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Kommunikation im KrankenhausÜber Höflichkeit im Mikrokosmos Klinik

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Besonders im Krankenhaus sind gegenseitige Rücksichtnahme und Verständnis wichtig.

Besonders im Krankenhaus sind gegenseitige Rücksichtnahme und Verständnis wichtig.

Köln – Herr Knigge, wie steht es um die Höflichkeit in der Klinik?

Glücklicherweise bin ich nicht oft in solchen Etablissements, deshalb kann ich den aktuellen Zustand nicht wirklich beurteilen. Aber ich höre immer wieder auf Kongressen, dass der Branche sehr bewusst ist, dass in Sachen Kommunikation vieles im Argen liegt. Schon „Guten Morgen“ zu sagen ist ja leider in vielen Kliniken keine Selbstverständlichkeit.

Woran liegt das?

Krankenhäuser bieten einfach für gelungene Kommunikation sehr schwierige Bedingungen. Auf der einen Seite sind dort kranke Menschen, die natürlicherweise gestresst sind – und Stress ist für Höflichkeit tödlich. Auf der anderen Seite herrscht bei Ärzten und Pflegern eine sehr straffe Hierarchie, und auch das macht Kommunikation nicht einfacher. Hinzu kommt die schlechte Bezahlung von Pflegekräften. Alles in allem kein perfekter Nährboden für Höflichkeit.

Was passiert, wenn Pfleger und Ärzte unhöflich zu Patienten sind?

Patienten, die sich schlecht behandelt fühlen, werden langsamer gesund. Ein Patient merkt das ja, und es hat Auswirkungen auf sein Wohlbefinden, das sich wiederum auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Die Ergebnisse der Forschung dazu sind ja eindeutig: Ein Patient, der sich wohlfühlt, hat viel bessere Chancen, zu gesunden. Nebenbei ist ein schlechter Umgangston auch für die Kliniken selbst riskant. Heute können sich viele Patienten ja ihr Krankenhaus aussuchen – und Unhöflichkeit macht nicht attraktiv.

Ist nicht das Hauptproblem, dass Höflichkeit Zeit braucht – und die im Klinikalltag eben knapp ist?

Das ist tatsächlich die Krux im System. Deshalb will ich den Ärzten und Pflegern auch pauschal keinen Vorwurf machen. Mancher würde sich vielleicht gern mehr Zeit für seine Patienten nehmen, aber das ist im System nicht eingepreist. Gerade in der Pflege gibt es ja minutengenaue Vorgaben. Das Sich-Kümmern, sich einfach mal zu einem Patienten zu setzen, ist in einem solchen Katalog nicht so richtig vorgesehen. Auch nicht, dass manche Menschen mehr Fürsprache brauchen als andere.

Was müsste sich ändern?

Wie gesagt: Zu Höflichkeit gehört immer ein bisschen Muße. Ein höflicher Mensch ist immer bereit, in Vorleistung zu treten und sich Zeit zu nehmen für andere. Das können auch nur Sekunden sein: der Blick über die Schulter, um zu schauen, ob ich jemandem die Tür aufhalten kann. Vielleicht müssten Ärzte und Pfleger die Kommunikation mit Patienten auch stärker in ihrer Ausbildung einüben. Nicht zuletzt sollten auch manche Chefs ihren Umgangston überdenken. Ein Pfleger, der gerade von seinem Vorgesetzten gerügt wurde, wird dadurch nicht gerade motiviert, freundlich zu sein.

Was können Patienten selbst dazu beitragen, vom Klinikpersonal respektvoll behandelt zu werden?

Sie sollten darauf achten, selbst freundlich zu sein. Patienten sind Egoisten, sie kreisen in ihren Gedanken meist nur um sich. Natürlich ist es furchtbar, dass man krank ist und im Krankenhaus liegt. Aber damit einem geholfen wird, muss man eben auch ein bisschen selbst mithelfen – und fähig sein, freundlich mit seinem Umfeld umzugehen. Gelungene Kommunikation ist immer ein Gemeinschaftsprojekt.

Das Gespräch führte Michael Aust

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