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In Sachen LiebeMuss ich Angst um ihn haben?

Lesezeit 4 Minuten
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Motorradfahrer leben gefährlich.

  • Unser Experte erklärt, dass die Angst um den Partner komplexer ist als man denkt. Wen es sehr stark beschäftigt, dass etwas Schlimmes passieren kann, hat ein ganz anderes Problem.
  • Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man die Angst vor einer Tragödie des Partners überwindet.

Mein neuer Freund ist seit langem begeisterter Motorradfahrer. Jedes Mal, wenn er losfährt, habe ich Angst um ihn. Eigentlich will ich, dass er sich – auch unseretwegen – nicht ständig in diese Gefahr begibt. Aber ich weiß nicht, ob ich das von ihm verlangen kann. Was meinen Sie?

So eindeutig kann ich Ihre Frage nicht beantworten. Doch vielleicht möchten Sie mir bei einer Auffächerung des Themas folgen, und möglicherweise finden Sie dabei Ideen für Lösungsansätze.

Wieso machst du dir keine Sorgen?

Neulich saß ich zum Essen mit Freunden zusammen. Einer von ihnen ist ebenfalls leidenschaftlicher Motorradfahrer, zwei weitere Freunde sind begeisterte Rollerfahrer. Irgendwann kamen wir auf das Thema „riskante Hobbys und der Umgang damit in Partnerschaften“. Ich horchte auf und dachte an Ihre Frage. Plötzlich sagte unsere Freundin, die Partnerin des Motorradfahrers: „Ich mache mir überhaupt keine Sorgen.“ – „Wieso eigentlich nicht?“, fragte mein Freund ganz spontan entrüstet. „Weißt du überhaupt, in welche gefährlichen Situationen wir da manchmal geraten?“ Uppps... Das sollte ein Scherz sein, traf allerdings einen Punkt. „Ich habe dich immer für einen umsichtigen Fahrer gehalten“, sagte sie. Er: „Bin ich ja auch. Trotzdem muss man hin und wieder brenzlige Situationen managen.“ Tja.

Motorradfahren ist ein riskantes Hobby, da muss ich überhaupt keine Statistiken zitieren, so oder so, mehr oder weniger, unter Berücksichtigung des Fahrstils, in Abhängigkeit von anderen Verkehrsteilnehmern. Rollerfahren ist auch gefährlich. Und Fahrradfahren auch, insbesondere ohne Helm. Das ganze Leben ist ziemlich gefährlich. Und Menschen reagieren darauf mehr oder weniger ängstlich, je nach ihren Lebenserfahrungen.

Ängste hängen mit Erfahrungen zusammen

Sie scheinen eher zu den ängstlichen Menschen zu gehören. Nur in Bezug auf das Motorradfahren Ihres Partners? Oder generell? Wenn Sie jetzt antworten, „generell“, oder wenn Sie sagen, „ich habe Angst, meinen Partner zu verlieren und dann wieder allein oder gar einsam zu sein“, dann würde ich Ihnen raten, sich mit Ihren Ängsten auseinander zu setzen, sie zu verstehen und gute Strategien zu entwickeln, um sie zu reduzieren. Damit Ihr Leben nicht allzu sehr davon bestimmt wird. Und damit Sie Ihren Partner auch nicht allzu sehr einschränken. Dabei kann möglicherweise auch professionelle Unterstützung hilfreich sein.

Wenn Sie jetzt aber antworten würden: „So schlimm ist es nicht. In bisherigen Partnerschaften und in meinem bisherigen Leben waren meine Ängste kein so großes Problem“, dann schlage ich vor, dass Sie der kleinen Diskussion in meinem Freundeskreis noch einen Moment lang weiter folgen.

Der Angst stellen kann Geborgenheit geben

Eine gute Strategie der Angstbewältigung schilderte die Frau des einen Rollerfahrers: „Früher hatte ich immer große Angst, wenn R.  größere Strecken mit dem Roller zurücklegte. Es half nicht, wenn er versicherte, wie vorsichtig, wie defensiv er fahre. Bis er mir irgendwann vorschlug, mit mir im gemächlichen Tempo genussvoll verkehrsarme Wege und Landschaften mit dem Roller zu durchstreifen. Vorsichtig, wie ich war, besprach ich das mit einer Freundin, die weniger ängstlich war. Sie riet mir: Mach das – es wird Spaß machen! Und so wagte ich es. An einem wunderschönen Frühlingsmorgen schwang ich mich auf den Rücksitz, ich schlang die Arme um meinen Mann und lehnte meinen Kopf an seinen Rücken. Anfangs noch verkrampft, löste sich nach und nach meine Anspannung. Durch die Vorsicht meines Mannes, durch die Geborgenheit vermittelnde körperliche Nähe gelang es mir, die Morgensonne, den Wind, die Natur zu genießen. Das machte mich plötzlich so glücklich, dass ich meine Beine zur Seite ausstreckte und ganz laut Juhuuuu! rief. Es wurde ein schönes, nachhaltiges Erlebnis.“

Eine andere Freundin sagte, das könne sie sich zwar gut vorstellen, aber ihr Ding sei das nicht. Sie würde sich weder auf einen Motorroller und erst recht auf kein Motorrad setzen. Sie finde allerdings, dass man die Leidenschaft des Partners für ein Hobby respektieren und es ihm gönnen müsse.

„Ich würde mir wünschen“, sagte ein weiterer Freund, der mal als Chirurg in der Notfallambulanz gearbeitet und so manchen Motorradfahrer „zusammengeflickt“ hat, „ich würde mir wünschen, dass meine Partnerin ihr riskantes Hobby meiner Sorge wegen aufgibt, aber ich glaube, verlangen kann man das nicht.“

Ein ganzer Strauß von Aussagen, ein Bündel von Möglichkeiten: Hat etwas davon Sie angesprochen, Sie berührt? Wenn ja: Gehen Sie dem nach! Denn auf dieser Spur können Lösungsimpulse für Sie liegen.

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