Abo

Finanztest6 Irrtümer rund um die Kfz-Versicherung, an die viele immer noch glauben

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

Muss man auch bei jedem Blechschaden die Polizei hinzuziehen? Viele Autofahrer denken: ja. Stimmt aber nicht.

Köln – Wer in Deutschland ein Auto anmeldet, muss es auch versichern. Eine Haftpflichtversicherung muss es mindestens sein, sie greift bei allen Schäden, die man als Fahrer oder Fahrerin anderen zufügt. Mit der Teil- oder Vollkaskoversicherung können darüber hinaus auch noch Schäden am eigenen Fahrzeug versichert werden. So weit, so einfach. Dennoch gibt es einige Irrtümer, die vielen Autofahrerinnen und Autofahrern nicht bewusst sind.

Stiftung Warentest hat in der neuen Ausgabe von Finanztest die häufigsten Irrtümer unter die Lupe genommen. Ob Zusatzkilometer, E-Auto, Wildunfall oder Diebstahl, wir stellen sechs häufige vor: 

Annahme: Nicht eingetragene Fahrer sind nicht versichert

Falsch. Leiht sich ein Freund oder eine Verwandte das Auto und verursacht Schäden, kommt die Haftpflichtversicherung trotzdem auf. Auch die Vollkaskoversicherung greift in der Regel in diesem Fall und übernimmt die Schäden am eigenen Fahrzeug. Dafür kann es im Nachgang teuer werden: Erfährt die Versicherung, dass der Unfall von einer nicht gemeldeten Person am Steuer verursacht wurde, verlangt sie in der Regel den Betrag, der fällig geworden wäre, wenn die Person von Beginn an als zusätzlicher Fahrer gemeldet worden wäre.

Alles zum Thema Stiftung Warentest

Bei bewusster Täuschung kann diese Zahlung erhöht werden, die Strafe kann auch mal einem Jahresbeitrag entsprechen. Dazu muss die Versicherung allerdings den Vorsatz nachweisen. Finanztest empfiehlt, geplante Fahrten nicht gemeldeter Personen der Versicherung im Vorfeld anzuzeigen. Bei manchen Anbietern sei das „problemlos und ohne Zusatzkosten möglich.“ Andere würden einen Aufpreis verlangen.

Annahme: Vorab nicht angegebene Zusatzkilometer sind nicht versichert

Doch. Auch bei deutlich mehr gefahrenen als angegebenen Kilometern bleibt der Versicherungsschutz bestehen. Autofahrerinnen und Autofahrer müssen der Versicherung melden, wie viele Kilometer sie pro Jahr mit dem Fahrzeug zurücklegen. Verschätzen sie sich leicht, ist das kein Problem. Größere Abweichungen sollten der Versicherung jedoch gemeldet werden. Denn wer absichtlich eine zu geringe Zahl angibt, um etwas Geld zu sparen, kann später zur Kasse gebeten werden. Zusätzlich zum Differenzbetrag kann die Versicherung auch eine Strafzahlung verlangen.

Wie bei den eingetragenen Fahrern gilt auch hier: Transparenz und Ehrlichkeit zahlen sich am Ende wahrscheinlich aus. Werden zusätzlich gefahrene Kilometer später nachgemeldet, ist bei manchen Versicherungen keine Nachzahlung erforderlich. Einige erstatten sogar einen Teil des Beitrags, wenn die Strecke sich im Nachhinein als deutlich kürzer als angegeben herausstellt.

Annahme: Bei einem Elektroauto reicht die ganz normale Versicherung

Falsch. Wer sich ein Elektroauto zulegt, sollte bei der Kaskoversicherung noch genauer hinschauen als bei einem Verbrenner. Grund dafür ist der Akku. Er macht ein gutes Stück vom Neupreis aus und sollte durch eine entsprechende Versicherung abgesichert werden. Finanztest empfiehlt hier eine Deckelung im fünfstelligen Bereich oder bis zur Höhe des Neuwerts. In einigen Tarifen sind auch gestohlene Ladekabel oder Schäden an der Wallbox mit abgesichert. Finanztest hat eine Übersicht erstellt, welche Leistungen es bei den verschiedenen E-Auto-Versicherungen gibt. Die Reichweite von Elektroautos wird immer größer, trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass der Strom mal nicht bis zur nächsten Ladesäule reicht. Das Abschleppen kann dann richtig teuer werden. Wer einen Schutzbrief hat, kann die Kosten an die Versicherung weitergeben. Auch hier lohnt sich ein Blick in den Tarif und die Überlegung, ob ein Schutzbrief sinnvoll ist.

Annahme: Navigationsgeräte und Autoradios sind mitversichert

Das ist nicht in jedem Fall so. Entscheidend ist, ob das Diebesgut auch ohne das Auto verwendet werden kann. Koffer, Portemonnaies oder Smartphones und auch mobile Navigationssysteme sind auch in der Teil- und Vollkaskoversicherung nicht versichert. Anders sieht dies bei fest eingebauten Radios und Navigationssystemen aus. Sie gelten als Fahrzeugteile und werden bei Diebstahl und entsprechender Autoversicherung ersetzt. Für gewisse Dinge wie zum Beispiel Dachkoffer ist ein Schutz gegen Aufpreis möglich.

In der Regel gilt aber: Wer lose Gegenstände im Auto gegen Diebstahl versichern will, muss dies über eine Hausratversicherung tun. Das heißt allerdings nicht, dass Wertsachen offen im Auto liegen gelassen werden können. Das kann die Versicherung als grob fahrlässig werten.

Annahme: Nach einem Unfall muss man immer die Polizei rufen

Hier muss man unterscheiden: Gibt es Verletzte oder gar Tote, ist ein Notruf zwingend notwendig. Sinnvoll ist das Hinzuziehen der Polizei zudem bei Unfällen mit Tieren, wenn der Unfallgegner sich nicht ausweisen kann oder vermutlich unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen steht, wenn Öl oder Treibstoff auslaufen oder wenn das fremde Auto im Ausland angemeldet ist. Zudem natürlich auch dann, wenn die Schuldfrage ungeklärt ist. Bei Miet- oder Firmenwagen ist meist vorgeschrieben, dass die Polizei hinzugezogen werden muss.

Handelt es sich jedoch nur um einen reinen Blechschaden und beide Parteien sind sich einig über die Unfallschuld, ist ein Hinzuziehen der Polizei nicht zwingend notwendig. In diesem Fall führen die hinzugezogenen Polizistinnen und Polizisten ohnehin keine Beweisaufnahme, sondern nur eine Aufnahme der Personalien durch. Kommen die beiden beteiligten Parteien ohne die Polizei aus, sollten sie allerdings alles genau festhalten. Kennzeichen, Adressen und mögliche Zeugen sollten notiert werden, die Unfallstelle ausreichend mit Fotos dokumentiert werden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Annahme: Schäden durch Unfälle mit Tieren sind immer abgedeckt

Das ist theoretisch richtig – allerdings kommt es hier auf das Kleingedruckte an. Bei Kaskoversicherungen, die das eigene Auto schützen, ist auch der Zusammenprall mit Tieren abgesichert. Allerdings sind die Leistungen laut Finanztest häufig auf sogenanntes Haarwild beschränkt: Säugetiere, die dem Jagdrecht unterliegen. Dazu gehören unter anderem Rehe, Hirsche, Wildschweine, Füchse und Dachse – nicht jedoch Ziegen, Hunde, Kühe, Waschbären oder Eichhörnchen. Um auch Unfälle mit diesen Tieren abzusichern, muss im Vertrag die Formulierung „alle Tiere“ stehen.

KStA abonnieren