Schlau essenDiese Lebensmittel sind Doping fürs Hirn

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Schokolade kann die Denkleistung kurzfristig steigern.

Schokolade kann die Denkleistung kurzfristig steigern.

Köln – Mit den Hirnzellen ist es wie mit einem Muskel: Manchmal geht einfach nichts mehr. „Wenn Prüfungen anstehen, mache ich oft nichts als lernen - und das stundenlang. Irgendwann streikt mein Gehirn dann total“, erzählt Theresa Moritz (Name geändert). Wenn das so ist, kann sich die Lehramtsstudentin nicht mehr konzentrieren und vergisst alles, was sie lernt, sofort wieder. Vor dem Staatsexamen hat sie deshalb Angst: „Ich habe zwar bisher immer die Kurve gekriegt, aber im Examen jagt eine Prüfung die andere, und ich will unbedingt gut sein“, sagt sie. Um auf Nummer sicher zu gehen, überlegt die Kölner Studentin, sich Ritalin zu besorgen, weil sie gehört hat, dass das Mittel „das Gehirn pusht“.

Natürliches Hirndoping

Und damit ist sie nicht allein: Laut einer aktuellen Studie der Uni Mainz greift jeder fünfte Student zu verschreibungspflichtigen Medikamenten oder illegalen Substanzen, um leistungsfähiger zu sein. Ob Ritalin den gewünschten Effekt bringen kann, ist indes umstritten - und Nebenwirkungen, wie Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Beschwerden machen das Experiment nicht gerade empfehlenswert. Gegen den Versuch, seine grauen Zellen auf natürlichem Wege in Schwung zu bringen, spricht dagegen absolut nichts. Und er kann durchaus etwas bringen, wie Medizinpsychologen, Psychiater und Pharmakologen in Studien bestätigen.

„Man kann seine gedankliche Leistungsfähigkeit tatsächlich auf natürlichem Wege steigern“, sagt Gunter Eckert. Der Forschungsschwerpunkt des Pharmakologen der Goethe-Universität Frankfurt ist Nutritional Neuroscience - zu Deutsch: nahrungsbezogene Hirnforschung. Im Fokus der jungen Disziplin steht der Zusammenhang zwischen der Ernährung und den Vorgängen im Gehirn. „Es ist erwiesen, dass wir die Leistungsfähigkeit unserer grauen Zellen positiv beeinflussen können, wenn wir die richtigen Nahrungskomponenten zu uns nehmen“, sagt Eckert. Natürliches Gehirndoping quasi: Wobei einige Stoffe die Hirnkapazität längerfristig steigern, während andere für ein kurzfristiges Leistungshoch sorgen.

Kurzfristiger Kick für den Geist

Koffein und ZuckerWenn es um den Moment geht und man schnell eine Wirkung braucht, sind Koffein und Zucker die wichtigsten Größen“, erklärt Siegfried Lehrl, Präsident der Gesellschaft für Gehirntraining in Erlangen. Koffein, weil es unsere Adrenalinwerte hochschießen lässt und wir dadurch wacher, aufnahmefähiger und konzentrierter werden. Zucker, weil er - oder besser sein Baustein Glukose - Hauptbrennstoff des Gehirns ist. „Zucker hält es am Laufen und kann es in extrahoher Dosis sogar vorübergehend leistungsfähiger machen“, sagt Lehrl.

Die Wachmacher-Funktion des Koffeins ist erst gerade wieder in einer Studie mit mehr als tausend Lastwagenfahrern nachgewiesen worden. Die im „British Medical Journal“ veröffentlichte Untersuchung zeigt, dass der regelmäßige Konsum von Kaffee das Unfallrisiko von Fernfahrern stark senkte.

Sich deshalb allerdings nach dem Motto „viel hilft viel“ auf koffein- und zuckerhaltige Lebensmittel zu stürzen, ist nicht zu empfehlen. So sollte man beim Koffein ein gewisses Limit nicht überschreiten, weil der Stoff sonst nicht mehr an-, sondern aufregend wirkt. In Sachen Aufnahmefähigkeit erzielt man den besten Effekt, wenn man es in kleinen Dosen über den Tag verteilt zu sich nimmt - also etwa alle paar Stunden eine Tasse Kaffee trinkt.

Bei der Glukose kommt es darauf an, ob man einen kurzen Energieschub braucht oder länger leistungsfähig sein will: „Schnelle Zuckerquellen wie raffinierter Traubenzucker oder Fruchtsaft liefern sofort Energie, die aber nicht lange anhält. Aus Lebensmitteln mit komplexen Kohlenhydraten wie Nüssen oder Obst wird die Glukose hingegen nach und nach gelöst und umgesetzt“, erklärt Christa Roth-Sackenheim, Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Psychiater.

Theobromin und Theanin Außer Koffein und Glukose wird noch anderen Stoffen nachgesagt, die Hirnleistung per Sofort-Effekt zu steigern: etwa Theobromin, das unter anderem in Schokolade vorkommt und anregend wirkt, oder Theanin, das sich besonders konzentriert in grünem Tee findet und innere Ruhe in Stresssituationen bringen soll.

Wasser Wichtig, um in Phasen hoher geistiger Beanspruchung fit zu bleiben, ist außerdem, genug zu trinken. „Gehirn und Nervenzellen bestehen zum großen Teil aus Wasser. Um die Denkleistung stabil zu halten, muss es ständig mit Flüssigkeit versorgt werden“, betont Lehrl. Zu empfehlen seien zwei bis drei Liter am Tag - vorzugsweise Mineralwasser und Früchte- oder Kräutertee.

Graue Zellen langfristig in Form bringen

Wenn es nicht um eine akute Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit geht, sondern darum, seine grauen Zellen nachhaltig in Form zu bringen, ist die Grundlage immer eine ausgewogene Ernährung. Dazu gehören etwa viel frisches Gemüse und Obst, Nüsse, Fisch sowie mageres Fleisch, Vollkornprodukte und hochwertige ungesättigte Fette. „Wie alle anderen Organe braucht auch das Gehirn eine ganze Reihe von Nährstoffen, um zu funktionieren„, sagt Roth-Sackenheim. „Je vielfältiger sie sind, desto leistungsfähiger wird der Denkapparat.“

Phenylalanin Einige Ernährungsbausteine sind besonders wertvoll fürs Gehirn, weil sie eine Rolle bei der Kommunikation der Nervenzellen spielen oder neue Verbindungen zwischen ihnen entstehen lassen. Dazu gehören essenzielle Aminosäure wie das in Nüssen oder Haferflocken vorkommende Phenylalanin. Aus ihnen werden Serotonin, Dopamin und andere Botenstoffe gebildet.

Ungesättigte Fettsäuren Ungesättigte Fettsäuren lassen die Membranen des Gehirns flexibler werden. Das wirkt sich positiv auf die Informationsspeicherung und damit auf Erinnerung und Lernen aus. Man findet ungesättigte Fettsäuren etwa in Leinöl, Olivenöl und Fischöl. Besonders gute Nachweise gibt es für Omega-3-Fettsäuren, speziell für die langkettige Docosahexaensäure, die in fetten Seefischen wie Lachs oder Atlantischem Hering vorkommt.

Vitamine Ausschlaggebend für die Fitness der grauen Zellen ist auch die ausreichende Versorgung mit Vitaminen. Manche unterstützen das Gehirn beim Denken direkt, während andere es vor Schäden durch Freie Radikale schützen. Ersteres gilt etwa für Vitamin C, das entscheidend an der Bildung von Botenstoffen wie Dopamin beteiligt ist. Zweiteres für Vitamin E. Die Vitamine des B-Komplexes erhöhen die Zahl der Neurotransmitter und fördern so die Übertragung von Reizen zwischen den Nervenzellen.

Vitalstoffe Von „Hirn-Fitmachern“ ist nur bei einigen Vitalstoffen die Rede, darunter Magnesium, das etwa in Vollkornprodukten und Nüssen vorkommt. Es regt in hoher Dosierung den Aufbau neuer Hirnverbindungen an und aktiviert Signalmoleküle, die entscheidend am Lernen beteiligt sind. Auch eine ausreichende Versorgung mit Eisen ist wichtig: Ohne dieses Spurenelement, das etwa in Fleisch, Spinat oder Möhren enthalten ist, würde der Sauerstofftransport ins Gehirn nicht reibungslos funktionieren.

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