Wiedereinstieg nach Baby„Es ist nicht das Kind, das nervt, es ist der Job, der fehlt“

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Wieder in den alten Job zurück? Oder etwas ganz Neues machen? Viele Mütter fragen sich nach der Babyzeit, wie es weitergehen soll.

  • Nach der Babyzeit fragen sich viele Mütter, wie es beruflich für sie weitergeht.
  • Nicht immer ist der Weg zurück in den alten Job einfach so möglich. Oder überhaupt von den Frauen gewollt.
  • Die Journalistin und dreifache Mutter Katrin Wilkens berät Mütter bei der Frage nach der beruflichen Zukunft.

Köln – „Mir reicht's, ich werde jetzt Yoga-Lehrerin!“ Wenn Mütter nach der Geburt und der ersten Zeit mit dem Kind aus ihrem Familienkosmos auftauchen, stellt sich für viele von ihnen nicht nur die Frage, wann sie zurückkehren in ihren Job, sondern vor allem wie und ob überhaupt.

Es ist nicht das Kind, das nervt, es ist der Job, der fehlt

Der Job sollte doch bitte Sinn machen, etwas sein, für das sie brennen, wenn sie dafür schon ihre Kinder in „fremde“ Hände geben… „So denken viele Frauen nach der Babypause“, erzählt Katrin Wilkens, die nun ein Buch zum Wiedereinstieg nach der Babypause geschrieben hat: „Mutter schafft! Es ist nicht das Kind, das nervt, es ist der Job, der fehlt“.

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Die Journalistin Katrin Wilkens berät Mütter bei ihrem Wiedereinstieg nach den Kindern.

Die Journalistin hat selbst drei Kinder und weiß, wovon sie spricht. Zwischen Rechner und Rassel, zwischen Windel und Wiedereinstieg stellte sich auch für sie plötzlich die Sinnfrage: Was will ich eigentlich? Und wohin vor allem?

„Mein Mann kam abends aus der Praxis und erzählte von einer Reanimation“, sagt sie, „ich konnte ihm von einem neuen Supermarkt in der Nachbarschaft berichten.“ Ein Aha-Moment.

Vereinbarkeit, Gleichberechtigung: Wie soll das funktionieren?

Wilkens sah die Gefahr, in eine Abhängigkeit von ihrem Mann zu geraten. „Dabei dachte ich bis dahin eigentlich, ich führe ein emanzipiertes Leben.“ Sie fragte sich, wie das „verdammt nochmal“ funktionieren sollte mit der Vereinbarkeit und der Gleichberechtigung.

Sie war nun eine dieser Mütter, die nach der intensiven Brut- und Aufzuchtphase ihrer Kinder wieder zu sich kommen und sich fragen, ob sie wirklich in dieses profitorientierte Unternehmen zurückwollen. Oder zu der unfairen Chefin, dem nervigen Kollegen. Ob sie das noch hinkriegen mit den Dienstreisen. Oder welchen Sinn ihr Job überhaupt macht.

Warum wollen sich Frauen neu erfinden? Weil sie endlich zurück zu sich selbst finden? Weil sie durch die Kinder Abstand haben und nachdenken können? Oder wegen der fehlenden Vereinbarkeit? „Es ist eine gute Gemengelage aus beidem“, meint Wilkens. Kinder bringen neue Werte zum Vorschein oder setzen alte frei.

Schluss mit Wäschebergen und Pastinakenbrei

Viele Frauen hätten irgendwann „die Schnauze voll von Wäschebergen und Pastinakenbrei“, wollten wieder gesehen und nicht nur gebraucht werden. Sie wollten wieder mitspielen im großen Ich-bin-auch-wichtig-Poker der Berufstätigen. Die Frage, sie sich dabei allen stellt: Wie kann das gehen, wenn der Mann voll berufstätig ist und die Bindehaut der Kinder keine Rücksicht auf mütterliche Karrierewünsche nimmt?

Diese Umbruchphase im Leben einer Frau hat sich Wilkens schließlich zusammen mit einer Kollegin zur Aufgabe gemacht. Mit ihrer Firma i-do (japanisch für „Weg“, „Veränderung“) haben die beiden Frauen seither 1000 Frauen – und einigen wenigen Männern – bei der Neu-Orientierung und auf dem Weg zurück in den Job nach der Babypause geholfen.

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Neuer Job? Oft braucht es nicht den ganz großen Wechsel

Die meisten Frauen, die ihre Hilfe in Anspruch nehmen, wollten alles auf einmal. „Mal in Männern gesprochen“, sagt Wilkens: „Sie wollen mindestens George Clooney, aber bitte in jünger, dabei aber mülltrennend und wohnhaft bei ihnen um die Ecke.“ Damit machten es sich die Frauen heute schwerer als es sein müsste.

Vielleicht muss es ja gar nicht Clooney sein, um glücklich zu werden? Neulich sei eine Frau bei ihnen gewesen, erzählt Wilkens, die unbedingt einen Job wollte, für den sie brennt. Sie fragte: „Was soll später einmal auf Ihrem Grabstein stehen?“

Die Frau hatte sehr viele Ideen dazu. Keine einzige hatte jedoch mit ihrem Job zu tun. „Kann es sein, dass der Job für Sie doch gar nicht so wichtig ist?“, fragte Wilkens. „Sie nennen lauter Hobbys, meinen Sie nicht, Sie bräuchten vor allem viel Freizeit, am besten durch einen Teilzeit-Job?“ Manchmal braucht es eben gar nicht den ganz großen Wechsel.

Genug Rente? Die eigene Biografie von hinten denken

Die eigene Biografie von hinten her denken, das ist ein Ansatz, der von der Soziologin Jutta Allmendinger kommt und den Wilkens gern empfiehlt. Kann ich am Ende meines Lebens sorgenfrei leben? Wenn das gesichert sei, sagt Wilkens, könnten Frauen machen und tun, was sie wollen. Viele Frauen bildeten sich nach Jahren im Gemütlichkeitskosmos ein, sie fänden Nähen, Cupcakes backen und Eulen malen toll. Das sei vollkommen okay, solange sie sich für die Zeit, die sie zu Hause bei den Kindern bleibt, einen Rentenausgleich von ihrem Mann zahlen lasse, zum Beispiel in Höhe von 1000 Euro im Monat.

„Es ist an den Frauen, sich ihr Stück von der Torte zu nehmen“

„Wenn sie als Paar dann mit 60 noch zusammen sind, können sie das so gesparte Geld zusammen verprassen“, sagt Wilkens. Wenn er sie ein halbes Jahr vorher für eine Jüngere verlasse, sei das halt ihr alleiniger Ausgleich für die jahrelange Care-Arbeit. „Ist das geklärt, dürfen sie so viele Eulen toll finden, wie sie möchten.“ Wilkens findet: Es ist an den Frauen, sich ihr Stück von der Torte selbstbewusst zu nehmen!

Also doch vielleicht einfach Yogalehrerin werden? Viele wollen das nach der Babypause. Wilkens sagt ihnen dann, dass es einen Unterschied mache, ob sie selbst den Hund turnten oder eine Gruppe ungelenkiger Menschen mit Schweißfüßen dazu animieren müssten. Und das 40 Jahre lang, in der Yoga-typischen Monotonie…

Sich neu erfinden, dabei aber realistisch bleiben

Manche wollen das wirklich. Andere wissen schon an dieser Stelle der Beratung, dass das vielleicht eine Schnapsidee war. Hier, findet Wilkens, könnten sich Frauen eine Scheibe von den Männern abschneiden. Nicht nur, was das Selbstbewusstsein über die Leistungen in ihrem Job angeht. Sondern auch in Sachen Job-Inhalt.

Nur weil sie gerne angeln gingen, wollten die meisten Männer trotzdem nicht Hochseefischer werden. Sie blieben in ihrem Job, weil sie wirtschaftlich denken und Geld verdienen wollen. Das Angeln behalten sie sich bei. Als Hobby. In der Rente werden sie dann genug Zeit und Geld dafür haben.

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Buchtipp: Katrin Wilkens, „Mutter schafft!“, Westend Verlag, 2019

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