Heiliger KniggeKatholische Kirche: Hut ab vor der Heiligkeit

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Domvikar Tobias Hopmann ist als Zeremoniar für die Gottesdienstgestaltung im Kölner Dom zuständig.

Domvikar Tobias Hopmann ist als Zeremoniar für die Gottesdienstgestaltung im Kölner Dom zuständig.

Vor Betreten der Kirche

Kleidung „Es gibt keine zwingenden Vorschriften“, sagt Domzeremoniar Tobias Hopmann, „aber die Kleidung sollte der Würde des Raumes als Gotteshaus angemessen sein und die religiösen Gefühle der Gläubigen nicht verletzen. Ihnen geht es beim Kirchenbesuch darum, Gott zu begegnen. Einer Einladung der Queen würde man ja auch nicht in Flip-Flops und T-Shirt folgen.“ Nie verkehrt liegt man also, wenn man auf allzu freizügige Kleidung verzichtet. Schultern und Knie der Frau sollten bedeckt, das Dekolleté nicht zu tief sein. Männer nehmen, als Demutsgestus, ihre Kopfbedeckung ab. In Köln etwa achten Ordner, die Dom-Schweizer, darauf, dass diese Regel eingehalten wird. Frauen dürfen Hüte anbehalten.

Sakralräume Kirchenräume sind nach römisch-katholischem Verständnis Sakralräume – Orte einer besonderen Präsenz Gottes. Das wird deutlich an der Aufbewahrung der geweihten Hostien, die nach katholischem Verständnis der Leib Christi sind. Kirchen sind mehr als nur Versammlungsräume, sondern, wie es der Kölner Domzeremoniar Tobias Hopmann ausdrückt: „Orte, an denen sich die Menschen wie im Himmel fühlen und den Alltag hinter sich lassen können.“

Eucharistie („Danksagung“) Nach katholischem Verständnis ist die Heilige Messe, die Eucharistiefeier, eine Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu Christi und zugleich das vergegenwärtigende Gedächtnis seines Kreuzestodes, daher auch Messopfer genannt, und seiner Auferstehung. In der Messfeier ist Christus für sie gegenwärtig. Für Katholiken ist die Teilnahme an der sonntäglichen heiligen Messe verpflichtend (Sonntagsgebot). Die Grundform der heiligen Messe ist die Gemeindemesse. Besonders festliche Messfeiern werden als Hochamt bezeichnet. Heilige Messen in den Kathedralkirchen mit dem Domkapitel heißen Kapitelsamt. Feierliche Heilige Messen, die von einem Bischof oder einem Abt zelebriert werden, sind Pontifikalämter. Die wöchentliche Hauptmesse einer Pfarrgemeinde ist der Pfarrgottesdienst.

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Liturgie („Dienst am Volke“) bezeichnet Form und Inhalt der gottesdienstlichen Feier, festgelegt zum Beispiel in den Messbüchern. Sie dient der Verehrung Gottes und zur Vertiefung des gemeindlichen Glaubens.

Heilige Messen im Kölner Dom: Mo - Sa 6.30/7.15/ 8.00/ 9.00/18.30 Uhr; So 7.00/8.00/9.00/10.00/12.00 17.00/ 19.00 Uhr; werktags geöffnet: 6 - 19.30 Uhr

Der richtige Zeitpunkt Touristische Besuche sollten während eines laufenden Gottesdienstes tabu sein. Der wichtigste Gottesdienst in der römisch-katholischen Kirche ist die Heilige Messe. Daneben gibt es Andachten und die auf verschiedene Tageszeiten verteilten Stundengebete. Die Messe besteht aus zwei Teilen, dem Wortgottesdienst und der Eucharistiefeier, und dauert, je nach Festlichkeit, zwischen einer halben Stunde und eineinhalb Stunden. Hopmann empfiehlt denjenigen, die einen Gottesdienst besuchen wollen, das feierliche sonntägliche Hochamt im Dom (10-11.30 Uhr). Im Gegensatz zu protestantischen Kirchen und den Gotteshäusern anderer Konfessionen sind die meisten katholischen Kirchen außerhalb der Gottesdienste sonntags und werktags geöffnet.

Beim Betreten der Kirche

Weihwasserbecken Am Eingang findet man ein Becken mit gesegnetem Weihwasser. „Es ist ein schöner Brauch, die Finger darin einzutauchen und sich zu bekreuzigen, um sich an die Taufe zu erinnern und so auch an die Verbindung mit Jesus Christus“, sagt Hopmann. Diese Symbolik entfällt für Besucher, die nicht getauft sind – denen allerdings nicht verboten ist, Weihwasser zu benutzen.

Gebet- und Gesangbuch Das „Gotteslob“ (Gesangbuch) liegt in vielen Kirchen als Leihgabe zum Mitsingen aus. Beim Verlassen der Kirche bitte wieder abgeben!

In der Kirche

Umherlaufen Außerhalb des Gottesdienstes kann man überall dahin gehen, wo es keine Absperrungen gibt. Tabu sind der Altarbereich und oft auch die Orgel-Empore. Besonders achtsame Besucher wenden dem Altar nicht den Rücken zu, außer beim Rausgehen. Und als Zeichen des Respekts empfiehlt Hopmann ihnen „nicht einfach am Tabernakel vorbeizuschlendern, sondern kurz stehen zu bleiben und sich zu verneigen“. Das kunstvoll gestaltete Schränkchen für die Hostien steht meist im Altarraum oder in großen Kirchen auch in einer Seitenkapelle. Man erkennt es an der Kerze in einem roten Glasgefäß – das Ewige Licht, das neben dem Tabernakel steht.

Während der Hl. Messe

Der richtige Platz Wer sich mit den liturgischen Abläufen nicht auskennt, dem rät Hopmann, nicht gleich in der ersten Reihe Platz zu nehmen. „Weiter hinten hat man einen besseren Überblick.“ Bevor Katholiken die Bank betreten knien sie nieder und bekreuzigen sich in Richtung des Tabernakels. Die Heilige Messe beginnt im Stehen. Auch Gäste sollten sich dann erheben. Hopmann empfiehlt, sich so zu verhalten wie die Gemeinde. Das Hinknien als Zeichen der Verehrung Gottes, vor allem zur Wandlung, ist aber nicht zwingend nötig. Man kann stattdessen auch stehen bleiben. Alle Gesten, Handlungen und Gebete können von den Gästen mitvollzogen werden, sofern sie es als Nicht-Katholiken möchten. „Jeder ist eingeladen, mitzubeten und zu singen, wer sich aber nicht mit den Inhalten identifiziert, sollte es nicht tun.“

Die Kollekte Im Verlauf des Gottesdienstes werden Körbe oder „Klingelbeutel“ für eine Spende durch die Bänke gereicht. Das Geld ist für caritative oder pastorale Zwecke bestimmt. Die Spende ist freiwillig, die Höhe liegt im Ermessen des Einzelnen.

Die Kommunion Gegen Ende der Heiligen Messe sind die Gläubigen eingeladen, den Leib Christi in Gestalt des Brotes, der geweihten Oblate, zu empfangen. Es ist auch ein zentrales Glaubensbekenntnis. Deshalb sollten nicht-katholische Besucher auf ihren Plätzen bleiben, wenn die Gläubigen zur Kommunion vor den Altar treten. Nur ihnen gestattet das Kirchenrecht teilzunehmen, auch wenn faktisch niemand daran gehindert würde.

Nach dem Gottesdienst

Applaudieren und Fotografieren Applaus, etwa nach dem Orgelspiel am Ende des Gottesdienstes, ist nicht überall üblich. Filmen und Fotografieren während der Messe sollten unterbleiben.

Beim Verlassen der Bank machen Katholiken einen Knicks Richtung Altar und bekreuzigen sich am Weihwasserbecken.

Kerzen anzünden Viele Gläubige zünden vor dem Verlassen der Kirche Kerzen an – als Zeichen der Hoffnung, dass Gott ihre Gebete in einem Anliegen oder für eine Person erhört. Die Kerzen und ein Kästchen für deren Bezahlung stehen häufig vor Statuen oder Bildern, auf denen Christus, Maria oder Heilige dargestellt sind.

Verhalten im Ausland

Grundsätzlich wird in Kirchen im Ausland das selbe respektvolle Verhalten erwartet wie hierzulande. In südlichen Ländern wird aber strenger auf die Kleidung geachtet. In Touristenzentren hindern Ordner Gäste in Badekleidung, Sportkappe, Shorts, Minirock oder ärmellosen Kleidern daran, die Kirche zu betreten. Auf Nummer sicher geht man, wenn man ein Schultertuch oder eine lange Hose parat hat. Hopmann rät, sich vorab über lokale Traditionen zu informieren und sie zu beachten – „als freundliche Geste gegenüber dem Gastgeber.“

Die größten römisch-katholischen Kirchen Opferkirche der Heiligen Familie („Temple Expiatori de la Sagrada Família“) in Barcelona; Petersdom („Sancti Petri in Vaticano“) in Vatikanstadt; Kathedrale der Heiligen Maria („Cattedrale di Santa Maria del Fiorea“) in Florenz.

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