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Im SupermarktWarum sind manche Kassenzettel jetzt blau?

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Seit 2020 gibt es eine Bonpflicht – in herkömmlichen Kassenzetteln stecken gesundheitsgefährdende Chemikalien. Neue blaue Bons sollen umweltfreundlicher sein (Symbolbild).

Köln – „Brauchen Sie den Kassenzettel?“ Diese Frage hören Kunden seit der Bonpflicht 2020 häufiger. Viele sind von den Kassenzetteln genervt – schließlich sammeln sie sich oft in der Tasche oder landen nach wenigen Sekunden im Müll. Problematisch sind auch gesundheitsgefährdende Stoffe in den Kassenzetteln. In Biosupermärkten, bei Edeka und Netto sind die Bons deshalb seit einiger Zeit nicht mehr weiß, sondern gräulich-blau. Dieses Papier soll kunden- und umweltfreundlicher sein.

Kassenzettel – Bisphenol A und Bisphenol S

Bisher wurde bei dem Thermopapier, auf das Kassenbons gedruckt werden, die Chemikalie Bisphenol A (BPA) eingesetzt. Mittlerweile sind viele Hersteller auf Bisphenol S (BPS) umgestiegen. Die Chemikalien dienen als Farbentwickler im Thermopapier. Die EU stufte Bisphenol A Ende 2018 als „besonders besorgniserregend“ ein. Seit Januar 2020 darf BPA deshalb nicht mehr in Kassenzetteln in der EU verwendet werden, doch auch der jetzt vielfach verwendete Stoff BPS ist umstritten. Dieser steht ebenfalls in Verdacht, ähnlich „schädliche Wirkungen auf die Gesundheit zu haben wie BPA“, schreibt die Europäische Chemikalienagentur Echa. Welche dies genau seien, werde derzeit noch untersucht.

Im Gegensatz zu den herkömmlichen, weißen Kassenzetteln, soll das blaue Thermopapier ganz ohne chemische Farbentwickler auskommen, wie es auf der Webseite von Edeka Südwest heißt. Das Unternehmen erklärt, dass diese Kassenzettel auch unbedenklich seien, wenn sie mit Lebensmitteln in Kontakt kämen.

Chemikalie gilt als krebserregend

Das Problem bei weißen Kassenbons mit Bisphenol: Beim Erhitzen in Kassen- oder Ticketautomaten wird nur ein Teil dieser Chemikalien verbraucht, der Rest verbleibt in ungebundener Form auf der Papieroberfläche. Bei den Stoffen BPA und BPS handelt es sich um Hormongifte, die potenziell gesundheitsgefährdend sein können.

Nach Angaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nehmen wir BPA vor allem über die Nahrung auf. Die zweitgrößte Quelle ist laut EFSA aber der Hautkontakt mit Thermopapieren – wie etwa Kassenzetteln. Einmal aufgenommen, entfaltet BPA im Körper eine östrogen-ähnliche Wirkung: Die Chemikalie gilt als Mitauslöser von hormonell bedingten Krebsarten wie Brust-, Hoden- oder Prostatakrebs, für Diabetes Typ 2, Fehlbildung der Geschlechtsorgane und Übergewicht.

Große Gefahr für ungeborene Kinder und Kleinkinder

Vor allem Schwangere, die an ihren Arbeitsplätzen mit Kassenbons und anderen Bisphenol-belasteten Schriftstücken in Berührung kämen, würden inakzeptablen Risiken ausgesetzt, denn besonders gefährdet durch BPA seien Ungeborene, warnte der Umweltverband BUND . Eine niederländische Studie belegte 2016, dass BPA das Immunsystem von Ungeborenen im Mutterleib und von Kleinkindern angreifen kann.

Aus diesem Grund seien Betroffene später anfälliger für Lebensmittelallergien, Infektionskrankheiten oder Lernstörungen. Der Stoff sei bei über 90 Prozent der Einwohner von Industriestaaten im Blut und im Urin nachweisbar.

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Belege möglichst nur kurz in die Hand nehmen

Was können Verbraucher selbst tun, um die BPA oder BPS-Belastung möglichst gering zu halten? Der BUND gibt Tipps:

  • Vermeiden Sie plastikverpackte Lebensmittel oder Konserven
  • Füllen Sie kein heißes Wasser in Plastikgefäße oder stellen Plastikgefäße in die Mikrowelle
  • Nehmen Sie Kassenbons nur so kurz wie möglich in die Hand
  • Waschen Sie sich nach dem Kontakt mit Kassenbons die Hände

Übrigens: Kassenzettel und entwertete Fahrkarten gehören nicht ins Altpapier, sondern aufgrund des Bisphenols in den Restmüll. Landet Bisphenol im Recyclingprozess, kann es im Ökosystem Grundwasser und Böden belasten. Auch da sollen die neuen blauen Kassenbons Abhilfe schaffen – sie kommen ohne die Chemikalien aus und können laut Edeka im Altpapier entsorgt werden. (sar/chy/rha)

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