Abo

Strand-App, VerboteWie Küsten-Regionen Urlaub in Corona-Zeiten ermöglichen wollen

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Ein Hinweisschild steht am Zugang zum Strandabschnitt «Buhne 16» bei Kampen auf Sylt.

Norderney/Kampen/Usedom  – 

Solche Bilder sollen sich nicht wiederholen: Auch wenn die Pfingsttage überwiegend ruhig verliefen, machten Berichte von vollen Stränden zum Beispiel auf Sylt und in Scharbeutz die Runde. Die Scharbeutzer Bürgermeisterin sah sich am Pfingstmontagnachmittag gezwungen, den Ort an der Lübecker Bucht für Tagesgäste zu sperren. Zwei Tage zuvor standen auf Sylt Menschen in dreistelliger Zahl an einer Toilette am Kampener Strandübergang an.

Um die im Sommer erwarteten Ströme von Urlaubern und Tagesgästen zu lenken, lassen sich die Orte an Nord- und Ostsee einiges einfallen: von Parkleitsystemen, Bodenaufklebern mit Abstandsregeln, Einbahnstraßensystemen am Strand bis hin zu Strand-Apps.

Service für Tagestouristen

Schleswig-Holstein etwa setzt bei der Unterbindung größerer Menschenansammlungen in Ferienorten und an Stränden auch auf digitale Lösungen. An der Lübecker Bucht wird gerade eine sogenannte Strand-App entwickelt. Eine echte App wird die Anwendung zwar nicht, wie Doris Wilmer-Huperz, Pressesprecherin der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht, sagt. Geplant sei eine Internetplattform, die im Prinzip so funktioniert wie die Onlinebuchung eines Theaterplatzes.

Tagestouristen können einsehen, welcher Strandabschnitt schon voll ist und für welchen sie noch ein Ticket buchen können. Urlauber, die einen Aufenthalt in einem der Orte, die mitmachen, gebucht haben, dürfen ebenso wie Einwohner und Zweitwohnungsbesitzer immer an den Strand. „Es ist ein Service für die Tagestouristen“, sagt die Sprecherin. Denn so vermeide man den Frust, morgens früh zum Beispiel in Hamburg loszufahren und dann doch nicht an den Strand zu dürfen.

„Unsere Strände sind voll“

Die Strände an der Lübecker Bucht sind eher schmal und auch bei Tagesgästen populär - das Einhalten der Abstandsregeln fällt da schwerer als beispielsweise auf den nordfriesischen Inseln oder in Sankt Peter-Ording. Verantwortliche winken hier denn auch ab: die Strände seien breit genug, um sich aus dem Weg zu gehen. Eine Strand-App soll es hier nicht geben. Auch Schleswig-Holsteins Tourismusminister Bernd Buchholz (FDP) betont, es gebe keine Pflicht, die App einzuführen.

Auch auf Usedom in Mecklenburg-Vorpommern ist keine App geplant. Dabei sieht es auf Usedom fast aus wie vor Corona: Autoschlangen auf den Straßen, viele Spaziergänger auf den Promenaden und am Strand, Radfahrer, gut besetzte Straßencafés. „Unsere Strände sind voll“, sagt die Vorsitzende des Tourismusverbandes der Insel Usedom, Nadine Riethdorf. Zugangsbeschränkungen soll es aber nicht geben: „Der Strand ist Allgemeingut.“ Ihr sei es noch nicht passiert, dass ihr dort jemand auf 1,50 Meter „auf die Pelle gerückt“ sei. Anders als in Schleswig-Holstein gelten in Mecklenburg-Vorpommern noch Betretungsverbote für Tagesgäste aus anderen Bundesländern.

Es soll weiter stark kontrolliert werden

Auch auf den ostfriesischen Inseln wie Norderney und Borkum sind weder Leitsysteme noch Strandreservierungen vorgesehen. „Wir haben nach wie vor ein Korrektiv: das Verbot von Tagestouristen“, sagt der Geschäftsführer der Tourismusgesellschaft Ostfriesische Inseln. „Solange wir keine Tagestouristen haben, haben wir im Prinzip keine Übernutzung am Strand.“ Zumal die Strände groß genug seien, um Strandkörbe in ausreichendem Abstand aufzustellen. Während auf den Inseln wie im übrigen Niedersachsen schrittweise Lockerungen erfolgt sind - zuerst durften Ferienwohnungen vermietet werden, dann Urlauber auch in Hotels - soll am Tagestourismusverbot zunächst festgehalten werden, erklärt der Bürgermeister der Stadt Norderney, Frank Ulrichs (parteilos). „Bei schönem Wetter kommen sie ja zu Hunderten und Aberhunderten.“ Bis zu 10 000 sind es an manchen Wochenendtagen.

Über das Himmelfahrtswochenende und Pfingsten hat es auch auf den nordfriesischen Inseln und in Sankt Peter Ording Betretungsverbote für Tagestouristen gegeben. Nach Angaben der Verantwortlichen hat dies ganz gut funktioniert. Dennoch sind an den touristischen Hotspots in Schleswig-Holstein derzeit keine derartigen Beschränkungen mehr geplant. Klar ist aber, es soll weiter stark kontrolliert werden. „Dass alle dicht an dicht wie in der Sardinenbüchse liegen, wird es bei uns nicht geben“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kürzlich dem „Tagesspiegel“.

„Die Leute können sich aus dem Weg gehen, wenn sie wollen“

Der Tourismuschef von Rostock-Warnemünde, Matthias Fromm, ist zufrieden mit dem Start der Saison: „Es ist schön, uns wieder als Gastgeber präsentieren zu können.“ Dass Bilder der übervollen Warnemünder Promenade für Diskussionen um die Sicherheit sorgten, ist ihm bewusst. Ein strenges Vorgehen gegen Verstöße gegen die Abstandsregeln sei unrealistisch. Auch wenn Strandvögte und der Bäderdienst der Polizei im Einsatz seien, müsse auf die Eigenverantwortung der Gäste gebaut werden.

„Wir sind darauf angewiesen, dass alle Beteiligten am Tourismus respektvoll und verantwortlich miteinander umgehen“, sagt auch der Kühlungsborner Tourismus-Chef Ulrich Langer. Das gelte auch am Strand. „Die Leute können sich aus dem Wege gehen, wenn sie wollen“, sagt Langer. „Sie müssen es aber auch wollen.“ (dpa)

KStA abonnieren