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Anspruch auf mehr GeldIn diesen Jobs kann Covid-19 als Berufskrankheit gelten

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Stecken Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer im beruflichen Umfeld mit dem Coronavirus an, kann das als Berufserkrankung oder Arbeitsunfall gelten. 

Köln/Berlin/Mannheim – Wer sich bei der Arbeit mit dem Coronavirus ansteckt, hat in der Regel Anspruch auf besondere Unterstützung. Denn was viele Angestellte und ihre Vorgesetzten nicht wissen: Covid-19 kann als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall gelten. Zum Beispiel gibt es dann einen höheren Lohnersatz. Welche Vorteile das noch hat und was dafür zu tun ist, erklären Experten unter anderem von „Finanztest“ und der gesetzlichen Unfallversicherung.

Frage 1: Coronavirus als Berufskrankheit – welche Vorteile hat das für mich?

Hat sich ein Arbeitnehmer im Job mit dem Coronavirus infiziert, gilt das unter bestimmten Voraussetzungen als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit. Das berichtet die Stiftung Warentest in ihrer Zeitschrift „Finanztest“ (Ausgabe 10/21). Angestellte haben dann Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie übernimmt statt der Krankenkasse die Kosten für Reha-Maßnahmen, Therapien oder Medikamente. Wenn notwendig außerdem für die Wiedereingliederung und Lohnersatzleistungen.

Sechs Wochen haben Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung, danach bekommen sie in der Regel Krankengeld von der Krankenkasse, es beträgt 70 Prozent des regelmäßigen Bruttogehalts. Wird dagegen eine Berufskrankheit oder ein Arbeitsunfall anerkannt, gibt es etwas mehr: Die Unfallversicherung zahlt dann Verletztengeld von 80 Prozent des regelmäßigen Bruttoentgelts. Es darf dabei nicht mehr sein als das regelmäßige Netto, erklärt die DGUV.

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Bei bleibenden Gesundheitsschäden zahlt die Unfallversicherung außerdem eine Rente, die nach Einschätzung von Experten vergleichsweise hoch ausfällt. Im Todesfall unterstützt die Unfallversicherung die Hinterbliebenen finanziell.

Frage 2: Was mache ich bei einer Infektion, melde ich auch einen milden Verlauf?

Wichtigste Regel: Die Infektion muss beim zuständigen Unfallversicherungsträger gemeldet werden. In der Pflege ist das beispielsweise die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Manchmal hakt es schon am Arbeitgeber, der die Infektion anzeigen muss, sagt Finanztest. Alternativ kann der Verdacht auf eine Berufskrankheit vom Arzt, der Krankenkasse oder dem Arbeitnehmer selbst gemeldet werden, erklärt Anja Nehrkorn von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN).

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Außerdem notwendig sind ein positiver PCR-Test und mindestens leichte Symptome. Ein Tipp von „Finanztest“: Eine Corona-Infektion am Arbeitsplatz sollte man auch bei nur mildem Verlauf dem Unfallversicherungsträger melden, für den Fall, dass später Langzeitfolgen auftreten. Auch wer keine Symptome hat, sollte sich alles notieren und den Arbeitgeber bitten, die Infektion im sogenannten Verbandbuch festzuhalten. So kann die Infektion noch nachträglich gemeldet werden. Die DGUV erklärt dazu: „Treten erst später Gesundheitsschäden auf, die als Folge der Infektion anzusehen sind, kann eine Berufskrankheit ab diesem Zeitpunkt anerkannt werden.“

Frage 3: Berufskrankheit oder Arbeitsunfall – wo ist der Unterschied?

Nicht alle Berufe können SARS-CoV-2 als Berufskrankheit anerkennen lassen, die Berufe sind genau festgelegt. Andere Versicherte können einen Arbeitsunfall melden. Der größte Unterschied liegt in der Beweiserleichterung: Wer in Gesundheitsdienst, Wohlfahrtspflege oder Labor arbeitet und sich infiziert hat, kann eine Berufskrankheit melden. Er muss nicht extra belegen, wie und wo er sich angesteckt hat. Wegen der hohen beruflichen Infektionsgefahr wird ihm geglaubt, dass es im Job passiert ist. Auch für andere Berufe wie Friseure oder Kosmetikerinnen wird von einem höheren Infektionsrisiko ausgegangen.

Das gilt dagegen nicht etwa für Lehrerinnen oder Kassierer, auch wenn sie zu den systemrelevanten Berufen mit vielen Kontakten zählen. Die DGUV erklärt dazu, es gebe bislang „keine wissenschaftlich gesicherten Hinweise darauf, dass bestimmte Berufsgruppen wie Kassiererinnen und Kassierer oder Beschäftigte im öffentlichen Nahverkehr bei ihren Tätigkeiten einem vergleichbar erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.“ Diese und andere Berufsgruppen können stattdessen einen Arbeitsunfall anzeigen. Hier gilt keine Beweiserleichterung. Diese Fälle sind stärker zu prüfen und werden deutlich seltener anerkannt.

Frage 4: Für wen kann Covid-19 als Berufskrankheit gelten?

Auf der Berufskrankheitenliste ist genau festgelegt, was als Berufskrankheit anerkannt  werden kann und für wen. Dazu gehören auch Infektionskrankheiten wie das Coronavirus SARS-CoV-2, wenn Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig waren.

Laut DGUV gehören dazu: Tätigkeiten in Krankenhäusern, Arztpraxen, Apotheken, Physiotherapieeinrichtungen, Krankentransporten, Rettungsdiensten oder Pflegedienstleistungen. In der Kinder-, Jugend-, Familien- und Altenhilfe sowie Einrichtungen zur Hilfe für behinderte oder psychisch erkrankte Menschen, Suchthilfe oder Hilfen für Wohnungslose. In wissenschaftlichen und medizinischen Laboratorien, aber auch in Einrichtungen, wo sie mit Kranken in Berührung kommen oder Stoffe untersuchen, die ihnen entnommen wurden.

Gleiches gilt für Friseur und Kosmetik, bei denen von einem vergleichbaren Infektionsrisiko ausgegangen wird. Ausschlag gebe hier der unmittelbare Körperkontakt oder gesichtsnahe Tätigkeiten, erklärt die DGUV.

Frage 5: Wie weist man nach, dass man sich ausgerechnet auf der Arbeit infiziert hat?

Dafür müssen Betroffene genau darlegen, dass sie in ihrem Job engen Kontakt zu einer infizierten Person hatten und sich dort angesteckt haben. Enger Kontakt, das heißt konkret: länger als zehn Minuten ohne Maske und unter 1,5 Meter Abstand. Oder es gab ein Gespräch ohne Maske und Mindestabstand. Oder man war länger als zehn Minuten gemeinsam in einem schlecht belüfteten Raum.

Alle solchen Kontakte aus den 14 Tagen vor dem eigenen positiven PCR-Test müssen aufgeführt werden. Wer allerdings auch im privaten Bereich Kontakt zu Infizierten hatte, dem wird ein Arbeitsunfall in der Regel nicht anerkannt. Außerdem wichtig: Bei Arbeitsunfällen müssen Betroffene mindestens drei Tage krankgeschrieben sein. Auch bei milden Symptomen ist somit ein Attest vom Arzt nötig.

Frage 6: Und bei einer Berufskrankheit, ist da die Anerkennung sicher?

Grundsätzlich müssen für eine Anerkennung bestimmte rechtlich vorgegebene Kriterien erfüllt sein, erklärt Anja Nehrkorn im Magazin der Berufsgenossenschaft BGN. Sie ist Referentin im Bereich Rehabilitation. Oft ist es ein langer und aufwendiger Prozess, bis die Anerkennung geklärt ist: Es wird ausführlich geprüft, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung feststellbar ist, hier also zwischen dem Job und Corona.

Außerdem wird geprüft, ob das Krankheitsbild auf Covid-19 zurückzuführen ist. Hier kommt es oft zu Problemen, da das noch nicht gut genug erforscht ist, berichten Ärzte in der ARD-Sendung „Fakt“. Ein anderes Problem sei die Abgrenzung von Corona-Folgeschäden zu Vorerkrankungen. Das alles kann dauern, sagt Nehrkorn. Zwischen Meldung und der Erteilung des Bescheids würden in der Regel sechs oder mehr Monate vergehen. (mit dpa/tmn)

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