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Wild, zart, voller LebenFotograf dokumentiert, wie das Leben mit Söhnen ist

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Rockmusik im Kinderzimmer gehört natürlich dazu. 

Köln – Das Leben mit Söhnen ist garantiert nie langweilig. Sie sind wild und forsch, haben immer Steine und Stöcke dabei, sind aber auch unglaublich anschmiegsam und liebevoll.

Der Fotograf Oliver Raschka aus Stuttgart begleitet das Heranwachsen seiner beiden Söhne (acht und elf Jahre alt) schon lange mit der Kamera. Daraus ist jetzt das Fotobuch "The World Ain't Enough" entstanden. Raschkas Ziel: „Keine Inszenierung, kein Posing. Schnappschüsse aus dem echten Leben: zu Hause, beim Spielen, nach der Schule, beim Sport, beim Einkaufen. Eine visuelle Soziologie des Alltags. Als stiller Beobachter spüre ich dem täglichen Hier und Jetzt meiner Kinder nach, die heute acht und elf Jahre alt sind. In diesem Fall nicht als Vater, sondern als Fotograf.“

Getrieben von Abenteuerlust

Im Buch erinnert sich Raschka an eine Situation aus seiner Kindheit: Mit seinen Eltern ist er auf dem Weg in den Sommerurlaub nach Spanien, die Familie hält an einer Autobahnraststätte. Raschka ist damals drei und entfernt sich, getrieben von Abenteuerlust, unbeobachtet vom Picknickplatz, um die Raststätte zu erkunden. Diesen Entdeckerdrang habe er auch an seinen Söhnen beobachtet. "Mir fällt immer wieder auf, wie körperlich präsent die Jungs auf Bildern wirken. Tatsächlich nimmt die tägliche Auseinandersetzung mit der eigenen Kraft, Aggression und natürlichen Sexualität eine bedeutende Rolle in ihrem Leben ein. Es ist faszinierend, ihre Entwicklung vom Jungen zum Mann so eng mit erleben zu können", sagt Raschka.

Von ihnen lerne er jeden Tag: „Sie führen mir die besondere Leichtigkeit, die nur dem Kindsein innewohnt, vor Augen. Es ist ein bedingungsloses Leben im Hier und Jetzt: die absolute Hingabe und Freude am Moment, aber auch das Gefangensein in scheinbar auswegloser Verzweiflung."

Szenen aus dem Alltag, fern von Inszenierung

Die Schwarz-Weiß-Bilder sind in den ersten zehn Jahren mit seinen Söhnen entstanden und zeigen Szenen aus dem Alltag, beim Einkaufen, nach dem Sport oder nach der Schule, fern von Inszenierung. Raschka dazu: „Im Gegensatz zu meinen Eltern und Großeltern möchte ich das Familienleben so ungefiltert wie möglich einfangen, um es überhaupt erst sichtbar werden zu lassen: kein Posen am neuen Auto, kein „Aufstellen der Reihe nach“, bis das „perfekte“ Bild gemacht ist. Wenn ich durch die Familienalben meiner Eltern und Großeltern blättere, beschleicht mich manchmal das Gefühl, dass nicht wir Kinder oder die Familie im Mittelpunkt der Aufnahmen stehen, sondern die Landschaft, der Ferienstrand oder das Schloss im Hintergrund. Im Deutschland der 1970er und 1980er Jahre ging es manchmal mehr um das 'Später-zeigen-können', was man hat und wo man war. Das will ich nicht. Ich möchte mich bei meiner Arbeit auf die Kinder mit all ihrer Persönlichkeit konzentrieren.“

Und weiter: „Mit dem Buch will ich in komprimierter, aber erzählerischer Form zeigen, welche besonderen Momente das Alltagsleben beinhaltet. Es geht mit nicht um die exotischen Momente in Urlauben, sondern um neue Sichtweisen des Alltags. Ich will ja keine gestellten Posen einfangen, sondern die ungefilterten Alltagsmomente“, beschreibt Raschka seine Motivation. Da er sehr unauffällig, dosiert und schnell agiere, seien die Kindern auch nicht von der Fotografiererei genervt.  

Vater und Söhne haben viele ähnliche Interessen

„Das Leben mit meinen Jungs ist jeden Moment bereichend, seien es die schönen oder nicht so schönen Momente. Vieles von dem, was sie tun und empfinden erinnert mich sehr an meine Kindheit. Wir haben an vielen Themen das gleiche Interesse, vieles setzen wir gemeinsam um, wie etwa Lager im Wald bauen, biken, verkleiden oder wandern“, erzählt Raschka. 

Die Beziehung seiner Söhne zueinander beschreibt er als sehr innig mit allen Facetten. Er sagt: „Das Buch zeigt, wie die Jungs als Brüder funktionieren. Ihre Beziehung ist durch Innigkeit, Körperlichkeit, aber auch ganz klar mit den typischen Abgrenzungsspielchen verbunden. Wahrscheinlich hätte ich auch das Buch 'Brüder' nennen können.“ 

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Klammer für die Kindheitsphase

Die Fotos aus den ersten zehn Jahren der Jungs sind für Raschka auch eine Art Klammer für die Kindheitsphase, die bei seinen Söhnen langsam aber sicher in die Pubertät übergeht. Raschka hat vor dieser Zeit keine Angst, er sieht seine Familie auf einem sehr guten Weg und hofft, dass er das Projekt noch lange fortführen kann: „Ich freue mich jedenfalls auch die neuen Bilder dieses aufregenden Lebensabschnitts zeigen zu können.“ Raschka selbst sagt über das Buch: „Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, unser Familienleben als Vater und als Fotograf zu dokumentieren. Die Zeit rast. Die Eroberung der Welt geht weiter." 

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