Erstmals nachgewiesenDieses Bakterium lässt Achselschweiß streng riechen

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Es ist nicht der Schweiß selbst, sondern ein Bakterium, das ihn stinken lässt, wie Wissenschaftler jetzt herausgefunden haben.

  • Es ist nicht der Schweiß, der riecht, es ist ein Bakterium dafür verantwortlich, das haben Wissenschaftler jetzt herausgefunden.
  • Die gute Nachricht: Das könnte sich gezielt bekämpfen lassen.
  • In unserer Kolumne „Aus der Praxis“ erklärt der Neurologe und Autor Dr. Magnus Heier die neuesten Forschungsergebnisse.

Köln – Achselschweiß kann sehr, sehr unangenehm riechen. Aber wie so vieles im und am Körper ist auch dies sehr viel komplizierter. Es fängt schon damit an, dass die Beobachtung nicht stimmt: Achselschweiß riecht nämlich nach nichts! Bei Niemandem!

Dass es trotzdem sehr streng aus der Achselhöhle stinken kann, liegt an einem Abbauprodukt des Schweißes. Verantwortlich dafür sind Bakterien, konkret: Staphylokokkus hominis. Diese Bakteriengruppe ist nur ein kleiner Teil der bakteriellen Großfamilien, die die menschliche Haut besiedeln. In der Achselhöhle produzieren sie aus Schweiß Thioalkolhole – als Nebenprodukt ihres Stoffwechsels. Und diese können sehr streng riechen.

Stinkende Alkohole

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Dr. Magnus Heier

Dass Staphylokokkus hominis für den typischen Achselschweißgeruch verantwortlich ist, haben Wissenschaftler jetzt bewiesen (und damit die Hoffnung geweckt, diese Bakterien gezielt zu bekämpfen). Staphylokokkus hominis verwandelt eine Komponente des Schweißes mit dem schönen Namen Cys-Gly-3M3SH in die stinkenden Alkohole. Allerdings tun sie das nicht von Anfang an und auch nicht überall.

Der Mensch hat nämlich zwei Arten von Schweißdrüsen: Die ekkrinen Drüsen produzieren wässrigen Schweiß und verteilen ihn auf der Haut, wo er verdunstet und dadurch kühlt – er riecht nicht. Die apokrinen Schweißdrüsen dagegen, man spricht auch von Duftdrüsen, produzieren ein Sekret und münden in Haarfollikeln, etwa in den Achselhöhlen oder im Genitalbereich. Deren Funktion ist nach wie vor nicht vollständig geklärt. Allerdings weiß man, dass die Produktion dieser apokrinen Schweißdrüsen erst mit der Pubertät beginnt (und der unangenehme Schweißgeruch entsprechend auch erst dann entsteht).

Seit Millionen von Jahren

Dass es wirklich die genannten Staphylokokken sind, die den Schweiß stinken lassen, konnten die Forscher auf elegante Weise nachweisen: Sie verpflanzten ein Enzym dieses Bakteriums in einen nahen Verwandten, Staphylokokkus aureus. Und tatsächlich verwandelten diese ansonsten „unauffälligen“ Bakterien den Achselschweiß plötzlich auch in die stinkende Form. Genetische Analysen legen nahe, dass diese Fähigkeit vor Millionen von Jahren entwickelt wurde. Und das wiederum lässt vermuten, dass die Menschheit seit Millionen von Jahren stinkt.

Signal für sexuelle Fitness 

Vielleicht aber ist dieser letzte Satz in gewisser Weise falsch. Es kann sein, dass die Sekrete der apokrinen Duft- oder Schweißdrüsen (nicht nur die stinkenden Thioalkohole) Informationen transportieren. Dass Achselschweißgeruch in der ursprünglichen Wahrnehmung kein Gestank war, sondern ein Signal. Eines, das nach der Pubertät die Geschlechtsreife anzeigt? Oder sexuelle Fitness beweisen kann? Oder eines, das viel differenzierte auch aktuelle Gefühle riechbar macht?

Immerhin riecht „Angstschweiß“ unterscheidbar anders! Vermutlich haben wir nur die Fähigkeit verloren, die differenzierte Sprache der Gerüche zu verstehen. Oder wir werden uns dieser Signale nicht mehr bewusst. Und die Kosmetik tut das Ihrige dazu, die Düfte unriechbar zu machen. Gut für die empfindliche Nase! Schlecht für das Zwischenmenschliche!

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