Deutschlands erster Online-TierarztDr. Sam ist nur einen Video-Anruf entfernt

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Dr_Sam

Jan Holzapfel (r.) und David Richter gründeten die Online-Tierarztplattform Dr. Sam. 

  • Seit einem halben Jahr arbeitet in Düsseldorf die erste deutsche Online-Tierarztpraxis.
  • Die Praxis Dr. Sam ist per Video-Anruf oder auf Whatapp erreichbar.
  • Die Bundestierärztekammer begrüßt das neue Angebot, aber es hat auch Grenzen.

Düsseldorf – Wenn Jan Holzapfels Wunsch sich erfüllt, soll Dr. Sam der ADAC für Haustiere werden. Eine Rundum-Versorgung für Hund und Halter. Nur einen Videoanruf oder eine Whatsapp-Nachricht entfernt, wenn der Halter Hilfe dabei braucht, seinem Tier zu helfen. Wenn der Hund Flöhe oder die Katze Durchfall hat.

„Tiere werden immer mehr zu Familienmitgliedern. Deshalb ist die Gesundheit den Haltern auch immer wichtiger“, sagt Dr. Sam-Erfinder Holzapfel. Er hat mit seinem Partner David Richter im Herbst vergangenen Jahres Deutschlands ersten Online-Tierarzt in Düsseldorf gegründet.

Seit März 2019 können Tierbesitzer im Video-Chat mit einem Tierarzt von Dr. Sam besprechen, was mit ihrem Tier gesundheitlich nicht stimmt. Meist dreht sich das Gespräch um die Frage: Muss ich wirklich zum Tierarzt oder kann ich meinem Hund selbst helfen? „Unsere Anfragen gehen über kleine Wunden, chronische Erkrankungen oder Parasiten bis hin zu ganz akuten Atembeschwerden oder Krämpfen. 

Tierhalter wollen schnelle Antwort

„Manche wollen auch nur eine Zweitmeinung“, sagt Holzapfel, der selbst BWL studiert hat, dessen Frau aber Tierärztin ist. Durch sie kam er auf die Idee, ein Start-up zu gründen.

Schon seit Jahren beobachtete das Paar, dass Freunde und Bekannte sich zu allen Tages- und Nachtzeiten per SMS mit Fragen zu ihren Tieren melden. Sie wollten die Antworten, bevor am nächsten Morgen die Praxis eröffnet oder sie womöglich den weiten Weg bis in die Tierklinik mit 24-Stunden-Dienst umsonst antreten.

Dr. Sam kann den Besuch dort im Zweifel natürlich nicht ersetzen. Holzapfel sagt: „Besonders wenn es schnell gehen muss, wenn der Hund zum Beispiel von einem Auto angefahren wurde, sollen die Besitzer natürlich nicht uns anrufen, sondern sofort losfahren.“

Dass das telemedizinische Angebot den Tierarztbesuch nur ergänzen kann, sieht auch die Bundestierärztekammer so. Der Verband begrüßt die neuen technischen Möglichkeiten als Ergänzung zur klassischen Sprechstunde, sagt Sprecherin Katharina Klube, vor allem da es für Tierärzte immer schwieriger sei, einen Notdienst rund um die Uhr aufrecht zu erhalten. Die Kosten einer 24-Stunden-Bereitschaft sind zu hoch.

Keine Rezepte

Hier kann der Video-Chat Praxen und Kliniken von „einfachen“ Fällen entlasten. Rezepte verschreiben darf der Online-Tierarzt nicht. Ein großer Vorteil ist aber, dass Arzt und Tierhalter viel leichter in Kontakt bleiben, sich bei Nachfragen noch einmal melden oder nach der Genesung erkundigen können.

Warnsignale für Katzenhalter

Katzen machen es ihren Besitzern oft schwer, Krankheiten oder Beschwerden zu erkennen. Der Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) erklärt, dass die Tiere versuchen, körperliche Schwächen so gut es geht zu verbergen.

Das sei evolutionsbedingt: Als kleine Raubtiere wollten Katzen nicht zu Opfern größerer Raubtiere werden. Kleine Verhaltensänderungen wie wechselhafter Appetit und Schlappheit würden von den Haltern nicht immer richtig interpretiert, da sie so unauffällig seien.

Klare Warnsignale für Katzenhalter sind laut Verband erweiterte Pupillen im hellen Tageslicht. Gelblich verfärbte Augen können Hinweise auf Vergiftungen oder Leberschäden sein. Auch eine gräulich wirkende Mundschleimhaut kann den Experten zufolge auf ein Problem hindeuten. (dpa)

Zurzeit stehen den Kunden bei Dr. Sam 15 Tierärzte für Beratungsgespräche zur Verfügung, höchstens zehn bis 15 Minuten in der Warteschleife verspricht das Unternehmen den besorgten Tierhaltern. Mehr als 1000 Videoanrufe führen sie monatlich schon jetzt durch. Abgerechnet wird nach der Gebührenordnung für Tierärzte, die sich nach Komplexität und Zeitaufwand des Krankheitsfalls richtet.

Glaubt man Holzapfel, ist der Arztbesuch per Videochat in Deutschland für Mensch und Tier auf dem Vormarsch. „Wahrscheinlich hat in drei Jahren schon jeder Zweite einmal Telemedizin für sich selbst ausprobiert. Das wünschen wir uns auch in der Tiermedizin.“

Generell sei man in der Humanmedizin aber schon deutlich weiter, auch was die technischen Hilfsmittel betreffe. Der Mensch kann bereits jede körperliche Regung per Armband oder App überwachen – für den Hund wurde das Halsband mit eingebautem EKG-Gerät, um den Herzschlag aufzuzeichnen, gerade erst erfunden.  

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