Unverlangt eingesandtEin Auto-Unfall, den diese Leserin nicht vergessen wird

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  • An dieser Stelle erzählen Sie, liebe Lesende, Geschichten und Episoden aus Ihrem Leben.
  • Marianne G.-H. fuhr auf das Auto ihres Vordermannes auf.
  • Das anschließende Gespräch verläuft ganz anders, als man es nach einem Autounfall erwartet – und endet in einer Umarmung.

Immer wieder hört man von Rowdies auf der Straße, von unfreundlichen und unbeherrschten Menschen, die einem das Leben schwer machen können.

Auf dem Heimweg von einer Theaterprobe überraschte mich genau das Gegenteil davon. Ich war kurz unaufmerksam, hörte zwar das warnende Dauerpiepsen in meinem Fahrzeug, dann war es schon passiert. Es ruckte kurz –ich war auf das Auto vor mir aufgefahren.

Mein Vordermann stieg aus und fragte mich ganz freundlich: „Kann es sein, dass Sie mir aufgefahren sind?“ „Ja, ich glaube schon“, antwortete ich und dann schauten wir gemeinsam unsere Autos an. In der Zwischenzeit bildete sich eine Autoschlange hinter uns, weshalb wir ein kleines Stückchen weiter parkten. Es war nicht unbedingt vorschriftsmäßig, aber der Verkehr konnte weiter fließen. Trotzdem kamen zum Teil sehr unfreundliche Kommentare von den vorbeifahrenden Autofahrern.

„Ich empfinde dies hier wirklich als Bagatelle“

Eigentlich war ich ganz ruhig, aber ein solches Verhalten regte mich doch auf. Mein Vordermann fragte ganz höflich, ob ich aufgeregt sei. Da kamen sie heraus, die Emotionen, die dieser kleine Schock verursacht hatte. „Wissen Sie“ sagte ich zu ihm, „seit dem Tod meines einzigen Kindes empfinde ich dies hier wirklich als Bagatelle. Das war nämlich das Schlimmste, was mir je im Leben passiert ist. Alles andere kann ich gut wegstecken.“

Der Mann war sehr mitfühlend und fragte nach, was denn geschehen sei und ich erzählte ihm die Kurzversion von der schweren Krebserkrankung und vom Tod meiner Tochter. Dann erzählte er mir in Kurzversion, dass er vor einiger Zeit seine kranke Frau aus dem Krankenhaus abgeholt habe und dann auf der Autobahn einen schweren Unfall mit mehreren Toten erlebt hätte. Dieser Schock saß bei ihm noch tief.

Nur ein paar Kratzer

Der von mir verursachte Schaden an seinem Auto waren nur ein paar Kratzer. An meinem Auto war nichts zu sehen. Aber leider sei es nicht sein Auto, sondern geleast und in diesem Fall muss er jeden Schaden melden und das täte ihm wirklich sehr leid. Ganz ruhig und gelassen tauschten wir Handy-Nummern aus und er fotografierte noch meinen Pass.

Er würde sich melden. Und dann, man glaubt es nicht, fragte mich dieser nette und liebenswerte Mensch, ob er mich umarmen dürfte, weil ich so Schweres erlebt hätte. Wir haben sicher ein seltsames Bild abgegeben, die Unfallbeteiligten umarmen sich zum Abschied.

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