Wegen Flutmanagement unter DruckCDU fordert Anne Spiegel zum Rücktritt auf

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Der Druck auf Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) wächst.

Mainz – Der rheinland-pfälzische CDU-Fraktionschef Cristian Baldauf nahm mit Blick auf die Flutkatastrophe und ihren 134 Toten Mitte Juli 2021 Bundeskanzler Olaf Scholz in die Pflicht. Der SPD-Kabinettschef möge für den Rücktritt seiner Familienministerin Anne Spiegel sorgen, so die Forderung.

Die Landes-CDU macht die einstige Umweltministerin in Rheinland-Pfalz für „desaströse Versäumnisse“ sowohl in ihrem Hause als auch im nachgeordneten Landesamt für Umwelt (LfU) während der Flutnacht verantwortlich. Bei ihrem Auftritt im Untersuchungsausschuss am vorvergangenen Freitag „hat sie versucht, über ihre persönliche politische Verantwortung hinweg zu täuschen und sich in Widersprüche verwickelt“, so Baldauf.

CDU wirft Landesamt Chaos vor

Das Resümee der CDU: Entgegen der Darstellung hätten weder die Abläufe funktioniert, noch die Meldeketten über die Hochwasserlage an die örtlichen Behörden. „Im Landesamt für Umwelt herrschte am Tag der Flut Planlosigkeit und Kommunikationschaos“, moniert CDU-Obmann Dirk Herber. „Es gab kein vorausschauendes Krisenmanagement.“ Später seien Fehler gegenüber Journalisten und der Öffentlichkeit vertuscht worden.

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Herber bezeichnete Ministerin Spiegel „als politische Marionette des grünen Fraktionsvorsitzenden Bernhard Braun und des Staatssekretärs Erwin Manz“.

Laut Spiegels Nachfolgerin im Landesumweltressort, Katrin Eder, entbehren die  Rücktrittsforderungen jeder Grundlage. „Es ist unbestritten, dass die zuständigen Stellen vor Ort durch das dem Ministerium nachgeordnete Landesamt für Umwelt rechtzeitig informiert waren, wie es die Meldekette vorsieht", so Eder. 

Umweltministerium hatte Extremhochwasser ausgeschlossen

Allerdings belegt der veröffentlichte Kommunikationsverkehr aus dem Untersuchungsausschuss genau das Gegenteil. Da gab es falsche Pegelprognosen, und Pressemitteilungen aus dem Umweltministerium, die ein Extremhochwasser ausschlossen. Krisenstäbe in den Flutregionen sowie der öffentlich-rechtliche Sender SWR, die sich auf unkorrekte Voraussagen stützten und die Lage völlig falsch einschätzten, belegen das Informationschaos seinerzeit.  

Davon ist aber in der Stellungnahme des Grünen-Ministeriums keine Rede. Auch nicht zu Spiegels SMS-Affäre. Am Morgen nach dem Unglück hatte sie sich um ein „Blame Game“ durch ihren Innenressortkollegen Roger Lewentz von der SPD gesorgt. Womöglich könnte man ihr die Schuld für verschleppte Warnungen zuschieben. Spiegel selbst sinnierte über das richtige „Wording“. Die Spin-Doctors drängten auf eine „glaubwürdige Rolle“ für die Ministerin.

Um elf Uhr vormittags des 15. Juli 2021 meldete sich erneut ihr Pressechef: „Anne brauchte heute (und morgen) Außen-Termine. Wir brauchen ein Factsheet, was wir bereits alles im Starkregenmanagement und im Hochwasserschutz etc. getan haben (um in alle Richtungen sprechfähig zu sein). Und wir müssen nach vorne schauen.“ Zu jener Zeit gingen nach und nach die Nachrichten über die steigende Zahl von Todesopfer ein.

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Im Untersuchungsausschuss beteuerte die heutige Bundesfamilienministerin, es sei ihr damals stets um die Not der Menschen gegangen. Die SMS habe es zwar gegeben, aber sie hätte nie eine Rolle gespielt. In jener Zeit habe sie tausende Nachrichten erhalten.

Spätes Telefonat lässt sich nicht belegen

Die CDU sieht dies anders. Spiegels Kommunikationsliste, die heute veröffentlicht wurde, sieht 60 Einträge vor. Zuletzt ein vergeblicher Versuch des Grünen-Staatssekretärs Erwin Manz die Ministerin um 22.33 Uhr zu erreichen, um ihr mitzuteilen, dass die Lage an der Ahr eskaliert. Angeblich wollen beide kurze Zeit später dann doch noch telefoniert haben. Dazu aber findet sich nichts in den Listen des Untersuchungsausschusses. Genauso wenig der Grund, warum die Ministerin erst wieder um 7.30 Uhr am Morgen nach der Flut erreichbar war. Aus Sicht der Union sieht aktives Krisenmanagement anders aus. CDU-Landtagsfraktionschef Baldauf sprach von der „Flucht aus der Verantwortung.“

Ohne auf die Vorwürfe konkret einzugehen, wiesen die Grünen-Landesvorsitzenden Josef Winkler und Misbah Khan gegenüber dem SWR die Rücktrittsforderungen zurück. Anstatt mit der SMS-Affäre beschäftigten sich die Politiker mit einem anderen Thema: „Wir erachten es außerdem als sexistisch und chauvinistisch eine derzeitige Bundesministerin und ehemalige stellvertretende Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz als politische Marionette von zwei Männern zu bezeichnen."

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