Abo

Vitalität messenDie Info steckt in der Haut

Lesezeit 6 Minuten
Katrin Spägele erreicht den Wert 6 und liegt damit im Mittelfeld.

Katrin Spägele erreicht den Wert 6 und liegt damit im Mittelfeld.

Kann das wirklich so einfach sein? Hand auf das Gerät legen, kurz warten und dann wissen, wie vital der eigene Körper ist? Ganz ohne Blutabnahme beim Arzt? Der Antioxidantien-Check, den viele Reformhäuser derzeit anbieten, soll genau das leisten. Im Zentrum steht das sogenannte Biozoom-Messgerät, das den Vitaminhaushalt und das Stressniveau anhand der Hautoberfläche misst. Dazu wird der Handballen auf einen Sensor gelegt. Durch Lichtreflexion wird der Gehalt an Antioxidantien im Körper gemessen. Nach wenigen Sekunden zeigt das Display eine Zahl zwischen 1 (ungenügend) und 10 (optimal) an. Je höher die Zahl, desto größer der Anteil an Antioxidantien im Körper und desto gesünder und widerstandsfähiger der Organismus gegenüber freien Radikalen (siehe Kasten rechts).

Antioxidantien machen jung

Antioxidantien schützen uns vor der zerstörerischen Wirkung der freien Radikale. Einen geringen Teil der freien Radikale braucht unser Körper, da sie wichtige Informationen und Signale ans Gehirn geben. Zu viele davon sind jedoch schädlich und können zum Beispiel Hautalterung, Sonnenbrand und im schlimmsten Fall Krebs auslösen. Die Antioxidantien halten die freien Radikale in Schach, indem sie sich bildlich gesprochen einhaken, in der Haut Schutzketten bilden und so gegen die freien Radikale vorgehen.

Die Antioxidantien dienen als Schutz vor den freien Radikalen. Sie entstehen jeden Tag als Nebenprodukt von Stoffwechselprozessen und gelten als Ursache für Zivilisationskrankheiten wie Arteriosklerose, Krebs, Arthrose und grauer Star. Zu einem Überschuss der freien Radikale kann es durch exogene (äußere) Faktoren kommen. Darunter fallen Umweltgifte (Luftschadstoffe, Schwermetalle, Pestizide), exzessive Genussmittel (Alkohol, Rauchen), inadäquate körperliche Belastung (falsches Training im Leistungssport), Nebenwirkungen von Medikamenten und erhöhte Sonneneinstrahlung. Es gibt verschiedene Antioxidantien, die aus der Nahrung aufgenommen werden können: Vitamin C, E und Beta-Carotinoide sowie sekundäre Pflanzenstoffe. Zusammenfassend kann man sagen, dass Antioxidantien Radikalfänger sind und den Körper schützen.

Präventionsmöglichkeiten

Es lässt sich zwar nicht vermeiden, dass freie Radikale entstehen, doch kann man den Körper vor einem übermäßigen Vorkommen dieser schützen. Durch eine ausgewogene Ernährung aus Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann man einen Teil zur Prävention beitragen. Dabei werden wichtige Spurenelemente (Selen, Zink, Eisen, Mangan und Kupfer),Vitamine, Mineralien und Enzyme zugeführt. Empfehlenswert für die Produktion von Antioxidantien im Körper sind auch sekundäre und natürliche Pflanzenstoffe. Diese werden unter anderem über Johannisbeernektar, roten Traubensaft oder Orangensaft aufgenommen.

Die Triät-Challenge

Wer mit seinem Wert bei der Messung nicht zufrieden ist, kann sich in den teilnehmenden Reformhäusern für einen Wettbewerb anmelden, die sogenannte Triät-Challenge. Das Kunstwort Triät steht für einen Dreiklang aus Ernährung, Bewegung und Entspannung. Ziel ist es, in sechs Wochen einen besseren Wert zu erreichen. Dazu müssen Alter, Geschlecht, Alkoholkonsum und Rauchgewohnheiten, Ernährungsverhalten, Gesundheits- und Stressempfinden sowie körperliche Belastung angegeben werden. Die Daten werden gespeichert, jeder Teilnehmer bekommt eine Nummer, mit der er sich bei den nachfolgenden Messungen anmelden kann. „Es gibt Leute, die kommen mittlerweile täglich. Ich empfehle aber einmal wöchentlich, da schon eine leichte Erkältung den Wert verfälschen kann.“ Die Messungen sind kostenlos.

www.triaet.de

Carotinoide gehören zu den Antioxidantien, es gibt aber noch viele andere davon, zum Beispiel Vitamine und Enzyme. Früher konnte man den Antioxidantien-Wert nur mit einer Blut- oder Gewebeprobe messen. An der Berliner Charité wurde dann die Resonanz-Raman-Spektroskopie entwickelt, mit der man erstmals Carotinoide in der Haut nachweisen konnte. „Wenn man eine Substanz aus der Schutzkette erfassen kann, hat man zugleich die Information über alle. Carotinoide sind die Markersubstanzen für die anderen Antioxidantien“, erklärt Professor Jürgen Lademann, Leiter der Forschungsgruppe Hautphysiologie an der Charité. Wie viele Antioxidantien wir haben, wirkt sich auf die Haut aus. „Ein hoher Gehalt bewirkt eine geringere Hautalterung. Jemand mit einer hohen Konzentration sieht also jünger aus“, sagt Lademann.

Brennnesselpulver

Die Brennnessel gilt als Entgiftungsmittel. Wegen ihres hohen

Eisengehalts wird sie vor allem

gegen Müdigkeit und Erschöpfung eingesetzt, soll aber auch bei

Arthrose-, Arthritis- und Blasenbeschwerden und entzündlichen Darmerkrankungen helfen.

Granatapfelkernmehl

Granatapfelkernmehl wird aus

den schwarzen Samenkernen des

Granatapfels gewonnen, der einen sehr hohen Anteil an Ballaststoffen und Antioxidantien besitzt. Durch seinen nussigen Geschmack eignet sich das Mehl gut als Backzutat.

Acerolapulver

Das Acerolapulver stammt aus dem Saft der Acerola-Kirsche, die einen hohen Vitamin C-Gehalt hat. Zudem verfügt sie über eine hohe Dosis Provitamin A, B1, B2, Niacin, Eiweiß, Eisen, Phosphor und Calcium. Vitamin C soll die Arterienwände schützen, die Produktion von Cholesterin normalisieren

und den Bluthochdruck senken.

Matcha-Tee

Matcha ist ein zu feinem Pulver vermahlener Grüntee (aus dem Japanischen übersetzt bedeutet das Wort so viel wie gemahlener Tee)

Trotz der intensiven grünen Farbe schmeckt es lieblich süß. Das

enthaltene Chlorophyll soll das

Immunsystem unterstützen.

Moringapulver

Aus den Blättern des Baumes

Moringa olifera gewonnen, gilt das Moringapulver als eine der größten Quellen von Antioxidantien.

Darüber hinaus beinhaltet Moringapulver zahlreiche Vitamine, Mineralstoffe, Enzyme, sekundäre Pflanzenstoffe, essenzielle Aminosäuren und wichtige Ballaststoffe. Geschmacklich erinnert das Pulver an Spinat; es passt gut zu Tomaten- und Gemüsesäften, Dressings, Dips, Suppen und Saucen.

Höchstwert erreicht kaum einer

Mit dem Biozoom-Gerät wird die Menge der Carotinoide pro Quadratzentimeter Haut gemessen und auf einer festgelegten Skala eingeordnet, so dass sich Werte zwischen 1 und 10 ergeben. In Berlin liegt der Durchschnittswert laut Lademann bei 4,7. „Den Höchstwert von 10 erreichen die wenigsten“, sagt Sigrid Horst, Filialleiterin beim Reformhaus Bacher am Hohenzollernring in Köln. Sie berät die Kunden bei der Benutzung und gibt Tipps, wie sie ihren Wert verbessern und damit vitaler werden können.

Eine wichtige Rolle spielt die Ernährung, denn der Körper kann Antioxidantien nicht selbst bilden. Einige Lebensmittel sollen das besonders gut können und werden deshalb Superfoods genannt. Dazu gehören unter anderem Brennnesselpulver, Granatapfelkernmehl, Acerolapulver und Matcha-Tee (siehe Kasten links).

Doch nicht nur die Ernährung ist wichtig für das Antioxidantien-Niveau, auch der Stresslevel spielt eine große Rolle. „Wir wissen sehr viel über Gesundheitsprävention, aber tun sehr wenig gegen Stress. Auch Streit und Schlafmangel reduzieren das Guthaben an Antioxidantien“, erklärt Lademann. Entspannung ist also wichtig. An diesem Punkt setzt auch die „Triät“ an, die Vegan-Guru und Kochbuchautor Attila Hildmann entwickelt hat. Er ist Mitinitiator der Biozoom-Messaktion. Im Mittelpunkt des Programms stehen Bewegung und Ernährung. Der dritte Punkt, der das Programm von der herkömmlichen Diät zur Triät macht, lautet Entspannung anhand einfacher meditativer Übungen. Hildmann selbst, der sich seit vielen Jahren vegan ernährt, hat übrigens nach eigener Aussage den Spitzenwert 10 erreicht.

Das kann ein Ansporn sein, sollte aber niemanden unter Druck setzen. Veganer muss niemand werden, der keine 10 auf dem Gerät erreicht. Eine ausschließlich pflanzliche Ernährung sei keine Voraussetzung für mehr Vitalität, betont Professor Lademann: „Gemüse und Obst sind natürlich wichtig, aber nicht alles. Man kann das alles im Rahmen einer normalen Ernährung machen. Jung essen kann man sich zwar nicht, aber für die Zukunft vorsorgen.“

KStA abonnieren