Präsident bläst zum Kulturkrieg

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In Teheran beten Polizisten in ihrer Mittagspause.

In Teheran beten Polizisten in ihrer Mittagspause.

Im Iran werden Universitäten islamisiert, Journalisten eingeschüchtert und Kulturschaffende zensiert.

Teheran - Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad, schaltet intern auf volle Härte. Er hat der Kultur des Landes den Krieg angesagt und an die Spitze des Innen- und Geheimdienstministeriums Männer gehievt, die in der Vergangenheit ihre skrupellose Bereitschaft zu Repression und Mord bewiesen.

Dass nun eine Epoche kultureller Unterdrückung beginnt, dafür sorgt der neue Kulturminister Mohammad Hossein Saffar Harandi, einst Revolutionsgardist und stellvertretender Herausgeber der erzkonservativen Tageszeitung „Kayan“. Dort pflegte er Demokratie „als effiziente Waffe“ zu verdammen, „die der Westen bei seiner Kulturinvasion der islamischen Welt“ einsetze. Jüngst wurde westliche Musik verboten, sowie alle Filme, die „Denkschulen wie Säkularismus, Liberalismus, Nihilismus, Feminismus propagieren und die authentischen Kulturen religiöser Gesellschaften zerstören und demütigen“.

Nach Aussagen des Sprechers der „Vereinigung zur Förderung der Pressefreiheit“, Allah Shamsolvaezin, hat der Druck auf Journalisten enorm zugenommen. Das Kultur- und Geheimdienstministerium verhört regelmäßig Medienschaffende - meist mit dem Ziel der Einschüchterung - durch ehemalige Angestellte des Geheimdienstministeriums, die Ex-Präsident Chatami wegen Verwicklung in eine Mordserie an iranischen Intellektuellen 1990 gefeuert hatte. Statt Journalisten zu verhaften, zieht Ahmadinedschad psychologischen Druck, etwa durch Bedrohung von Angehörigen, vor, da dies weniger Aufsehen erregt.

Zum ersten Mal seit der islamischen Kulturrevolution der frühen 80er Jahre treffen massive Säuberungen auch die Universitäten, die „islamisiert“ werden sollen. Ahmadinedschads geistlicher Mentor, der radikale Ajatollah Mesbah Yasdi, drängte jüngst den neuen Wissenschaftsminister Mohammed Mehdi Zahidi bei einem Besuch der heiligen Stadt Qom, die Universitäten von „Feinden der islamischen Revolution“ zu säubern und Religion in alle Bildungsbereiche zu integrieren.

Dieser Auftrag schließt auch eine Änderung der Textbücher mit ein, aus denen alle Bezüge zur westlichen Kultur ausgemerzt werden sollen. Zudem will man künftig Frauen zum Schutz ihrer „Moral“ zwingen, in ihren Heimatstädten zu studieren. Über eine strenge „nationale islamische Kleidung“, die allen Iranerinnen aufgezwungen werden soll, wird heftig diskutiert. In dieser neuen „Kulturrevolution“ spielt Ajatollah Yasdi eine zentrale Rolle, der vor sechs Jahren gefordert hatte: „Wer den Islam beleidigt, muss getötet werden.“ Yasdis Jünger haben bereits fast alle Universitäten unterwandert und begonnen, offene Diskussionen und Meinungsaustausch unter Studenten vollends zu blockieren. Ahmadinedschad verwendet große Summen aus dem Kulturbudget zum Bau von Moscheen, und er fördert auch religiöse Seminare auf Kosten der Universitäten. Bei Besetzung von Professorenposten werden Geistliche oder Gelehrte aus Seminaren weltlichen, meist weit höher qualifizierten Wissenschaftlern vorgezogen. Die Islamisierungswelle soll auch vor den Schulen nicht Halt machen.

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