Abgelenkte Eltern und ErzieherHandyverbot an Kitas – ist das wirklich nötig?

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Statt das Kind in der Kita zu begrüßen, erstmal noch weiter telefonieren – verhalten sich wirklich viele Eltern so? (Symbolbild)

Köln – Wenn einer ständig auf sein Handy starrt, kann das mächtig nerven. Besonders Kinder merken schnell und beklagen sich meist laut, wenn Erwachsene derart abgelenkt sind. Ein Kita-Träger in Essen hat daraus jetzt Konsequenzen gezogen und in seinen zehn Einrichtungen die Handynutzung für Eltern und Erzieher auf dem Kita-Gelände verboten. Sie sollten ihre ganze Aufmerksamkeit lieber den Kindern schenken statt ihrem Smartphone.

Dass es Kritik an der exzessiven Handynutzung von Eltern gibt, ist nicht neu. Jüngst startete ein Junge in Hamburg eine Demo, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Das Motto der Protestaktion: „Spielt mit MIR! Nicht mit Euren Handys!" Auch wird etwa intensiv gewarnt, dass es in Schwimmbädern lebensgefährlich sein kann, wenn Eltern hinter dem Bildschirm verschwinden, anstatt ihre plantschenden Kinder genau im Auge zu behalten. Eine Studie hat zudem ergeben, dass der übertriebene Medienkonsum der Eltern zu Hyperaktivität und Wutanfällen beim Nachwuchs führen kann.

Keine Verbote – aber Kitas weisen Eltern auf verantwortungsvolle Handynutzung hin

Doch passiert es auch in Kindertagesstätten wirklich so häufig, dass Eltern nachmittags mit Handy am Ohr in die Einrichtung stiefeln oder Erzieher während der Spielzeit im Garten auf dem Smartphone tippen – so dass es sogar Verbote braucht?

Wie die Rückfrage bei verschiedenen großen Kita-Trägern ergeben hat, scheint das Problem mit der Handynutzung der Eltern nicht besonders alarmierend zu sein. In keiner der Einrichtungen gibt es ein striktes Handyverbot.

Allerdings beschäftigen sich alle Kitas aufmerksam mit dem Mediennutzungsverhalten der Erziehungsberechtigten. Regelmäßig versuchen die Einrichtungen, bei den Eltern ein Bewusstsein für eine gesunde Handynutzung zu schaffen. Auch stellen einige Kitas eigenständige Regeln dafür auf.

„In unseren Einrichtungen werden Eltern dazu angehalten, möglichst auf die Nutzung von Handys zu verzichten. Es gibt gestaltete Plakate an den Wänden, die in kleinen Cartoons auf humorvolle Weise darauf hinweisen“, sagt Henrike Ortmann von Fröbel. Auch auf Elternabenden würde über den maßvollen Umgang mit Handys während der Bring- und Abholsituation gesprochen.

Bei den von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) betriebenen Einrichtungen entscheidet jede Kita selbst, welche Regeln zum Umgang mit Handys gelten sollen. „Wir lehnen aber ein allgemeines Handyverbot im Umfeld der Einrichtungen ab“, sagt der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler, „zu unterschiedlich können die Gründe für die kurzfristige Nutzung seitens der Eltern sein.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Strenge Handynutzungs-Regeln für Mitarbeiter

Für die Erzieherinnen und Erzieher aber gibt es fast überall fest vorgegebene Nutzungsregeln oder sogar Verbote. Bei den AWO-Einrichtungen bestehen Vereinbarungen, die die Nutzung während der Arbeitszeit regeln und zum Beispiel nur während der Pausenzeiten zulassen. Bei den Kitas der Diakonie ist die private Handynutzung in der Regel in den Dienstzeiten untersagt. Bei Fröbel verpflichten sich alle Mitarbeiter vorher schriftlich in einer Erklärung, während der Dienstzeit keine privaten Handys oder sonstige mobile Endgeräte zu benutzen.

Auch in den Kindertageseinrichtungen der Stadt Köln ist die Nutzung von Mobiltelefonen durch die Mitarbeiter verboten. Das „Klingeln oder Summen von Mobiltelefonen“ oder das „Schreiben von Textnachrichten“ während der Arbeitszeit „führt zu einer grundsätzlich nicht hinnehmbaren Beeinträchtigung“, heißt es im entsprechenden Leitfaden für städtische Kitas. „Zudem besteht die Gefahr, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Ablenkung ihre Aufsichtspflicht verletzen.“

Kinder brauchen die ganze Aufmerksamkeit der Eltern und Erzieher

Einig sind sich alle Kita-Träger, dass es wichtig ist, sich im Umgang mit Kindern nicht vom Smartphone ablenken zu lassen, besonders bei den Bring- und Abholzeiten. „Wir halten es für selbstverständlich, dass Kinder gerade beim Begrüßen und Verabschieden, ein Recht auf die volle Aufmerksamkeit ihrer Bezugspersonen haben“, sagt Henrike Ortmann von Fröbel. „Kinder wollen den Eltern bei diesen Übergaben von ihren zahlreichen Erlebnissen berichten oder einfach nur deren Anwesenheit genießen“, führt Ute Burbach-Tasso von der Diakonie aus. Nicht immer sei es den Eltern bewusst, wie wertvoll die uneingeschränkte Aufmerksamkeit für die Kinder sei.

Darüber hinaus seien diese Bring- und Abholsituationen auch für den Austausch zwischen Erziehungsberechtigten und pädagogischen Fachkräften wichtig, sagt Peter Kuleßa von der AWO. „Durch die Handynutzung können diese bedeutsamen Tür- und Angel-Gespräche gestört werden.“

Auch aus Datenschutzgründen ist die Nutzung von Handys auf dem Kita-Gelände übrigens grundsätzlich problematisch. Damit keine Fotos und Videos von Kindern an die Öffentlichkeit oder ins Netz gelangen, herrscht deshalb ohnehin oft ein striktes Aufnahmeverbot auf dem Gelände der Einrichtungen.

KStA abonnieren