Whatsapp-ChatsLeak zeigt massive Streits und radikales Gedankengut der AfD

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Rechtsaußen im Bundestag: Blick auf die AfD-Fraktion (Archivbild)

Köln/Berlin – Die Bundestagsfraktion der Alternative für Deutschland (AfD) hat sich teilweise selbst ein schlechtes Zeugnis ausgestellt und sich als „strategielosen Chaosladen“ bezeichnet. Das geht aus internen Chat-Nachrichten der AfD-Fraktion, die von NDR und WDR für die „Tagesschau“ veröffentlicht wurden, hervor. Die Leaks und die Recherche unter anderem aus einer Whatsapp-Gruppe umfassen rund 40.000 Chat-Nachrichten, teilten die Sender am Freitagmorgen mit.

Die Chatnachrichten aus der sogenannten „Quasselgruppe“ zeigen demnach auch das Selbstverständnis der Rechtspopulisten, radikales und rassistisches Gedankengut sowie wüste Beleidigungen gegenüber anderen Politikerinnen und Politikern. So sei Deutschland als „Unrechtsstaat“ und Angela Merkel als „Volksverräterin“ bezeichnet worden. Laut WDR und NDR schreiben 76 der 92 AfD-Abgeordneten regelmäßig bis nach der Bundestagswahl 2021 in der Whatsapp-Gruppe.

Chat-Gruppe zeichnet desolates Selbstbild der AfD

In den geleakten Chats wird laut der Recherche deutlich, dass die rechtspopulistische Partei nicht mit sich im Reinen ist. In einer Nachricht heißt es: „Uns fliegt langsam die Partei unterm Arsch weg, die gegründet wurde, um unser Land zu schützen!“. In einer anderen Nachricht wird ein AfD-Abgeordnet zitiert: „Was fremdschämen angeht, bin ich durch die Partei extrem belastbar geworden.“

Etwa neun Monate vor der Bundestagswahl 2021 schrieb Parteivorstand Joana Cotar, die damals gegen Alice Weidel um die Spitzenkandidatur für die Wahl rang: „EINMAL in die gleiche Richtung ziehen. Das wärs. Die Wähler haben keine Ahnung, was sie erwartet, wenn sie AfD wählen“. Diese Kritik bekräftige Cotar gegenüber WDR und NDR erneut: „Es ist generell die fehlende Führung in der Fraktion, der Mut, auch mal durchzugreifen und sich unbeliebt zu machen.“

Alice Weidel Bundestag

Alice Weidel, AfD-Fraktionsvorsitzende, spricht Ende Februar 2022 im Bundestag

Angriffe finden in den Chats auch direkt gegen die AfD-Spitze, etwa Alice Weidel, statt. Weidel soll kein Mitglied der Chatgruppe gewesen sein. Gegenüber WDR und NDR wies Weidel die Kritik ab: „Wenn Sie in der AfD in der ersten Reihe stehen, ist das völlig normal. Das berührt mich nicht.“ Unzufriedene gebe es immer. „Da müssen die sich überlegen, ob sie sich vielleicht ein anderes Hobby suchen, anstatt ihre Zeit zu vergeuden, permanent in Chats reinzuschreiben. Da würde ich mir mehr Einsatz in der parlamentarischen Arbeit wünschen.“

Radikale und rassistische Äußerungen in Chat-Nachrichten

In den Chatnachrichten wird auch das radikale und rassistische Gedankengut vieler AfD-Abgeordneten deutlich: „Die Ratte Merkel an der Spitze! Diese Volksverräterin gehört lebenslang in den Knast“, soll der Recherche nach ein Abgeordneter geschrieben haben. „Wir müssen wohl warten, bis das alte Regime wirtschaftlich ans Ende kommt und der Funke aus Österreich, Italien, Frankreich usw. überspringt. Das wird kommen und für die dann ebenfalls kommenden gnadenlosen Kämpfe müssen wir uns rüsten“, schrieb ein anderer.

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Diskutiert werde demnach auch der partei-interne Streit der Lager. Der rechtsextreme Flügel der AfD, unter anderem mit Björn Höcke, ringt mit den gemäßigteren Abgeordneten um die Vormachtstellung in der Partei: „Wir brauchen eine Richtungsentscheidung. Wollen wir eine national-sozialistische oder eine freiheitlich-konservative Partei sein“, wird ein Abgeordneter zitiert.

NDR und WDR haben zu den Chats einen eigenen Podcast gestartet, es wird außerdem eine Dokumentation im Fernsehen geben, die ab Freitag, 20. Mai, um 10 Uhr in der ARD-Mediathek verfügbar ist. Der Digitalsender „Strg-F“ widmet der Recherche ein eigenes Yotube-Video. (mab)

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