WohnungsnotZahl der Wohnungslosen in Deutschland steigt

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Obdachloser

Ein Obdachloser in einem Hauseingang in Berlin

Berlin – Die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland ist einer Schätzung zufolge im vergangenen Jahr gestiegen. 2018 waren 678.000 Menschen ohne Wohnung, 4,2 Prozent mehr als im Vorjahr, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe am Montag erklärte. Sie beklagte den Mangel an bezahlbarem Wohnraum sowie die „Schrumpfung des Sozialwohnungsbestandes und die Verfestigung von Armut“. Notwendig sei der Bau von jährlich bis zu 100.000 neuen Sozialwohnungen.

Laut der neuen Schätzung gab es im vergangenen Jahr rund 237.000 wohnungslose Menschen –Flüchtlinge nicht einbezogen – sowie etwa 441.000 wohnungslose anerkannte Flüchtlinge. Dabei stieg die Zahl der wohnungslosen Menschen ohne Fluchthintergrund mit 1,2 Prozent weniger stark als die Zahl der wohnungslosen anerkannten Geflüchteten mit 5,9 Prozent, wie die Geschäftsführerin der BAG Wohnungslosenhilfe, Werena Rosenke, erklärte.

2017 lag die Zahl der Wohnungslosen demnach bei insgesamt fast 651.000 Menschen. Davon waren rund 416.000 anerkannte Flüchtlinge und rund 234.000 Menschen ohne Fluchthintergrund.

Etwa acht Prozent der Wohnungslosen sind minderjährig

Der Schätzung zufolge lebten im vergangenen Jahr etwa 41.000 Menschen ohne jegliche Unterkunft auf der Straße. Rund 70 Prozent der wohnungslosen Menschen ohne Fluchthintergrund waren alleinstehend, 30 Prozent lebten mit Partnern und/oder Kindern zusammen. Die BAG Wohnungslosenhilfe schätzt die Zahl der Kinder und minderjährigen Jugendlichen auf acht Prozent, der Frauenanteil liegt demnach bei 27 Prozent. Bei diesen Zahlen sind die wohnungslosen Flüchtlinge nicht berücksichtigt.

Rosenke kritisierte, es fehle „insbesondere an bezahlbarem Wohnraum für Menschen im Niedrigeinkommensbereich, für die Menschen, die Transferleistungen beziehen, und für anerkannte Geflüchtete.“ Besonders gefährdet seien Alleinerziehende und junge Erwachsene. Aber auch die drohende Altersarmut, die Generation der Billigjobber, der Soloselbständigen und anderer prekär beschäftigter Menschen bereite „große Sorge“. Zunächst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe über die Schätzung berichtet.

Jährlich rund 100.000 neue Sozialwohnungen nötig

Nach Einschätzung der BAG Wohnungslosenhilfe werden jährlich bis zu 100.000 neue Sozialwohnungen sowie weitere 100.000 bezahlbare neue Wohnungen gebraucht. Tatsächlich seien aber etwa 2017 lediglich 27.000 neue Sozialwohnungen gebaut worden. Für die Jahre 2020 und 2021 habe die Bundesregierung zudem die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau mit jeweils einer Milliarde Euro niedriger angesetzt als in den Vorjahren.

Der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Robert Feiger, sprach von einem „Alarmruf an die Wohnungsbaupolitik“. „Deutschland leidet - gerade im bezahlbaren Bereich - unter einem enormen Wohnungsmangel und unter einer dramatischen Sozialwohnungsnot.“ Im Schnitt seien allein in den vergangenen drei Jahren 84.550 Sozialwohnungen jährlich aus der Bindung gefallen. Feiger forderte als „Minimal-Ziel“ der Politik wieder zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030. Hierfür müssten bis dahin pro Jahr 155.000 Sozialwohnungen neu geschaffen werden. Mindestens 80.000 Sozialwohnungen müssten daher jährlich neu gebaut werden. Zusätzlich sollten die Belegrechte von 75.000 bereits vorhandenen Wohnungen angekauft werden, um aus ihnen Sozialwohnungen zu machen. (afp)

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