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„Grundschüler brauchen kein Deo“Wie oft sollen sich Kinder waschen?

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Kinder

Symbolfoto

Manche Kinder sind Waschmuffel, andere wollen in der Pubertät täglich duschen: Was bei der Körperhygiene entscheidend ist.

Frau Ilschner, wie bringt man Kindern am besten Hygiene bei? Es lohnt sich, schon früh Rituale einzuführen und diese positiv als Selbstverständlichkeit vorzuleben, nicht als lästige Pflicht. Dies gilt zum Beispiel für das tägliche Waschen am Morgen und Abend. Sonst ist die Schwelle irgendwann zu groß und die Kinder fragen sich, wenn sie älter werden: „Warum soll ich mich überhaupt waschen? Ich sehe doch gar nicht schmutzig aus.“

Was können Eltern tun, wenn sich das Kind vehement gegen Wasser sträubt? Am besten mit einbeziehen. Also das Kind zum Beispiel auswählen lassen: Welches Handtuch nehmen wir heute, das weiße oder das rosafarbene? Malseife kann auch hin und wieder eine schöne Sache sein: Sie macht das Einseifen besser sichtbar und das finden die meisten Kinder spannend. Es ist wichtig, dass die Waschrituale zu Hause gleich oder ähnlich sind wie in der Kita, wenn also an beiden Orten etwa gilt: Vor dem Essen werden sich die Hände gewaschen. Ideal ist es, wenn die Körperhygiene zum automatisierten Prozess wird wie das Zähneputzen.

Carola Ilschner koordiniert das Projekt „Hygiene-Tipps für Kids“ am Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn.

Welche Hygieneregeln sind wirklich wichtig in der Familie? Das Händewaschen sollte wirklich gründlich sein, weil es die wichtigste Maßnahme zur Infektionsprävention ist. Kurze Fingernägel verhindern nicht nur Verletzungen, sondern auch, dass sich der Dreck festsetzen kann. Jedes Familienmitglied sollte sein eigenes Handtuch haben und dieses so aufhängen, dass es schnell trocknet. Handtücher immer bei mindestens 60 Grad und mit Vollwaschmittel waschen. 30 Grad und Flüssigwaschmittel reichen nicht aus.

Sollten Kinder besser duschen oder baden? Duschen ist besser für die Umwelt, weil meist weniger Wasser verbraucht wird, und hat auch einen größeren mechanischen Effekt: Die Keime und der Schmutz werden gleich weggespült. Am besten arbeitet man sich dabei von oben bis unten vor. Man muss übrigens nicht den gesamten Körper komplett einseifen. Eine kleine Menge Duschgel reicht aus.

Und an welchen Stellen genau sollte das Duschgel zum Einsatz kommen? Besonders viele Keime gibt es da, wo Haut auf Haut liegt: Achseln, Damm, Analfalte. Den Wasserstrahl beim Reinigen des Intimbereichs immer von vorne nach hinten richten. Auch die Schweißrinne am Rücken sollte nicht vergessen werden, also der Bereich, wo Sportler typischerweise viel schwitzen. Viele denken beim Duschen nicht an die Füße, auch sie sollten gründlich eingeseift und die Zwischenräume später gut abgetrocknet werden.

Manche Jugendliche wollen jeden Tag duschen. Ist das okay? Ja, wenn das Wasser nicht zu heiß ist und an der Haut nicht kräftig gerubbelt wird. Die Körperpflegeprodukte sollten auf den Hauttyp abgestimmt sein und keine allergisierenden Parfüm-, Farb- oder Duftstoffe enthalten. Dreimal die Woche duschen ist ein Richtwert (siehe Kasten rechts), es kommt immer auf den Einzelfall an: ob das Kind viel schwitzt, ob es Sport gemacht hat, ob es Neurodermitis hat, ob es an dem Tag sehr heiß war oder nicht. Bei Mädchen kommt es natürlich auch auf die Monatshygiene an. Letzten Endes geht es beim häufigeren Duschen aber primär um das Wohlfühlen in der eigenen Haut.

Ab wann sollten Kinder Deo benutzen? Nach persönlichem Empfinden. Der unangenehme Körpergeruch entsteht durch Bakterien, die den Schweiß zersetzen, das setzt ein mit der Umstellung der Hormone in der Pubertät oder Vorpubertät. Bei Mädchen kann das schon mit neun oder zehn Jahren sein. Im Grundschulalter ist Deo aber noch nicht nötig.

Viele Teenies nebeln sich ja gerne exzessiv in Sprühdeo-Wolken ein. Ja, vor allem nach dem Schulsport, weil sie die Duschen dort nicht benutzen wollen oder weil dafür keine Zeit ist. Ein Wechsel-T-Shirt ist dann in jedem Fall zu empfehlen. Wichtig aus hygienischer Sicht ist, Deoroller nicht untereinander zu tauschen, genauso wenig wie Lippenstifte oder Labellos. Sonst können Keime oder Herpes übertragen werden.

Sind wir nicht längst im Hygienewahn angekommen? Die Drogerieregale sind voll von Duschgels und Körperlotionen. Es besteht eine Ambivalenz. Einerseits gibt es diese vielen Körperpflegeprodukte, andererseits heißt es, die Kinder sollten wieder mehr im Dreck spielen. Aber auch Bauernhofkinder waschen sich nach dem Spielen im Stall die Hände und genau das ist entscheidend. Matschen ist natürlich in Ordnung, aber wir sollten unseren Kindern schon früh beibringen, dass es Hygieneregeln gibt wie das Händewaschen. Und dass sie sich nicht mit dreckigen Händen an Mund, Auge oder Nase fassen, weil über diesen Weg besonders häufig Infektionen übertragen werden.

Tipps zur Körperhygiene bei Kindern

Pauschalempfehlungen, die für alle gelten, gibt es nicht, da Körperhygiene immer individuell ist und auch auf Hauttyp, Gesundheitszustand und weitere Faktoren ankommt.  Aber für alle Kinder und Erwachsenen ist  es sinnvoll, täglich das Gesicht und den Intimbereich zu waschen. Babys und Kleinkinder Bei Bedarf baden, ansonsten ist einmal pro Woche  ausreichend. Grundschulkinder  Bei Bedarf baden oder duschen, sonst ist ein- bis zweimal pro Woche ausreichend. Jugendliche Wenn Gesicht, Achseln und Intimbereich täglich gewaschen werden, reicht es, dreimal die Woche und nach Bedarf (etwa nach dem Sport) zu duschen. www.hygiene-tipps-fuer-kids.de

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