RespektlosAuschwitz-Museum bittet Besucher, nicht auf Gleisen zu balancieren

Lesezeit 3 Minuten
auschwitz-gleise

Auf diesen Gleisen des einstigen Konzentrationslagers Auschwitz balancieren immer mehr Besucher.

Oswiecim – Die Bilder machen sprachlos: Menschen balancieren auf Bahngleisen im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz, als handele es sich um einen Spielplatz oder Kletterpark. Die Fotos teilen sie in sozialen Netzwerken wie Instagram.

Das Konzentrationslager Auschwitz als Instagram-Kulisse

Das einstige Massenvernichtungslager der Nazis, heute eine polnische Gedenkstätte, scheint für sie nur eine weitere Kulisse für den perfekten Instagram-Schnappschuss zu sein.  Das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau, das sich auf dem Gelände des ehemaligen Lagers befindet, sah sich nun zu einem Beitrag auf Twitter mit Beispielbildern balancierender Auschwitz-Besucher genötigt und mahnt: „Wenn Sie zum @AuschwitzMuseum kommen, denken Sie daran, dass Sie sich an dem Ort befinden, an dem über 1 Million Menschen getötet wurden. Respektieren sie ihr Andenken. Es gibt bessere Orte, um zu lernen, wie man auf einem Schwebebalken balanciert, als an einem Ort, an dem Hunderttausende deportiert werden.“

„Warum verhält man sich in Auschwitz wie in einem Vergnügungspark?“

Der Tweet gefällt mehr als 90.000 Nutzern, wurde mehr als 40.000 Mal geteilt und 1200 Mal kommentiert. „Ich habe Auschwitz besucht. Meine Eltern waren Holocaust-Überlebende“, schreibt eine Nutzerin. „Diese Gleise zu sehen war herzzerreißend.“ Sie könne nicht verstehen, warum sich Besucher in Auschwitz so verhalten wie auf den Balancier-Bildern. „Was ist nur aus uns geworden?“, fragt eine andere Nutzerin. „Warum fährt man überhaupt nach Auschwitz, wenn man sich dort verhält wie in einem Vergnügungspark?“ Der Beitrag sei sehr wichtig, weil unsere Fotografiergewohnheiten heute völlig außer Kontrolle geraten seien.

Doch der mahnende Tweet des Museums trifft nicht nur auf Verständnis: „Ich habe Auschwitz mit meinen Kindern besucht. Meine Mutter war eine Überlebende des Holocaust. Viele ihrer Verwandten kamen ums Leben“, schreibt ein Nutzer. „Ich denke, dieser Tweet ist unwürdig und kontrollierend." Manchmal müsse man als Besucher nur ein bisschen „runterkommen“. Das Gedenkstätte solle nicht versuchen, alle Besucher zu ihrer Vorstellung von Respekt zu drängen. Das Museum antwortete daraufhin, dass auf den Gleisen zu spazieren, von denen aus hunderttausende Menschen in Gaskammern geschickt wurden, keine angemessene Form des „Runterkommens“ sei.

Besucher sollen sich in Auschwitz mit Respekt verhalten

Zwar ist es erlaubt, in Teilen der Gedenkstätte Fotos zu machen. Doch sollte man sich über den ersten Punkt der Besuchervorschriften bewusst sein, die auf der Internetseite der Gedenkstätte einzusehen sind: „Auf dem Gelände des Museums sollten sich Besucher mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und mit Respekt verhalten und sich so kleiden, wie es einem Ort dieser Art angemessen ist.“ Innerhalb der Gebäude dürfen Besucher außerdem nur ohne Blitz und Stativ fotografieren. In Raum 5 im Block 4 und in den Kellern von Block 11 sowie in der Sicherheitskontrolle sei das Fotografieren verboten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Auschwitz-Birkenau war das größte der deutschen Todeslager im besetzten Polen. Unter den mindestens 1,1 Millionen Opfern waren etwa eine Million jüdische Häftlinge. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand auf dem Gelände des Konzentrationslagers eine Gedenkstätte. Das 192 Hektar große Areal umfasst das ehemalige Hauptlager Auschwitz und das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau mit insgesamt etwa 150 Gebäuden und rund 300 Ruinen. Nach Angaben der Gedenkstätte wird Auschwitz jedes Jahr von Hunderttausenden Menschen besucht. (rer/jv/dpa)

KStA abonnieren