Lover, VersetzerMit 47 auf Partnersuche im Internet – die ganze (verrückte) Wahrheit

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Im Internet gibt es viele Datingportale. Dass man hier die Liebe seines Lebens findet, ist leider nicht garantiert. 

  • Unsere Autorin ist 47, lebt in Köln und ist seit knapp einem Jahr bei zwei kostenpflichtigen Datingportalen angemeldet.
  • Hier wollte sie die große Liebe finden. Das hat nicht so ganz geklappt.
  • Anonym, aber dafür schonungslos ehrlich berichtet sie über ihre Erfahrungen mit Lady-Lovern, Versetzern und Verhexern.

Köln – Okay, ich gebe es zu: Ich habe mich verkalkuliert. 2020 sollte das Jahr werden, in dem ich den neuen Partner an meiner Seite finde. Eine meiner Freundinnen hat mit 50 Jahren bei Parship (rot) ihren Lebenspartner gefunden, eine andere mit 40 auf Elitepartner (blau) ihren Ehemann und Vater ihres Kindes.

Innere Werte sind beim Online-Dating nicht so wichtig

Weil ich altersmäßig genau dazwischen liege und um ganz sicher zu gehen, meldete ich mich gleich auf beiden Premium-Plattformen an. Sowohl auf Rot als auch auf Blau stellte ich meine Profile ein, besondere Achtsamkeit ließ ich den Bildern zukommen. Das mit den inneren Werten ist beim Online-Dating auf jeden Fall kein guter Ratschlag. Optik ist alles, auch von meiner Seite aus. Die hinter den Pixeln zu erkennenden Bart-Träger mit Bierbauch ließ auch ich links liegen. Womit ich nicht rechnete: Auch ich wurde von den allermeisten eiskalt ignoriert. Auch von denen, denen ich im Laufe der Zeit immer offensivere Nachrichten zukommen ließ, um auf mich aufmerksam zu machen. Oft gab ich auch meine Bilder frei, doch was folgte war hart: 99 Prozent Absagen. Doch es gab auch Ausnahmen, von denen ich hier erzählen möchte.

Kandidat Nr. 1: Der Versetzer

Auf Blau schrieb ich ihn an, Anästhesist, 41. Tatsächlich antwortete er prompt, die Handynummer bekam ich auch baldigst, so dass der Austausch einfacher wurde. Das erste Mal bestellte er mich zum Kölner Friesenplatz, wo ich eine halbe Stunde herumstand, bevor ich aufgab. Spät am Abend kam die Entschuldigung. Er habe nicht pünktlich Schluss machen können, im Krankenhaus sei das halt so.

Eine Woche später das gleiche Spiel, diesmal am wenig romantischeren Schauplatz, dem Barbarossaplatz. Nach einer Stunde Warten ohne Nachricht hatte eine Freundin Erbarmen und sammelte mich ein. Am späten Abend folgte die Entschuldigung. Er habe nicht pünktlich, usw…

Trotzdem gab ich ihm eine allerletzte Chance: Diesmal Treffpunkt Eingang Stadtwald, an der Dürener Straße. Wegen meiner Überpünktlichkeitsmeise war ich erneut vor ihm da, doch diesmal – oh Wunder – tauchte er auf. Doch schon bald stellte sich heraus, dass wir wohl keine Interessen teilten, wir plauderten dennoch über dieses und jenes. Ich begleitete ihn ein Stück Richtung Innenstadt. Wir nahmen freundschaftlich Abschied. Doch er hatte bei seiner Größe gelogen. Und ich konnte wirklich nur schwer verkraften, dass ich gutmütig zu ihm herablächeln musste.

Später am Abend die positive Meldung seinerseits: Er würde mich gerne wiedersehen. Ich schrieb, dass ich ihm noch eine Chance geben würde. Beleidigt wünschte er mir noch ein schönes Leben.

Kandidat Nr. 2: Der Verhexer

Nach viel vergeblicher Liebesmüh mit Männern, die mir nicht antworteten, bzw. den „Kontakt direkt verabschiedeten“ – wie es in der Rot-Blau-Sprache bei Desinteresse heißt – trat der Traumprinz auf den Plan. Eines schönen Donnerstagvormittags flatterte mir eine Nachricht ins rote Postfach: Von Strategy Manager, 33. Klar, zu jung, aber sehr schön und sehr schlau – und wahnsinnig sexy. Er gab alles: Von Tag 1 an gestaltete sich unsere Chat-Konversation so intim wie anregend. Wir texteten auf Englisch, was meine anglophile Ader befriedigte und mir noch mehr Adrenalin bescherte. Nach heißen durch-whatsappten Nächten, rief er sogar an, erklärte mir die Welt, sein Heimatland Indien und hinterließ einen absolut betörenden Eindruck.

Doch was nie passierte, war ein Treffen in der realen Welt. Er hielt mich hin, schrieb Mails in denen er vorgab, mich am Donnerstag sehen zu wollen. Doch dann musste er auf einmal dringend nach Polen. Schließlich schrieb er seltener und seltener, rief nicht mehr an... Jaja, ich weiß, schon lange hätte mir klar sein müssen, dass der Prinz aus Neu Delhi wohl längst eine andere hatte. Aber hätte er mir das nicht einfach auch mal mitteilen können? Das Herz blutete für Wochen.

Kandidat Nr. 3: Der Lover

Unverdrossen begann ich wieder, rote und blaue Männer mit Botschaften zu bombardieren. Es ist wie beim Bewerben. Auf 100 versendete kommen fünf Einladungen zum Interview. Eines schönen Morgens – wieso eigentlich immer morgens? – bekam ich Antwort: „Was machst du heute?“, fragte mich Zahnarzt, 41. "Ich habe einen Workshop, lass uns am Abend weiterchatten." Was wir auch taten.

Es endete damit, dass wir uns auf die Ferne gemeinsam betranken, bis er sich traute zu fragen, ob er vorbei kommen könne. Beschwingt vom Alkohol und noch gezeichnet vom feigen Verhalten des Strategy Managers gab ich ihm die Adresse. Der Rest ist Schweigen. Gesagt sei nur, dass wir Gleiches eine Woche später wiederholten, danach erneut Funkstille. Aber auch solche Begegnungen sind auf Premium-Partner-Plattformen mit eingepreist. Den Gefühlspanzer entwickelt Frau da von ganz alleine….

Kandidat Nr. 4: Der Normale

Nach all der verlorenen Liebesmüh mit Manager und Zahnarzt, besann ich mich auf mein eigentliches Ziel: Ein Lebenspartner auf Augenhöhe soll es doch sein, keine Bettgeschichte, kein viel zu junger Mann, sondern einer für eine solide Partnerschaft. „Suche 'the normal one'“ gab mir eine wohlmeinende Freundin mit auf den Weg.

So versuchte ich es diesmal auf Blau, verschickte wieder unzählige Bewerbungsbriefe und siehe da: Wenige Tage später bekam ich eine Antwort: Von "the normal one", Interner Berater, 53. Kein Schönling, aber ausgestattet mit einem wahnsinnig sympathischen Profil und zwei Söhnen, die altersmäßig zu meinem passen. Der perfekte Typ für die Gründung einer Patchwork-Familie.

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Im Chat auf der blauen Plattform – die Ü-50-Kandidaten verteilen im Gegensatz zu den jüngeren nicht direkt ihre Handynummer - stellten wir fest, dass wir aus der gleichen Stadt kommen. Ein richtiges Date, am helllichten Tag und nüchtern wurde bald vereinbart. Am Deutzer Rheinufer hielten wir uns zwei Stunden am Coffee-to-go-Becher fest und plauderten angeregt über die Stadt, in der wir beide unsere Jugendjahre verlebten, die Kinder, Corona und was uns noch so in den Kopf kam. Beim Abschied waren wir uns einig, uns wiederzusehen.

Und passiert ist seither: Wenig. Er schickte mir zwar Bilder von einem Besuch in der Heimat, aber kein Wort von einem zweiten Date. Und ich finde, dass der Mann das vorschlagen muss. Ich habe schließlich schon genug Körbe gesammelt.

Kandidat Nr. 5: Der Fixierte

Beim Warten auf den Vorschlag für Date Nr. 2 von „the normal one“ passiert dann wieder etwas, das nicht passieren sollte: Erneut schreibt mich ein U-40er an. Die Erfahrung sollte mich schon eines Besseren belehrt haben, aber ich lasse mich ein auf den morgendlichen (!) Chat mit Selbstständig, 37, ein.

Selbstständig sieht umwerfend aus und will mich ‚näher kennenlernen‘ und das möglichst schnell. Da ich von langen Chat-Vorläufen seit Strategy Manager, 33, nichts mehr halte, sehen wir uns schon am folgenden Tag auf einem belebten Kölner Platz. Der junge Mann trägt Basecap und Spiegelbrille, so dass ich ihn kaum wieder erkenne. Er ist nervöser als ich, ganz nett, bisschen schüchtern, sehr groß. Traut man der Sieben-Sekunden-Regel (an die ich ja glaube) aber wohl nicht der Richtige.

Offenbar hat es ihn aber erwischt. Er schreibt zwei Tage lang überaus schmeichelnde Nachrichten, doch stellt sich bald heraus, dass er von Bewerbungen älterer Damen überflutet wird. Weil er ganz frisch war auf Plattform Rot war ich die erste, auf die er stieß bei der Suche nach einer älteren Lady.

Die Vorliebe für mittelalte Damen gibt er offen zu. Und mittelalte Damen stehen auf junge Typen. Er kann sich nicht retten vor Anfragen und kapituliert schließlich. Mit derjenigen, die ihm das überzeugendste Busenbild geschickt hat, ist er dann auch baldigst im Bett gelandet. Für mich ist die Sache damit beendet. Merke: Kandidaten unter 40 neigen dazu, Bilder von Geschlechtsteilen zu versenden und auch einzufordern.

Mein Fazit: Da bleibe ich lieber alleine

Für mich heißt es nun, weiter Bewerbungen schreiben. Drei Viertel meiner Jahresmitgliedschaft auf Rot und Blau sind abgelaufen. In meinen letzten drei Monaten muss ich jetzt nochmal alles geben, um das große Ziel zu erreichen. 

Vielleicht sollte ich nochmal an der Optik arbeiten, bessere Bilder machen lassen, mein Profil überarbeiten? Die Konkurrenz auf der weiblichen Seite schläft jedenfalls nicht. Und jeder auch nur mittelmäßig attraktive Mann bekommt vermutlich so viele Bewerbungen, dass er die freie Auswahl hat. So jedenfalls mein Eindruck, mittelalte Damen wie ich haben es da deutlich schwerer.

Leider bin ich aber dennoch nicht bereit, meine Erwartungen nach unten zu korrigieren. Den bärtigen Bierbauch-Träger, 57, der hinterm pixeligen Foto zu erkennen ist, will ich auch nicht. Da bleibe ich lieber allein. Und warte weiter auf die Nachrichten, die am Morgen kommen. 

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