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Kinder-BetreuungWelche Rechte Eltern beim Kita-Streik haben

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Der fünfjährige Benjamin demonstriert für eine bessere Bezahlung der Erzieher.

Der fünfjährige Benjamin demonstriert für eine bessere Bezahlung der Erzieher.

Anstrengende Zeiten für Eltern: In vielen kommunalen Kitas wollen die Erzieherinnen und Erzieher streiken. Welche Rechte haben Berufstätige, wenn der Kindergarten geschlossen ist? Dürfen sie beim Kita-Streik zu Hause bleiben? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Darf man sein Kind mit ins Büro nehmen?

Ob berufstätige Eltern ihr Kind mit an den Arbeitsplatz nehmen dürfen, hängt vom Betrieb ab. Einfach mit dem Nachwuchs morgens am Schreibtisch aufzutauchen, ist keine gute Idee. In jedem Fall müssen Beschäftigte so etwas vorher mit ihrem Chef absprechen, rät Ulrich Kanders, Geschäftsführer und Arbeitsrechtler beim Essener Unternehmensverband (EUV).

Haben Eltern bei einem Kita-Streik Anspruch auf Freistellung von der Arbeit?

Das ist nicht mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht in Paragraph 616 zwar vor, dass ein Arbeitnehmer,  der aus einem „nicht in seiner Person liegenden Grund“ – also etwa wegen eines Streiks – für eine „nicht erhebliche Zeit“ der Arbeit fernbleibt, sogar Anspruch auf Lohnfortzahlung hat.  

Als nicht erhebliche Zeit werden in der Regel zwei bis drei Tage veranschlagt. Allerdings sind berufstätige Eltern verpflichtet, zuvor andere Möglichkeiten der Kinderbetreuung auszuloten, um ein Fernbleiben von der Arbeit möglichst zu vermeiden. Zudem ist der Paragraph „vertraglich abdingbar“. Soll heißen: In arbeits- oder auch tarifvertraglichen Vereinbarungen kann davon abgewichen werden.

Gibt es in Tarifverträgen abweichende Bestimmungen?

Ja. Ein Beispiel ist der Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst der Kommunen, der auch für viele Erzieherinnen und Erzieher maßgeblich ist. Dort wird konkretisiert, in welchen Fällen besagter Paragraph 616 BGB Anwendung findet: Für die Niederkunft der Ehefrau kann der Arbeitnehmer zwei bezahlte Arbeitstage frei nehmen. Das gleich gilt beim Tod des Ehegatten.

Für dienstlich begründete Umzüge, 25- und 40-jährige Arbeitsjubiläen sowie die schwere Erkrankung von Angehörigen gibt es je einen Arbeitstag. Von Streiks ist aber nicht die Rede. Allerdings kann der Arbeitgeber „in sonstigen dringenden Fällen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts“ von bis zu drei Arbeitstagen gewähren. Kurzfristig ist zudem ein unbezahltes Fernbleiben aus dringendem Grund möglich.

Gilt das auch für Kita-Streiks?

Im Grundsatz schon. Schließlich haben die Eltern eine Aufsichtspflicht für ihre Kinder. Deren Wohl zu gewährleisten stellt einen ausreichend wichtigen Grund zum Fernbleiben von der Arbeit dar. Arbeitsrechtler raten in jedem Fall dazu, den Arbeitgeber möglichst frühzeitig zu informieren, wenn sich wegen Kitastreiks Fehlzeiten oder Verspätungen abzeichnen.

Zudem müssen Eltern wie erwähnt prüfen, ob nicht andere Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, etwa durch Verwandte, Tagesmütter oder gleichfalls betroffene Eltern. Dies gilt besonders dann, wenn der Arbeitsaustand mit längerem Vorlauf, beispielsweise einer Woche, angekündigt wurde. In solchen Fällen entfallen nämlich die Ansprüche aus § 161 BGB ganz.

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Was machen Eltern, die keine Ersatzbetreuung organisieren können?

Ihnen bleibt im Notfall nur übrig, Urlaub zu nehmen. Diesen kann der Chef auch nicht versagen, wenn andernfalls Kinder im Kita-Alter unbeaufsichtigt blieben. Ausloten können Arbeitnehmer, ob sie sich für den Zeitraum des Streiks unbezahlt freistellen lassen können. Auch Home-Office oder der Abbau von Überstunden sind möglich. Anspruch auf eine Sonderbehandlung haben Arbeitnehmer dabei aber nicht. Es liegt laut dem Essener Unternehmensverband im Ermessen des Arbeitgebers, ob er dem zustimmt oder nicht.

Können Kita-Beiträge bei Streiks zurück verlangt werden?

Die Kita ist geschlossen, dann kann ich doch die Gebühren zurückfordern? Das ist meist nicht der Fall. „Zumindest haben Eltern keinen Rechtsanspruch darauf“, sagt Ronald Richter, Rechtsanwalt in Hamburg. Allenfalls können Eltern auf die Kulanz ihrer Kommune hoffen.

Grundsätzlich kann der Staat nur Beiträge erheben, wenn er eine Gegenleistung dafür zur Verfügung stellt, die der Beitragszahler auch nutzen kann. Im Fall einer bestreikten Kita ist die Nutzung derselben aber unmöglich. Auf dieser Grundlage können Rückerstattungen eingefordert werden. Ob diese dann bewilligt werden, hängt von den Gesetzen der einzelnen Bundesländer ab. (nachträglich ergänzt mit dpa)

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