Zeitraubend und teuer?Denkmalschutz soll zugunsten der Eigentümer reformiert werden

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Schloss Homburg

Ein Beispiel gelungener Denkmalpflege: Schloss Homburg in Nümbrecht

  • Die Landesregierung will den Denkmalschutz in NRW neu regeln, die Behörden vor Ort stärken, die Verfahren beschleunigen und mehr Gewicht auf energiesparende Bauweisen legen.
  • Das klingt zunächst einmal gut, doch steckt der Teufel, wie so oft, in den Details.
  • Beim LVR sieht man das Vorhaben mit gemischten Gefühlen,

Köln – Im Winter kann es im Kölner Dom recht frostig werden, und überhaupt ist das alte Gemäuer in energetischer Hinsicht ein Alptraum. Trotzdem ist bislang niemand auf die Idee gekommen, die gotischen Außenwände mit wärmedämmenden Stoffen zu verkleiden oder der Kathedrale Solarzellen aufs Dach zu setzen. Dadurch würde die Energiebilanz zwar verbessert, aber der Dom wäre nicht mehr er selbst. Und schon gar kein Teil des Weltkulturerbes.

Der Kölner Dom ist durch seine Prominenz und durch seine traditionelle Nutzung als Kirche vor solchen gut gemeinten Ideen geschützt. Aber wie steht es um die vielen größeren und kleineren Baudenkmäler in Nordrhein-Westfalen? Wenn ein Schloss in ein Hotel umgewandelt werden soll, eine Stadtvilla in ein Bürogebäude oder ein altes Wohnhaus in ein modernes, entstehen beinahe zwangsläufig Konflikte zwischen dem öffentlichen Interesse des Denkmalschutzes und den privaten Interessen der Denkmaleigentümer.

In seiner aktuellen Form sei der Denkmalschutz zu aufwendig, zeitraubend und teuer, sagen viele Investoren, und scheinen damit bei der Landesregierung Gehör zu finden. Sie plant eine Gesetzesnovelle, die den Denkmalschutz in NRW neu regeln, die Behörden vor Ort stärken, die Verfahren beschleunigen und mehr Gewicht auf energiesparende Bauweisen legen soll. Das klingt zunächst einmal gut, doch steckt der Teufel, wie so oft, in den Details.

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Die Behörden kommen jetzt schon kaum hinterher

So plant die Landesregierung zwar, den Unteren Denkmalbehörden in den Kommunen größere Befugnisse zu geben, doch sind diese jetzt schon mangels Personal oft kaum in der Lage, ihrer wichtigsten Aufgabe, der fachkundigen Beratung von Denkmaleigentümern, nachzukommen. Zudem sind sie weisungsgebunden. Will die Politik ein geschütztes Gebäude auf Energieeffizienz trimmen lassen, kann sie die Bedenken der Denkmalbehörde übergehen.

Derzeit ist dies anders geregelt: Die Ämter vor Ort setzen sich mit den Oberen Denkmalbehörden bei den Landschaftsverbänden „ins Benehmen“ und holen sich Rat und Unterstützung. Oft sitzen deren Vertreter mit am Tisch, wenn über geplante Umbauten gesprochen wird – und sie entscheiden letztendlich mit. Laut der Gesetzesnovelle aus dem zuständigen Bauministerium sollen die Experten der Landschaftsverbände demnächst nur noch angehört werden. Ein echtes Mitspracherecht hätten sie nicht mehr. „Die Stärkung der Unteren Denkmalbehörden ist richtig und wichtig“, sagt Claudia Euskirchen, Abteilungsleiterin im LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland. „Sie stehen nicht nur in kleinen Kommunen oft stark unter politischem Druck.“

Da könnte es allerdings auch hilfreich sein, wenn sich die lokalen Behörden, in denen schon mal der Standesbeamte den Denkmalschutz mit betreuen muss, Unterstützung von den größeren Landschaftsverbänden holen. Wobei Euskirchen ihre Aufgabe nicht darin sieht, Dinge zu verhindern. Es gehe beim Denkmalschutz um gemeinsame Lösungen, sagt sie, um Hilfestellungen für Denkmaleigentümer und um die Weitergabe von Fachwissen. Falls sich die Parteien nicht einigen können, hat die zuständige Ministerin das letzte Wort. „Aber das“, so Euskirchen, „kommt ausgesprochen selten vor, gemessen an den vielen Verfahren, die wir jedes Jahr einvernehmlich führen.“

Steinfiguren in Köln: Ärger mit Kunstharz

Bei der Sanierung alter Gebäude kann mal viel falsch machen. Und nicht immer ist das neuste Baumaterial auf dem Markt das beste – oder auf lange Sicht das billigste. Als die Stadt Köln die Steinfiguren am Rathausturm mit Kunstharz wetterfest machen wollte, erreichte sie das Gegenteil und musste die Stadtheiligen bald wieder abmontieren; in Duisburg sollte die moderne Fassade der Liebfrauenkirche in wärmedämmendes Polycarbonat gehüllt werden, doch diese Sanierung „in Aspik“ wurde von der lokalen Denkmalbehörde abgelehnt. „Gerade die Denkmalpflege“, so Claudia Euskirchen, „hat viel Fachwissen beim Thema Nachhaltigkeit und Ökologie gesammelt.“ Es sei ein Irrglaube, dass sich Burgen, Kirchen oder alte Wohnhäuser nicht energieeffizient oder barrierearm umgestalten ließen: „Es gibt vielfältige Möglichkeiten bei der Modernisierung, doch muss man zunächst das Denkmal genau kennenlernen – gute Lösungen brauchen manchmal etwas mehr Zeit.“ Sie befürchtet, dass durch die Gesetzesnovelle viel Fachwissen nicht mehr diejenigen erreicht, die am stärksten davon profitierten: die Denkmaleigentümer.

Selbstredend ist Euskirchen befangen, schließlich geht es in der Gesetzesnovelle darum, den Einfluss ihrer Behörde zu beschneiden. Wobei man schon fragen kann, mit welcher Begründung dies eigentlich geschehen soll? Eine noch von der SPD-Landesregierung beauftragte Überprüfung des Denkmalschutzes in NRW gibt dazu jedenfalls wenig Anlass. Die unabhängigen Experten kamen zu dem Schluss, dass die aktuellen Regelungen und die Zusammenarbeit zwischen Unteren und Oberen Denkmalbehörden im Wesentlichen funktionieren. Probleme gebe es vor allem bei der Umsetzung vor Ort, weil es dort an Personal fehle.

Der Denkmalschutz steht der Energiewende kaum im Weg

Sollen also die Denkmalämter der Landschaftsverbände entmachtet werden, damit Denkmaleigentümer, und das sind nicht selten die Kommunen, schalten und walten können, wie sie wollen? Gerade überschuldete Städte könnten versucht sein, sich auf diesem Wege von „Altlasten“ zu befreien und den Weg frei zu machen für private Investoren. Auch ein anderes Motiv ist denkbar: Im Gesetzentwurf geht es prominent um die Aufwertung energieeffizienter Bauweisen. Glaubt die Landesregierung etwa, der Denkmalschutz stünde der Energiewende im Weg? Bei einem Anteil von etwa zwei Prozent Denkmälern am Baubestand erscheint diese Befürchtung weit hergeholt.

In seinem Gesetzentwurf begründet das von Ina Scharrenbach (CDU) geführte Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung die Gesetzesnovelle zunächst damit, dass 78 Prozent der Baudenkmäler in Privatbesitz sind; die Rolle der Eigentümer, heißt es, solle gestärkt werden. Was das konkret bedeutet, steht einige Absätze darunter: „Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zugunsten einer nachhaltigen Verbesserung der Nutzbarkeit eines Denkmals geringfügige Beeinträchtigungen des Denkmalwerts in Kauf genommen werden können.“ Das ist eigentlich eine Binsenweisheit und geübte Praxis, denn selbstredend wissen die Denkmalbehörden, dass man ein Gebäude am besten durch pflegliche Nutzung erhält. Trotzdem sieht das Ministerium hier Handlungsbedarf. Die teilweise Entmachtung der Landschaftsverbände begründet es damit, dass dadurch die Verfahren beschleunigt werden könnten.

Tatsächlich beklagen gerade Besitzer denkmalgeschützter Wohnhäuser, was ihnen als Behördenwillkür erscheint. Die Regelungen des Denkmalschutzes reichen in diesen Fällen mitunter tief ins Privatleben hinein, etwa wenn es darum geht, Türen, Fenster, Bodenbeläge oder Decken zu modernisieren – von äußerlich sichtbaren Anbauten wie Balkonen oder Eingriffen in den Grundriss ganz zu schweigen. Allerdings betont selbst Erik Uwe Amaya, Verbandsdirektor des Wohneigentümerverbands Haus & Grund in NRW, wie bedeutend die Hilfestellungen der Oberen Denkmalbehörden bei der Denkmalpflege sind. „Wichtig ist“, heißt es in seiner Stellungnahme zur geplanten Gesetzesnovelle, „dass die Unteren Denkmalbehörden umfassend beraten werden, denn letztendlich sind sie nicht nur die Ansprechpartner von Denkmaleigentümern, sondern durch deren Auflagen maßgeblich auch dafür verantwortlich, ob private Eigentümer bereit sind, in Sanierungsmaßnahmen von denkmalgeschützten Immobilien zu investieren.“

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