Abo

Bitte kein Lockdown!Schulschließungen soll es nicht mehr geben, doch die Angst bleibt

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Nein, Homeschooling macht keinem Spaß.  

Köln – Immer, wenn mein Sohn morgens nicht aufstehen will, sage ich zu ihm: „Du darfst in die Schule gehen! Freu dich! Wer weiß, wie lange noch.“ Wer hätte je gedacht, dass man Kinder mit dem Satz „Du darfst in die Schule!“ mal aus dem Bett kriegen würde. Aber es klappt. Denn auch die Kinder ahnen, dass die nervige Normalität schon bald wieder ein Ende haben könnte.

Dieses diffuse Gefühl, dass wir uns bald wieder alle zwischen Homeschooling und Homeoffice am Küchentisch in die Haare kriegen könnten, hat sich ganz langsam heran geschlichen. Den Sommer verbrachten wir in der seltsamen Zweischneidigkeit, jetzt unbedingt ganz viel nachholen zu müssen und gleichzeitig unsicher zu sein, ob Corona uns nicht doch wieder einholen würde. Was daraus geworden ist, sehen wir jetzt.

Als hätten wir noch nie etwas von dieser Krankheit gehört

Innerhalb von wenigen Wochen sind wir mit Vollgas in den Corona-Abgrund geschlittert. Ganz so, als begegneten wir diesem Virus zum ersten Mal. Wir stehen vor den explodierenden Corona-Zahlen als hätten wir noch nie etwas von dieser Krankheit gehört. Als hätte es die Impfungen und die Hoffnung auf Besserung nicht gegeben. Als wäre einfach gar nichts passiert in den vergangenen zwei Jahren. Und gleichzeitig scheint sich alles zu wiederholen. 

Alles zum Thema Angela Merkel

Das Leben außerhalb der Wohnung tut allen gut

Die jetzige Situation weckt vor allem bei Familien böse Erinnerungen an die vielen Monate ohne Schule und Freizeit. Dabei haben wir uns doch gerade erst ein wenig von den Entbehrungen dieser Zeit erholt! Dass es auch wieder ein Leben außerhalb der Wohnung gibt, tut allen Familienmitgliedern gut. Steht das jetzt alles wieder auf der Kippe?

Die neue Ampel-Koalition will einen neuen flächendeckenden Lockdown verhindern und die Kinder in den Mittelpunkt rücken. Das klingt erstmal beruhigend, aber kann man sich darauf auch verlassen? Angela Merkel hat bereits den Lockdown empfohlen, Österreich macht vor, dass aus einem Lockdown für Ungeimpfte ganz schnell einer für alle werden kann.

Das könnte Sie auch interessieren:

Mich macht diese ständige Sorge, dass morgen alles dicht sein könnte, mürbe, weil es sich hier um Kontrollverlust handelt. Auch vor einem Jahr sollte es „nur“ im November für vier Wochen einen Wellenbrecher-Lockdown geben. Wie das weitergegangen ist, wissen Sie selbst. Erst kurz vor Ostern durften die Kinder wieder in die Schule und das auch nur im Wechselunterricht. Die meisten Sport- und Freizeiteinrichtungen machten erst im Sommer wieder auf. Zwischendurch gab es sogar eine Ausgangssperre.

Alle sind sich einig, dass das nicht noch einmal passieren darf

Ich möchte das nicht noch einmal erleben: Kinder, die im Homeschooling vereinsamen und depressiv werden, weil sie ihre Freunde nicht mehr treffen und keine Hobbies mehr haben können. Eltern, die daran verzweifeln, neben all den anderen Pflichten auch noch die Lehrer ihrer Kinder sein zu müssen. Alle sind sich einig, dass das nicht noch einmal passieren darf. Trotzdem ist die Angst davor größer denn je, das wird bei jedem Gespräch mit anderen Eltern deutlich. Und immer sagt einer am Ende: „Ne, die werden die Schulen nicht wieder zumachen – höchstens Wechselunterricht!“ Es ist wie ein Mantra, das so oft wiederholt wird, bis man daran glaubt.

Auf der einen Seite ist das Verständnis für weitere Maßnahmen angesichts der explodierenden Zahlen natürlich da. Auf der anderen Seite ist da nur die nackte Panik. Und da ist auch Wut. Wut auf all die Menschen, die meinen, sich nicht impfen lassen zu müssen und damit den Großteil der Gesellschaft gefährden. Wut auf die Leute, die am 11.11. dicht gedrängt in Köln gefeiert haben und die Zahlen in die Höhe getrieben haben. Noch mehr Wut auf die Menschen, die das erlaubt haben.

Es fehlt die Sicherheit, dass man jetzt endlich das Wohl der Kinder im Blick hat

Viele Kinder können schon zum zweiten Mal ihren Geburtstag nicht feiern, haben ihre Großeltern monatelang nicht gesehen, müssen schon wieder auf den Urlaub mit der Familie verzichten und haben mindestens schon eine Quarantäne hinter sich. Das gleiche gilt übrigens auch für die Eltern. Was wir jetzt brauchen ist das Gefühl, dass es endlich wertgeschätzt wird, was Familien in den vergangenen zwei Jahren geleistet haben und wie schwer das war. Wir brauchen die Sicherheit, dass man jetzt endlich das Wohl der Kinder im Blick hat. Und das geht nur, wenn sie ihr Leben leben können.

KStA abonnieren