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Wütende Kinder„Am wichtigsten ist es, die Gründe zu verstehen und Kontakt zu halten”

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Oft reicht eine Kleinigkeit, schon ist das Kind wütend. 

  • Für manche Kinder reicht ein Gummibärchen in der falschen Farbe, um einen Wutanfall zu bekommen.
  • Mitten in der Raserei ist es oft schwer, die wahren Gründe der Wut zu erkennen. Außerdem lassen sich Eltern manchmal von den Emotionen mitreißen.
  • Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Désirée Beumers aus Bergisch Gladbach gibt Tipps, wie Eltern zornigen Kindern am besten helfen können.

Köln – Manchmal reicht ein Gummibärchen in der falschen Farbe für einen Wutausbruch. Ein anderes Mal bekommt man ein Eis mit einem falschen Löffel serviert. Oder die Legosteine passen nicht so zusammen, wie sie sollen. Oder der Fernseher wird ausgemacht. Es gibt Kinder, die bei vermeintlichen Kleinigkeiten in Rage geraten. Warum ist das so und wie geht man damit um?

Kinder müssen noch lernen, mit ihrer Wut umzugehen

„Kinder sind wütend, genau wie Erwachsene auch. Nur haben Erwachsene inzwischen eine gesellschaftlich akzeptierte Form gefunden, um mit dieser Wut umzugehen. Kinder müssen das noch lernen“, erklärt die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Désirée Beumers aus Bergisch Gladbach. Sie sagt auch: „Wut ist eine normale und wichtige Emotion. Sie wird heutzutage nur immer weniger ausgehalten.“

Herausfinden, warum das Kind so wütend ist

Wie geht man als Eltern am besten damit um, wenn das eigene Kind immer wieder in Rage gerät? „Zunächst müssen Sie herausfinden, warum das Kind überhaupt wütend ist“, sagt Beumers. Kinder kennen ganz oft ihre Wünsche, aber nicht die zugrunde liegenden Bedürfnisse. „Das Eis zu kriegen, ist ein Wunsch, aber das Bedürfnis ist, versorgt zu werden. Das können Kinder nicht auseinander halten. 

Natürlich geht es nicht darum, immer alle Wünsche direkt zu erfüllen, sondern die Bedürfnisse zu erkennen“, so Beumers. Wichtig sei zudem, den Kindern auf Augenhöhe zu begegnen und ihnen zu erklären, warum sie etwas nicht dürfen. So gelinge es leichter, Regeln zu akzeptieren.

Mitten in einem Wutanfall sei es manchmal schwierig, das eigentliche Problem zu erkennen. Eltern sollten wenn möglich trotzdem Verständnis zeigen. Wenn sie das Kind sprachlich gerade nicht erreichen, sollten sie einfach ruhig neben ihm sitzen bleiben und – wenn es das Kind zulässt - Körperkontakt halten. 

Die Eltern entfernen sich aus der Situation, nicht das Kind

Nicht immer gelingt das, denn manche Eltern lassen sich von der Wut des Kindes anstecken und ärgern sich, dass der Anfall die Tagespläne durcheinander wirft. Wenn die eigenen Emotionen zu groß werden, sollte man sich unbedingt aus der Situation entfernen, dies dem Kind aber unbedingt mitteilen und es kurz in Ruhe lassen. Wichtig: Die Eltern entfernen sich, nicht das Kind wird weg geschickt.

Zudem sei die richtige Kommunikation entscheidend, zum Beispiel so: „Diese Situation macht mich so wütend, ich muss mich kurz beruhigen gehen. Aber wenn auch du dich beruhigt hast, kannst du jederzeit wieder zu mir kommen.“ Gerade nach einem Wutanfall müssen Kinder sich rückversichern können, dass sie immer noch geliebt werden und immer noch in Ordnung sind, auch wenn sie manchmal Verhalten zeigen, das die Eltern nicht gerne haben. 

Wenn Eltern immer wieder von der Wut mitgerissen werden, sollten sie sich Hilfe holen

Manchmal schafft man es nicht, genug Verständnis aufzubringen und wird selbst wütend. „Das können die Kinder auch ruhig mal sehen. So lernt das Kind, dass die Wut ausgedrückt werden darf. Wichtig ist nur, dass man anschließend zu dem Kind sagt, dass man in seiner Wut hätte anders reagieren sollen und dass man zu seinen eigenen Fehlern steht“, sagt Beumers.

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Wenn Eltern immer wieder von der Wut des Kindes mitgerissen werden, sollten sie sich bei Familienberatungsstellen, beim Jugendamt oder auch bei einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten beraten lassen. Beumers: „Holen Sie sich Hilfe und haben Sie keine Angst, dass Sie als schlechte Eltern dastehen! Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Eltern haben die Verantwortung dafür, das Miteinander gut zu gestalten. Und wenn sie da Hilfe brauchen, ist es ihre Verantwortung, sich Hilfe zu suchen. Das sind sie ihren Kindern schuldig.“

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