TrotzphaseWie Eltern richtig auf die Wutanfälle ihres Kindes reagieren

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Frust und Enttäuschung gehören im Alltag von Kleinkindern dazu. 

Köln/Friedrichswalde/Wiesbaden – Ihr Kind läuft weg, statt sich die Jacke anzuziehen? Weint, wenn es nicht das bekommt, was es gerade will? Im Alter zwischen zwei und sechs Jahren können simple Situationen heftigen Trotz auslösen. Für Eltern ist die Autonomiephase, wie man die Zeit der beginnenden Selbstständigkeit des Kleinkindes nennt, oft belastend. Wie reagiert man auf Wutanfälle? Und wie können Kinder lernen, mit Gefühlsausbrüchen umzugehen? Ein paar Expertentipps.

„Trotz beginnt schon in der Babyzeit“, sagt die Pädagogin und Buchautorin Susanne Mierau. Zum Beispiel, wenn es sich abwende und nicht wickeln lassen will. „Die Hochphase der Autonomiebestrebungen liegt bei drei bis vier Jahren“, ergänzt Sebastian Arnold vom Berufsverband der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und -therapeuten (bkj). „Kinder lernen in dieser Zeit, dass sie einen eigenen Willen haben und bestimmen können, kommen aber in ihrem Ausdruck an ihre Grenzen.“

Frust und Enttäuschung gehören im Alltag von Kleinkindern, wo viel Neues entdeckt wird, dazu. „Das Gehirn befindet sich noch in der Reifung“, sagt Arnold. Kinder müssen erst lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen.

Ruhig bleiben, durchatmen, da sein

Trotzen ist demnach kein Fehlverhalten, sondern eine innere Not, die raus muss. „Wenn Gefühle unterdrückt werden, kommen sie später als Bumerang zurück“, weiß der Familientherapeut. Oft seien solche Kinder dann im Grundschulalter oder in der Pubertät auffälliger.

Reagiert das Kind trotzig, sollte man versuchen, ruhig zu bleiben, durchzuatmen und abzuwarten, so der Experte. „Oft hilft es, den Wutanfall auszusitzen und einfach in der Nähe des Kindes zu bleiben – etwa mit Körperkontakt, wenn es das zulässt“, sagt er. Auf das Kind einzureden, bringe wenig. Klingt der Protest ab, sollten Kinder aus ihrem Verhalten lernen. Arnold empfiehlt, kurz über die Situation zu sprechen, um ihnen Worte für ihre Wut zu geben. Ebenfalls sinnvoll sind Lösungen, um den Frust abzuleiten. „Statt ein anderes Kind zu hauen, kann es mit den Füßen stampfen oder in ein Kissen boxen“, ergänzt Mierau.

Verständnis zeigen und Alternativen bieten

„Eltern sollten auch Verständnis für die Gefühle ihrer Kinder zeigen und zum Beispiel sagen: Ich kann verstehen, dass du gern Schokolade isst“, rät Arnold. Trotzdem müssen sie nicht nachgeben, können aber eine Alternative anbieten: etwas anderes zu essen oder einen Halt auf dem Spielplatz. Wenn Kinder zudem kleine Dinge im Alltag mitentscheiden dürfen, werden sie insgesamt zufriedener.

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Wer weiß, wie Kinder denken, fühlen und handeln, kann manche Konflikte vermeiden. Pädagogin Mierau empfiehlt dazu, Kindern mehr Selbstständigkeit zuzutrauen. Wenn das Kind sich zum Beispiel nicht anziehen will, „kann es lernen, was für Kleidung es braucht und diese selbst aus dem Schrank nehmen.“

Im Gegenzug sollten Eltern nicht vorschnell „nein“ sagen, wenn es mitmachen, helfen oder etwas Neues ausprobieren will. „Manche Kinder hören im Alltag so viel Nein, dass sie frustriert sind. Ein weiteres Stopp oder Nein der Eltern wird dann regelrecht überhört.“ In Gefahrensituationen kann dies zum Problem werden.

Feste Regeln und Abläufe geben Halt

„Im Alltag helfen klare Regeln und ritualisierte Abläufe, damit weniger Frust entsteht“, sagt Sebastian Arnold. Insbesondere morgens und abends, wenn Kinder (noch) müde sind. Ebenso kann das Aufräumen ein festes Ritual sein. „Jeden Tag zehn Minuten oder solange die Musik läuft“, empfiehlt Mierau. Kinder brauchen Grenzen. Aber: „Eltern dürfen nachgeben. Es sollte aber Dinge geben, die nicht verhandelbar sind, wie zum Beispiel in die Steckdose fassen oder auf die Straße rennen“, sagt sie. Konsequenz ist auch bei gesundheitlichen Themen wichtig – zum Beispiel dem Zähneputzen. Manchmal helfen auch positive Worte: „Wenn wir jetzt die Zähne putzen, habe ich gleich viel mehr Zeit, dir vorzulesen“, so Arnold.

Ein Vorbild sein

Wie das Kind den Frust bewältigt, hängt auch von seinen Vorbildern ab. „Wenn Eltern gut mit Konflikten und Streit umgehen können, kann das Kind es gut lernen“, sagt Sebastian Arnold. „Wenn man aber selbst beleidigt in der Ecke sitzt oder sehr laut und aufbrausend ist, wird das Kind es übernehmen.“

„Nach der Trotzphase sollten Kinder sozialverträglicher mit Wutsituationen umgehen können“, so Mierau. Ein Nein der Eltern führe dann nicht mehr so oft zu einem starken emotionalen Ausdruck, sondern zu einer Diskussion. Was für Eltern angenehmer ist. (dpa/tmn)

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