PorträtArchäologin aus Leidenschaft

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Petra Tutlies leitet die LVR-Außenstelle in Wollersheim. (Bild: Weiler-Pranter).

Petra Tutlies leitet die LVR-Außenstelle in Wollersheim. (Bild: Weiler-Pranter).

Heimbach/Wollersheim – Schon ihr Arbeitsplatz in Wollersheim ist der Vergangenheit verpflichtet. Im aufwändig restaurierten ehemaligen Zehnthof des Kölner Stiftes St. Maria im Kapitol leitet Petra Tutlies seit fünf Jahren die Außenstelle des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege. Von hier aus spürt die Archäologin kulturhistorisch bedeutsame Zeugnisse der Ur- und Frühgeschichte auf, koordiniert Grabungen und Bergungen.

Das Einsatzgebiet ist groß. Auf einer Gesamtfläche von 4300 Quadratkilometern betreuen Petra Tutlies und ihr Team die Kreise Aachen, Heinsberg, Düren, Euskirchen und den Rhein-Erft-Kreis. Ein Terrain, auf dem sich nicht nur Kelten und Römer tummelten.

Bereits als kleines Mädchen, so erinnert sich Petra Tutlies, habe sie alte Scherben aus Bachläufen geborgen. Und wenn sie ihre Oma in Schleswig-Holstein besuchte, galt ihre ganze Aufmerksamkeit den archäologischen Bodendenkmälern vor Ort. „Vielleicht bin ich ja dort infiziert worden“, lacht die gebürtige Hamburgerin, die mittlerweile in Heimbach-Vlatten lebt. Mit traumwandlerischer Sicherheit entschied sie sich als Abiturientin für ein Archäologie-Studium in Hamburg und Köln. Nach zahlreichen Grabungserfahrungen erhielt sie 1989 beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) eine Volontariatsstelle, wurde anschließend wissenschaftliche Referentin und leitet seit 2005 das Bodendenkmalpflege-Amt in Nideggen-Wollersheim.

Erst bergen, dann bauen

Jeden Morgen, Punkt 7 Uhr, beginnt für Petra Tutlies und ihre Mitarbeiter die Reise in die Vergangenheit. „Wir starten so früh, weil unsere Grabungsteams oft lange Anfahrtswege bewältigen müssen“, erklärt die Archäologin. „Seit der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes im Jahr 1980 muss das Amt für Bodendenkmalpflege bereits in die Planungsphase von Autobahnen, Neubaugebieten oder Tiefgaragen eingebunden werden“, erläutert Petra Tutlies weiter. Vermuten die Wissenschaftler an der projektierten Baustelle „archäologisches Potenzial“, dann lautet die Devise: Erst bergen, dann bauen. Ansonsten wären wertvolle Zeitzeugnisse der Menschheitsgeschichte unwiederbringlich verloren.

Auch bei der Bergung von „Lilith, der ältesten Bäuerin des Rheinlands“, war die Heimbacherin eingebunden. In der neu geplanten Autobahntrasse der A 4 bei Düren-Arnoldsweiler hatte die vom Kreis beauftragte Grabungsfirma „Wurzel Archäologie“ unter anderem ein 7000 Jahre altes, hervorragend erhaltenes Skelett gefunden. Da ein Wetterumschwung drohte und der freigelegte Sensationsfund so schnell wie möglich geborgen werden musste, gab es nur noch eine Lösung: spontane Blockbergung.

Dabei schieben die Archäologen eine stabile Grundplatte vorsichtig unter den Fund, der dann gemeinsam mit dem ihn umgebenden Erdreich gesichert werden kann. Mit den Kollegen vor Ort organisierte Petra Tutlies innerhalb von zwei Tagen die spektakuläre Bergung der „Lilith“.

„In unserer Außenstelle haben wir viel Erfahrung mit der Blockbergung. Doch wenn es dann Spitz auf Knopf geht, kann man nur hoffen, dass alle Berechnungen stimmen“, sagt die Expertin. Während „Lilith“ im Bonner Landesmuseum konserviert wird, wertet Petra Tutlies bereits neue Grabungsfunde aus.

Ihren Beruf versteht die zweifache Mutter als Berufung: „Ähnlich wie bei einem Pfarrer oder Maler. Die kennen auch keinen Feierabend.“ Und wie ansteckend ihre Begeisterung für Archäologie sein kann, zeigte sich im Publikumsansturm auf die „Spaziergänge in die Heimbacher Geschichte“.

Unter diesem Titel organisierte Petra Tutlies gemeinsam mit dem Verein „Die jungen Alten“ bereits frühgeschichtliche Führungen durch Vlatten, Hausen und Blens. Für das kommende Frühjahr ist eine wissenschaftliche Wanderung durch Düttling und Hergarten geplant.

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