„Unser Kind hat ADAC“Ex-Lehrer „Herr Schröder“ macht Witze über den Schul-Alltag

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Lehrer sein ist sicher nicht immer spaßig. Man kann aus den Schul-Geschichten aber einen Spaß machen. 

Köln –  „Ich bin Beamter mit Frustrationshintergrund. Rente sicher, aber als Junglehrer schon senil“, schreibt Johannes Schröder im Vorwort seines Buches „World of Lehrkraft. Ein Pädagoge packt aus“. Lehrer hätten am meisten mit Klischees zu kämpfen. „Ach, du bist Lehrer? Na ja, ich arbeite ja Vollzeit. Ich weiß, was sie alle denken. Ab 13.30 Uhr auf dem Südbalkon, Füße hoch, Hose auf und bei ein, zwei Aperol Spritz den Tag ausklingen lassen. Und das stimmt ja auch. Jedenfalls für die Sport- und Erdkundelehrer. Deren Unterrichtsvorbereitung darf man sich so vorstellen: Ball aufpumpen und Weltkarte ausrollen. Fertig.“

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Schröder war zwölf Jahre lang Deutschlehrer und ist jetzt als Comedian unter dem Namen „Herr Schröder“ auf Tour. Seine Jobwahl bezeichnet er als „eine ganze Kette von Fehlentscheidungen“. Aber er hat es geschafft, aus seinem Alltag die lustigen Situationen herauszupicken und sie zu guten Geschichten zu machen. In seinem Buch beschreibt er in 26 Kapiteln auf sehr amüsante Art typische Situationen in der Schule.

Alle Geschichten sind miteinander verbunden durch Schröders Ziel, zum Lehrer des Jahres gewählt zu werden. Wer nicht selbst Lehrer ist, kennt die Situationen zwar noch von früher aus seiner eigenen Schulzeit, hört aber jetzt möglicherweise zum ersten Mal die Sicht der anderen Seite. Hier kommen fünf Beispiele:

Unser Kind hat ADAC – der Elternabend: „Uns Lehrern fällt es leicht, die Gesichtszüge des Gegenübers mithilfe eines einzigen Wortes entgleisen zu lassen: Klassenpflegschaftsvorsitz. Im Wegducken unterscheiden sich die Eltern in nichts von den Schülern. Auch sie suchen den Weg des geringsten Widerstands. Überhaupt sorgt das Szenario im Klassenzimmer dafür, dass die Eltern beim Elternabend in ihre alten Rollen zurückfallen. Der Klassenclown. Der brillentragende Nerd. Die Eifrige. Die Punkerin. Der Streber mit dem Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung. Wenn man diese kippelnde Meute vor sich sieht, ist es schwierig, sie von ihren Kindern zu unterscheiden. Es gibt sogar Väter, die aufzeigen und schnipsen. 

Deine Mudda beendet die Stunde – Unterricht in der 10a: Die Mittelstufe ist für die Lehrer der Valiumtrakt. „Die Teenager lehnen an allem, was zur Verfügung steht, kauen Kaugummi und sind hauptsächlich damit beschäftigt, so rüberzukommen als wäre es ihnen egal wie sie rüberkommen. Tafelbilder werden nicht mehr abgeschrieben, sondern abfotografiert, digital archiviert und dann nie wieder angesehen. […] Intellektuell unterschätzen sollte man die Mittelstufe trotzdem nicht. Als ich kürzlich in die 10a kam, stand an der Tafel: ‚Herr Schröder, Sie Korrekturensohn.‘ Leider war ich so überrascht, dass ich in meiner Verblüffung die Frage stellte, auf die kein Lehrer jemals eine ehrliche Antwort bekommen hat: Wer war das?“ „Neunundzwanzig pädagogische Mängelexemplare besuchen momentan die 10a – sofern sie es terminlich einrichten können. Dass einem die Truppe nach all den Jahren Klassenlehrerschaft ans Herz gewachsen ist, verwundert nicht, denn sie könnten unterschiedlicher kaum sein. Ein bunter Haufen mit der anarchischen Kreativität eines Cirque du Soleil, aber ohne dessen Talent.“ „Ich halte es wie viele meiner Kollegen und komme gern mal fünf, sechs Minuten zu spät – einfach nur, um die Enttäuschung in den Gesichtern der Schüler zu sehen, wenn ich dann doch am Ende des Ganges auftauche. Heute bin ich stolze sieben Minuten über der Zeit. Ich öffne die Tür und unterbreche das kollektive Dösen mit einem erfrischenden ‚Guten Morgen, liebe 10a!‘ Wie in Zeitlupe, zögernd und widerwillig, lösen sich die sedierten Teenager von ihren Smartphones, als würden sie von lebenserhaltenden Geräten der Intensivmedizin getrennt.“

Ein Spielplatz der Evolution – der Schulhof: „Die Unterstufe stürmt zu den Tischtennisplatten. Sofort rotieren sechs Jungs um das grüne Rechteck. Den chronischen Mangel an Schlägern kompensieren die mit Smartphones, Federmäppchen oder der bloßen Hand. Etwas entschleunigter geht es bei der Oberstufe zu. Hier hat jede Gruppe ihren Stammplatz. In der Raucherecke steigen die ersten Rauchwolken auf. Dichter E-Zigarettendampf und klassischer Analog-Qualm geben sich ein undurchsichtiges Stelldichein. Dann und wann tönen gutturale Laute aus der Wolke. Eine No-go-Area. Tischtennisbälle, die hier zufällig landen, gelten als verloren. Kaum eine Pausenaufsicht traut sich da rein. Direkt gegenüber, aber getrennt durch mariannengrabentiefe Widersprüche in der Weltanschauung, hat sich der Club der toten Dichter eingefunden. Rot-beschalte Poetry-Slammer debattieren angeregt über den Sexismus in Duschgel-Reklamen. Im östlichen Teil des Schulhofs befindet sich die neue halbrunde Sitzlandschaft. Hier sitzen die Grazien aus der Mittelstufe. Vorgeschälte Snackmöhren, Mini-Bananen und Mais-Waffeln werden innerhalb der Gruppe fair gehandelt. Und wo geknuspert wird, wird auch geklönt. Wer mit wem, wo und wann, wie und weshalb.“

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Mailand oder Madrid, Hauptsache WLAN – Die Studienfahrt: „Jeder erfahrene Pädagoge muss nur einen Blick auf die Sitzreihenverteilung im Bus werfen, um das Klassengefüge einschätzen zu können. Direkt hinter dem Fahrer finden wir jene Schüler, die sich während der Fahrt nach Details der Streckenführung erkundigen und ohne Kontext alle Planeten des Sonnensystems aufzählen. In der Mitte sitzen die Pferdemädchen. Sie flechten sich gegenseitig die Haare und spielen auf ihrem Collegeblock vegane Käsekästchen. Kaum einsehbar für das ungeübte Auge sind die letzten fünf Reihen. Nicht nur durch die Distanz zum Platz des Lehrers vorne beim Busfahrer, sondern auch durch den dichten Shisha-Qualm und den Sichtschutzwall aus gestapelten Pringles-Dosen, Monster-Energy-Drinks und Schalen von Sonnenblumenkernen. Für die akustische Abgrenzung sorgen drei unabhängig voneinander geschaltete Bluetooth-Lautsprecher.“

Der Sportlehrer – die bildungsferne Spaßgurke aus der Turnhalle: Seine Kollegen nennt „Herr Schröder“ das Cholerikum, einfach, weil immer so viel gejammert wird. „Der quirligste Haufen versammelt sich üblicherweise im Lehrerzimmer um die Kaffeemaschine. Hier finden wir Herrn Eisenmann, Frau Fink, Herrn Peters und viele andere. Aber mit diesen Namen spricht sie allenfalls der DHL-Bote an. Denn selbstverständlich haben alle Lehrer Spitznamen.“ Besonders angetan ist „Herr Schröder“ vom Sportlehrer, „der bildungsfernen Spaßgurke aus der Turnhalle“. „Trillerpfeifen-Theo hat erst in diesem Schuljahr hier angefangen. Seitdem ist er hauptsächlich damit beschäftigt, regelmäßig sein Postfach zu leeren, den Kaffeeautomaten zu bedienen und mit den weiblichen Lehrkräften U30 zu flirten. Er ist jung, motiviert, gutaussehend. Und jetzt kommt’s, angeblich beliebt im Kollegium und bei den Schülern. Kurz gesagt: ein Riesenarschloch. Sportlehrer sind die menschgewordenen Thermomixe unter den Lehrern: beliebt bei Frauen, geringe handwerkliche Anforderungen und intellektuelles Sanftgaren.“

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