Von wegen faulWarum Schlafen jetzt auf einmal hip ist

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Frau schlägt_imago

Wer ganz oben ist, der hat keine Zeit zum Schlafen, so lautete bisher das Credo der Erfolgreichen. Doch das ändert sich langsam. Schlaf wird wieder mehr wertgeschätzt. 

Es lohnt sich, die neuesten Entwicklungen im Silicon Valley im Auge zu behalten – denn in der Regel dauert es nicht lange, bis neue Hypes von dort zu uns herüberschwappen. Riesenthema derzeit: Schlafen. Und zwar lange: „Ich genieße acht Stunden Premium-Schlaf. Nach acht Stunden Schlaf fühle ich mich maximal ausgeruht und ich achte sehr darauf.“ Dieser bemerkenswerte Satz stammt von Jeff Bezos, dem Chef von Amazon. Und auch der Google-Chef Eric Schmidt stößt ins selbe Horn, wenn er sagt, dass er sich mindestens siebeneinhalb Stunden Schlaf pro Nacht gönne

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Wie bitte? Was ist aus „wer schläft, verpennt sein Leben“ oder anderen Frühaufsteher-Sprüchen geworden? So richtig cool waren doch bisher immer die, die von sich behaupteten, mit vier Stunden Schlaf pro Nacht locker auszukommen – wie unsere Kanzlerin. Stehen wir etwa kurz vor einem Imagewandel? Dürfen wir endlich wieder ohne schlechtes Gewissen ausschlafen?

Sieben Anzeichen, dass Schlafen jetzt hip wird:

Firmen bieten Schlafseminare für müde Mitarbeiter an

Zukunftsorientierte Firmen wie Fahrdienst-Dienstleister Uber oder die US-Bank JP Morgan bieten interne Schlafseminare für ihre Mitarbeiter an. Außerdem soll es im Hauptsitz von Uber in San Francisco eigene Schlafräume für müde Mitarbeiter geben, die sich dort für einen Effizienz-steigernden Mittagsschlaf zurückziehen könnten. 

Prämienzahlungen für ausgeschlafene Mitarbeiter

Auch erste Unternehmen belohnen ihre Mitarbeiter dafür, dass diese genug schlafen. Einer der größten Krankenversicherer in den USA ist der Versicherer Aetna. Er prämiert Angestellte mit 500 Dollar, wenn sie nachweisen können, dass sie an 20 aufeinanderfolgenden Tagen je sieben Stunden geschlafen haben. „Dinge sind schneller erledigt, wenn die Leute präsent und vorbereitet sind. Aber man kann nicht gut vorbereitet sein, wenn man noch halb schläft“, sagte Mark Bertolini, Vorstand der Krankenversicherung.

Bestseller sprechen von der Schlaf-Revolution

Das jüngste Buch der Unternehmerin und Huffington-Post-Gründerin Arianna Huffington preist die Vorzüge des Ausgeschlafenseins: „The Sleep Revolution“ (Die Schlafrevolution) setzte sich wochenlang auf den Bestsellerlisten fest. „Vor allem für Männer ist Schlafmangel zu einer Art Statussymbol geworden“, beklagt Huffington. Auch sie selbst war jedoch ihr halbes Arbeitsleben lang chronisch übermüdet. Nachdem die Unternehmerin vor einigen Jahren überarbeitet zusammenklappte und sich dabei den Kiefer brach, legte sie den Schalter um. Mindestens sieben Stunden Schlaf gönnt sie sich seitdem.

Ständige Selbstoptimierung – selbst im Schlaf

Smartphone-Apps wie „Sleep Cycle“ verkaufen sich millionenfach. Damit kann man per Smartphone seinen eigenen Schlaf überwachen, auswerten und sich in Phasen besonders leichten Schlafes schonend wecken lassen. Lesen Sie hier, warum Sie morgens nicht die Schlummerfunktion Ihres Weckers nutzen sollten. Ziel der App: Wir sollen das Maximum an Schlaf aus uns herausholen und so bessere Schläfer werden. Dafür wird das Smartphone mit ins Bett genommen und mit dem Mikrophon nach oben auf der Matratze oder auf dem Nachttisch platziert. Dort misst es die Bewegungen und analysiert den Schlaf.

Schlafseminare im Fitnessstudio

Ein Fitnessstudio in London hat jetzt das perfekte Angebot für alle dauerhaft müden Mütter und Väter: Einen Kurs, in dem (fast) nur geschlafen wird. „Napercise“ heißt das neue „Trainings“-Konzept, das sich gezielt an „erschöpfte Mütter und Väter“ wendet. In den Sitzungen bekommt jeder Kursteilnehmer sein eigenes Bett und die lang ersehnte Ruhe, die daheim meistens fehlt. 

Technik-Gadgets auf dem wachsenden Schlafmarkt

Das atmende Kissen ist nur eine von einigen Kuriositäten auf dem wachsenden Schlafmarkt. Niederländische Studierende entwickelten das weiße Kuschelkissen, in dessen Inneren Sensoren stecken, die aktiv werden, sobald man das Kissen in den Arm nimmt. Sie zeichnen den Schlafrhythmus auf, den das Kissen anhand verschiedener Algorithmen interpretiert. Wer das Kissen in den Arm nimmt, spürt es also gleichmäßig atmen. In Untersuchungen fanden die Studierenden heraus, dass dieses Gefühl auch unsere eigene Atemfrequenz beeinflusst: Wir atmen ruhiger, entspannter und haben einen tieferen Schlaf.

Wer wenig schläft, ist unbeliebter

Dass Schlafmangel ungesund ist, ist inzwischen in zahlreichen Studie belegt. So neigen Menschen, die chronisch zu wenig schlafen, oft unter Stress und werden schneller krank. Doch mangelnder Schlaf hat aber noch ganz andere „Nebenwirkungen“. Andere Menschen wollen mit Unausgeschlafenen lieber nichts zu tun haben – das zumindest ist das Ergebnis einer neuen Studie. Vermutlich meiden sie diese unbewusst, um sich selbst zu schützen, vor ansteckenden Krankheiten etwa, berichten Wissenschaftler im Fachblatt „Open Science“ der britischen Royal Society.

Und aktuelle Schlaf-Studien sind alarmierend: Nur jeder siebte deutsche Arbeitnehmer schläft ausreichend viel, fand das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung heraus. Die Krankenkasse DAK weiß, dass 80 Prozent der Deutschen unter Schlafstörungen leiden, zehn Prozent chronisch. (sar/ mit Material der dpa)

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