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KinderlosigkeitStress als Ursache für Unfruchtbarkeit

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Bleibt die gewünschte Schwangerschaft aus, kann das körperliche aber auch psychische Ursachen haben. (Bild: dpa)

Bleibt die gewünschte Schwangerschaft aus, kann das körperliche aber auch psychische Ursachen haben. (Bild: dpa)

Ein Kind wird von vielen Paaren als Krönung ihres gemeinsamen Glücks gesehen. Doch nicht bei allen klappt es mit dem schwanger werden so einfach: Statistisch gesehen leiden derzeiteuropaweit etwa 15 Prozent der Paare unter einem unerfüllten Kinderwunsch. Der Grund ist nicht zwingend die Sterilität eines oder beider Partner, oft liegt lediglich eine „Subfertilität“ vor – eine verminderte Fruchtbarkeit. Ihre Ursachen sind meist physischer Natur, aber auch der Lebenswandel der Betroffenen, ihr Alter und die Psyche können eine Rolle spielen.

Wer über eine längere Zeit hinweg vergeblich an seinem Kinderwunsch arbeitet, sollte einen Facharzt konsultieren. „Oft lassen sich schon durch eine gute Anamnese Rückschlüsse daraufziehen, warum es nicht klappt“, erklärt Reinhard Hannen, Gründer desKinderwunschzentrums Berlin. Abgefragt werden relevante Vorerkrankungen oder Operationen - etwa eineGebärmutterhalsentzündung oder eine Prostata-OP - sowie verräterische Symptome, wie starke Unregelmäßigkeiten im Zyklus. „Sie können beispielsweise darauf hinweisen, dass eine Frau zu viel männliche Hormone hat, was ihre Chance, schwanger zu werdenReduziert“, erklärt Hannen.

Zu viele Pfunde stören den Hormonhaushalt

Zur differenzierten Diagnose müssen beide Partner untersucht werden. Unter anderem werden dabei die Spermienqualität des Mannes und die Durchgängigkeit des weiblichen Eileiters geprüft. Ist der Grund für das Ausbleiben einer Schwangerschaft tatsächlich physischerNatur, gibt es heute etliche Therapiemöglichkeiten, um den Kinderwunsch der Betroffenen dennoch zu erfüllen: etwa eine Hormonbehandlung bei Zyklusstörungen, oder eine In-Vitro-Befruchtung, wenn die Spermien zu langsam sind.

Manche der körperlichen Gründe für eine eingeschränkte Fruchtbarkeit sind Folgen einer Erkrankung oder Veranlagung, andere sind selbst verursacht und somit beeinflussbar. Der Lebenswandel einer Person kann sich auf ihre Fruchtbarkeit auswirken. So etwa das Gewicht - ist jemand stark über- oder untergewichtig habe das Folgen, erklärt Almut Dorn, Psychotherapeutin mit dem Fachgebiet gynäkologische Psychosomatik in Hamburg. Zu viele Pfunde könnten bei beiden Geschlechtern den Hormonhaushalt stören - was Eisprung und Samenbildung beeinträchtigt - zu wenige verursachten oft Zyklusstörungen, beziehungsweise eine reduzierte Spermienzahl.

Generell erhöht eine gesunde Lebensweise die Chancen auf ein Baby. Das fängt bei einer ausgewogenen Ernährung, sowie ausreichend Schlaf und Bewegung an und endet beim maßvollen Konsum von Genussmitteln wie Zigaretten, Kaffee und Alkohol. „Starkes Rauchen führt bei Frauen teils zum Eileiterverschluss, und mit übermäßigem Alkoholkonsum kann die Spermienqualität eines Mannes drastisch sinken“, nennt Hannen Beispiele.

Neben organischen Ursachen oder einem ungünstigen Lebensstil, kommen bei einem unerfüllten Kinderwunsch zwei weitere Störfaktoren ins Spiel: das Alter und die Psyche. Während ersteres unbestreitbar eine Rolle spielt - etwa weil Frauen mit zunehmendem Alter immer weniger Eisprünge pro Jahr haben und die Qualität des Spermas immer geringer wird - ist nicht eindeutig geklärt, ob die Psyche über eine Schwangerschaft entscheiden kann. Fakt ist, dass Teile der psychoanalytischen Forschung es in Betracht ziehen: „Als Kontraindikatoren werden etwa ein erhöhter Stressfaktor, sowie eine zu starke Fixierung auf den Kinderwunsch angenommen“, erklärt Dorn.

Die Psyche spielt eine Rolle

Wenn körperlich kein Hindernis für eine Schwangerschaft gefunden wurde, ist es naheliegend, ein psychisches Problem zu vermuten. Insbesondere weil es Einzelfälle gibt, in denen die Psyche eine Rolle gespielt zu haben scheint: Etwa wenn es mit der Schwangerschaft klappt, nachdem ein Paar Abstand von seinem Kinderwunsch genommenhat.

„Solche Fälle, wie das Eintreten der ersehnten Schwangerschaft nach einer Adoption sind eindrucksvoll“, erklärt Vivian Pramaratoff. Da sie jedoch äußerst selten sind, seien sie kein Beweis. „Es gibt keine sicheren Daten dafür, dass es so etwas wie eine psychogeneSterilität gibt“, betont die Leiterin eines Medizinischen Versorgungszentrums für Gynäkologie und Psychotherapie in München. Eines ist jedoch nicht zu bestreiten: Starker Stress kann bei beiden Geschlechtern im Extremfall zu Störungen des Hormonhaushalts führen.

Darüber hinaus kann psychischer Stress die „Mission Kinderwunsch“ indirekt sabotieren. „Stress und Anspannung stören zuerst die Paarbeziehung und als Folge auch das schwanger werden“, erläutert Pramaratoff. Grund sei, dass die Lust auf Sex unter seelischem Drucksinkt. Die Paare schlafen seltener miteinander und damit sinken die Chancen auf eine Schwangerschaft. Das Gegenmittel heißt Entspannung - und Zeit für harmonische Stunden zu zweit. Schafft man es nicht, alleine zur Ruhe zu kommen, kann der Besuch bei einemPsychotherapeuten helfen.

(dpa)

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