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Wechsel zu G9Im Schuljahr 2023/24 fehlt die 11. Klasse

Lesezeit 4 Minuten
Dem Wechsel zu G9 stimmen die meisten Schulen zu, doch die Reform hat viele Tücken, die erst nach und nach sichtbar werden.

Dem Wechsel zu G9 stimmen die meisten Schulen zu, doch die Reform hat viele Tücken, die erst nach und nach sichtbar werden.

Köln – Die Lehrer wollen vor allem eines: sich auf den Unterricht konzentrieren. Und die Schüler hoffen auf weniger Leistungsdruck. Mit dem Wechsel des Abiturs nach acht Jahren (G8) auf ein Abitur nach neun Jahren (G9) soll nun wieder vieles besser werden. Doch die Schulreform ist so umfassend, dass sie viele Fragen offen lässt. Auf Einladung der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) diskutierten darüber der Staatssekretär im Schulministerium, Mathias Richter, – er vertrat die Schulministerin Yvonne Gebauer, die krankheitsbedingt absagte – mit der GEW-Landesvorsitzenden Dorothea Schäfer und Lehrern aus der Region im DGB-Haus in Köln. Ein Überblick:

Wegen des Wechsels auf G9 wird eine Jahrgangsstufe fehlen. Hat das Ministerium darauf eine Antwort?

Es ist ein Kuriosum der G9-Reform: Der letzte G8-Jahrgang legt das Abitur 2025 ab, der erste G9-Jahrgang erlangt die allgemeine Hochschulreife mit der Abiturprüfung 2027. Zwischen ihnen liegen also zwei Jahre. Rechnet man zurück, erkennt man, dass es im Schuljahr 2023/24 keine 11. Klasse als Eingangsstufe geben wird. Ein Problem für die Schüler der Sekundar-, Real- oder der Hauptschulen, wenn sie in die Oberstufe eines Gymnasiums wechseln möchten. Auch Wiederholer der letzten G8-Klasse müssten zwei Klassen zurückgehen. Auf die Frage der GEW-Landesvorsitzenden Dorothea Schäfer, wie man das lösen will, sagte Richter: „Ehrlich gesagt, kann ich Ihnen heute keine Antwort darauf geben.“

Gibt es eine Lösung?

Ja. In Niedersachsen hat man die Erfahrung bereits gemacht, weil man früher in den G9-Modus gewechselt ist. Dort stellte sich das Problem bereits. Das fehlende Jahr wurde so überbrückt: Schüler von Real- oder Sekundarschulen konnten an 22 ausgewählten Gymnasien in die Jahrgangsstufe 11 wechseln. Die hiefür benötigten Lehrkräfte wurden vom Land zur Verfügung gestellt.

Werden alle Schulen in NRW  zu G9 wechseln?

Nein. Wird in der Schulkonferenz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln plus einer Stimme entschieden, bei G8 zu bleiben, entfällt der Wechsel zu G9. Das ist das sogenannte Optionsmodell, das sich so auch in der Gesetzesvorlage finden wird. Aber auch die Schulträger können bei gewichtigen Gründen einen Wechsel zurück zu G9 verhindern, sagte Staatssekretär Richter, etwa wenn für den Wechsel zu G8 große bauliche Maßnahmen unternommen worden seien. 595 Rückmeldungen von Gymnasien gab es. Zehn wollen im G8-Modus bleiben, 50 Schulen wissen es noch nicht, sagte Richter.

Wann wird das Gesetzesvorhaben umgesetzt?

Das soll noch vor der Sommerpause passieren. Allerdings gibt es Zweifel, ob der Zeitplan einzuhalten ist. Richter äußerte sich optimistisch, dies zu schaffen. Am 6. März soll das Vorhaben dem Kabinett vorgelegt werden, anschließend wird es dem Parlament übergeben. Ursprünglich sollte die Vorlage bereits am 20. Februar im Düsseldorfer Landtag sein, aber es gab laut Richter noch einige Punkte zu diskutieren.

Welche Kosten kommen auf das Land  zu?

Sie werden laut Richter zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro liegen. Die Kostenfrage muss klar sein, wenn das Gesetzesvorhaben im Landtag verabschiedet werden soll, das ist der Grundsatz, dass Aufgaben und Finanzverantwortung zusammengehören. In dieser Woche legen die Kommunen dem Land ihre Berechnungen vor, die dann von einem Gutachter geprüft werden.

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In Köln werden acht neue Gymnasien benötigt, so hoch ist der Schülerandrang. In den nächsten Jahren werde sehr viel Geld in die Bildung investiert. 6,5 Milliarden Euro würden über verschiedene Programme zur Verfügung gestellt. „Der Wille, in Bildung zu investieren, ist bei der Landesregierung da“, sagte Richter. Das Problem sei, dass man nicht genügend Personal finde, um die Pläne umzusetzen.

Was sagen die Lehrer?

Sie beklagen die zusätzliche Arbeit durch die neuen Kernlehrpläne, die individuell in den Schulen umgesetzt werden sollen. „Wir sind am Limit“, hieß es bei der Diskussion in Köln. Die GEW fordert hier mehr zentrale Leistungen vom Ministerium, um die Pädagogen zu entlasten. „Wir arbeiten mit Hochdruck an neuen Lehrplänen“, sagte Richter. Der Staatssekretär versprach auch, dass die Lehrer stärker von bürokratischen Arbeiten entlastet werden sollen. So sollen etwa die individuell für Schüler erstellten Förderpläne auf den Prüfstand gestellt werden.

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