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PsychologieBurnout lähmt das Gehirn

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Am 7. Februar findet die dritte Veranstaltung des Kölner Stadt-Anzeigers und der Pronova BKK zum Thema Burnout statt, diesmal im Gürzenich in Köln. (Bild: Fotolia/RRF)

Am 7. Februar findet die dritte Veranstaltung des Kölner Stadt-Anzeigers und der Pronova BKK zum Thema Burnout statt, diesmal im Gürzenich in Köln. (Bild: Fotolia/RRF)

Wer ausgebrannt ist, wer aufgrund einer Erschöpfungsdepression zusammenbricht, ist krank, an Körper, Geist und Emotionen - so viel ist klar. Aber in diesem Fall nutzt es nichts, sich im Bett zu verkriechen, denn nicht Viren oder Bakterien haben den Menschen zur Strecke gebracht, sondern "seine individuelle Konstellation, seine lebensgeschichtliche Entwicklung".

So beschreibt Horst Walter Ebeling-Golz den Zustand der Menschen, die zu ihm und Ärzten seines Fachs kommen und Hilfe erwarten. Ebeling-Golz ist promovierter Psychotherapeut und Psychiater, leitet zwei Privatkliniken in Hürth und Mönchengladbach, und ist zusammen mit Professor Miriam Meckel und Dr. Sabine Schonert-Hirz einer der drei Experten auf der "Stress - Burnout"-Veranstaltung des "Kölner Stadt-Anzeiger" am Montag, 7. Februar, um 19.30 Uhr im Gürzenich in Köln, Martinstraße 29-37 (siehe Info "Veranstaltung").

So individuell wie der Mensch, so individuell ist auch sein Burnout. Folglich müssen Therapie und Behandlung auf jeden Einzelnen zugeschnitten sein. Nur eines ist allen gemeinsam: Wer erschöpft zusammenbricht, ist handlungsunfähig auf allen Ebenen, beruflich, privat, gefühlsmäßig. Der Weg der Genesung führt nur dann zum Erfolg, wenn zuerst der Körper im weitesten Sinn gesundet, dann die Emotionen und schlussendlich Geist, Verstand und Vernunft ihr Gleichgewicht finden. Horst Walter Ebeling-Golz gibt dafür ein nachvollziehbares Beispiel: "Ich kann nicht erwarten, dass es mir emotional gutgeht, wenn ich an Herzrhythmusstörungen leide."

Bei einem Burnout ist das "Organ Gehirn beeinträchtigt", wie Ebeling-Golz es nennt, "weil nicht mehr genügend Nerven-Botenstoffe vorhanden sind." Bis es zu einem Burnout kommt, läuft das Hirn auf Hochtouren und verbraucht mehr an diesen Botenstoffen, als produziert werden können. Dieser biochemische Mangel lässt sich bedauerlicherweise nicht anhand eines Blutbildes nachweislich diagnostizieren, der Patient ist daher völlig auf die Kenntnis des behandelnden Therapeuten angewiesen.

"Ich muss dafür sorgen", sagt der Psychiater, "dass das Gehirn eine Reserve an Botenstoffen anlegt und nicht alles verschießt." Das ist möglich, indem der Patient Antidepressiva erhält, nicht zu verwechseln mit Beruhigungsmitteln, Neuroleptika oder anderen persönlichkeitsverändernden Medikamenten. "Der Mensch soll nicht beruhigt, ausgebremst oder manipuliert werden, er soll regenerieren." Die Wirkung dieser Antidepressiva setzt mit dem ersten Tag der Einnahme ein, der Patient spürt eine erste Besserung aber meist erst nach drei Wochen.

Wählt der behandelnde Arzt das falsche Präparat, dann stellen sich so unerwünschte Nebenwirkungen ein wie Muskelschwäche, erhöhte Temperatur, Unruhe bis hin zu Verwirrtheit. Die - wohlgemerkt: richtigen - Medikamente müssen mindestens ein Jahr lang genommen werden und sollten dann "schleichend auslaufen", sagt Ebeling-Golz, der vor "jeder schnellen Veränderung im Gehirn" warnt. Doch trotz dieser Medikamente hat "sich ja inhaltlich noch nichts verändert". Der Mensch kann immer noch gereizt, ängstlich, zynisch, pessimistisch sein, so dass zeitversetzt eine Verhaltenstherapie beginnen sollte, ebenfalls über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren. Und erst danach sind die "Korrekturen" der eigenen Ideale, Vorstellungen, Ansprüche und Werte an der Reihe, "vorher nicht, denn wenn die beiden anderen Bereiche nicht im Einklang sind, dann klappt es nicht, sondern Geld und Zeit sind vergeudet", sagt Ebeling-Golz.

Um die Strukturen seines Lebens, Denkens und Handelns zu verändern, muss der Mensch, der einen Burnout erlitten hat, sein Inneres betrachten. Er muss in den "Spiegel seiner selbst" schauen, der in diesem Fall der Therapeut ist. Nur der ist neutral. Das kann kein bester Freund und kein noch so liebevoller Partner, weil sie eben nicht neutral reagieren können. Das Spiegelbild seiner selbst zu erkennen ist mitunter schmerzhaft, weil es zu Veränderungen zwingt. Der Mensch aber setzt alles daran, jegliche Veränderung abzuwehren. Allein schon deshalb, weil er nicht weiß, wie es ihm ergehen könnte mit einem anderen Lebensmuster. Ebeling-Golz nennt das schlicht "Lebensrisiko". Dabei weiß der ausgebrannte Mensch eins ganz sicher: Das bisherige Lebensmuster war ziemlich eindeutig nicht das richtige.

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