, die als Lobbyverband der türkischen Regierungspartei AKP gilt, hatte das zuletzt immer wieder vehement bestritten.

Gründer sitzen in Haft

Die Osmanen galten zeitweise als die am schnellsten wachsende rockerähnliche Vereinigung in Deutschland. Etwa 300 Mitglieder sollen es nach Behördenschätzungen sein, davon etwa die Hälfte in NRW. Der Boxclub wurde 2015 in Frankfurt am Main von Mehmet Bagci und dem ehemaligen Hells Angel Selcuk Can Sahin gegründet, beide sitzen seit 2017 in Haft. Ihnen wird seit Ende März unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in einem Gerichtssaal der JVA Stammheim bei Stuttgart der Prozess gemacht. Bagci, Sahin und sechs weiteren Mitgliedern wird unter anderem Geldwäsche, Urkundenfälschung, Drogen- und Waffendelikte sowie versuchter Mord vorgeworfen. Einer der angeklagten Fälle hat sich vor einem Jahr in Wuppertal zugetragen, wo ein abtrünniges Mitglied im Auftrag der Führungsriege totgeprügelt werden sollte. Der Ex-Osmane soll am Mittwoch als Zeuge aussagen.

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